Trauer um Ursula „Ula“ Richter Dortmund verliert eine wichtige Stimme gegen Rechtsextremismus

Trauer um Ursula Richter: Dortmund verliert wichtige Stimme gegen Rechts
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Bei einer Sache konnte man sich sicher sein. Wenn in Dortmund etwas Unrechtes geschehen ist, wenn sich Neo-Faschismus und Rassismus ihren Weg bahnten, dann ist Ula Richter dagegen aufgestanden.

Jetzt ist die Dortmunderin im Alter von 83 Jahren gestorben.

Kampf gegen Rechtsextremismus

Sie hat einen bedeutenden Teil ihres Lebens dem Antifaschismus und dem Widerstand gegen neuen Rechtsextremismus gewidmet.

Sie handelte aus einer tiefen Überzeugung heraus. Den Gedanken des „Nie wieder“ ihrer Generation empfand sie als Lebensaufgabe. Diese verspürte sie - geboren am 2. September 1939, kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs - schon früh in ihrem Leben.

Kunst-Studium und Vietnam-Krieg

Der Erziehung in einem konservativen Elternhaus stellt sie ein freies Kunst-Studium entgegen. Der Vietnam-Krieg politisiert die damals Ende 20-Jährige. In der Friedensbewegung findet sie ein politisches Zuhause.

1975 zieht die gebürtige Göttingerin zu ihrem Mann Wolfgang nach Dortmund. Dort wird sie in den 1980er-Jahren mit einer wachsenden Neonazi-Szene konfrontiert. Und zwar sehr direkt.

Weil sie und Mitglieder ihrer Familie sich gegen Aktionen des Dortmunder Rechtsextremen Siegfried Borchardt aussprechen, geraten sie ins Visier der Rechten. Steine landeten im Fenster des Wohnhauses der Richters.

Ula Richter sagte selbst über diese Zeit: „Nicht Angst, sondern Wut und Zorn waren damals die ersten Emotionen. Wir haben uns nicht einschüchtern lassen. Das bringt ja nichts.“

Der Dortmunder Ulrich Sander, der viele Jahre lang in unterschiedlichen Initiativen mit Richter zusammenarbeitete, erinnert sich: „Für Ula war das der Impuls, deutlich mehr zu machen. Sie engagierte sich von da in der Bürgerinitiative Innenstadt-West gegen Neonazis.“

Bündnis gegen Rechts

2001 ist sie Mitbegründerin einer neuen Initiative, die bis heute existiert. Das „Bündnis Dortmund gegen Rechts“ entsteht, als die Nazi-Demos Anfang des Jahrtausends in Dortmund größer werden.

Es sollte in den folgenden Jahren leider genügend Anlässe geben, die das Aufstehen des demokratischen Teils der Dortmunder Stadtgesellschaft erforderlich machten. Jagdszenen auf Ausländer in der Nordstadt, offene rechte Gewalt, später die Terror-Akte des NSU – Richter stellt sich dem stets mit Worten und Taten entgegen.

„Gefahr kleingeredet“

Im Gespräch mit dieser Redaktion sagte sie einmal: „Wir fühlten uns in dieser Zeit gezwungen, etwas zu tun. Stadt, Land, Justiz und Polizei haben die Gefahr nicht erkannt oder kleingeredet und die Nazis dadurch stark gemacht.“

Noch einmal, Weihnachten 2006, wird ihr Haus Ziel eines Angriffs, als es mit brauner Farbe und Provokationen beschmiert wird.

Kritischer Blick

Den kritischen Blick auf den Umgang des Staates mit extremistischen Strukturen behält sie stets bei. Auch in dem Wissen, dass der Kampf gegen faschistische Tendenzen weiter andauern wird.

„Die sind hier so stark verankert, dass sie nicht einfach verschwinden werden“, sagt sie noch 2020 über die Dortmunder Neonazis.

In der Kunst und der Malerei findet sie Ausgleich zum politischen Wirken. Sie organisiert viele Veranstaltung zur Erinnerungsarbeit.

Beispiele für ihr Engagement in Dortmund sind unter anderem das zehn Meter lange künstlerisch gestaltete Banner zum Jahrestag der Bücherverbrennung und die Rezitation „Den Opfern einen Namen geben“ zum Mord an dem Punk Thomas Schulz oder dem Kioskbetreiber Mehmet Kubasik.

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