Hans-Dieter Haubrock in seinem Garten: Die Hochspannungsleitung führt quer über sein Haus und sein Grundstück und weiter über viele weitere Häuser an der Schneidersttraße.

© Britta Linnhoff

Trasse abgeschaltet: 30 Strommasten verschwinden aus dem Dortmunder Süden

rnErdkabel sind fertig

Die Masten sind noch da, aber unter Spannung steht hier nichts mehr. Auch nicht die Anlieger, die lange gegen die Leitungen über ihren Köpfen gekämpft haben. Nun werden 30 Masten demontiert.

Hombruch, Hörde

, 03.01.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mehr als ein Jahrzehnt lang kämpfte die Bürgerinitiative „Vorsicht Hochspannung Do-Süd“ gegen die Hochspannungsleitungen durch Wohngebiete. Im Januar 2022 verschwinden nun 30 Strommasten im Dortmunder Süden von der Bildfläche. Für die Betroffenen ein Meilenstein.

Unter Spannung stehen die Leitungen schon jetzt nicht mehr: Bereits seit dem 13. Dezember 2021 fließt hier kein Strom mehr – sondern durch eine neue oberirdische Alternativtrasse und von Lücklemberg über Wellinghofen bis zum Umspannwerk nach Hörde durch Erdkabel. Es geht um insgesamt 7,5 Kilometer der 110 kv-Freileitungstrasse zwischen Hörde und Kruckel. 30 Masten sind nun überflüssig.

Die Leitungen und Masten stehen in einem dicht bebauten Gebiet. Deshalb, so sagt Westnetz, sein ein Abbau per Hubschrauber nicht möglich.

Die Leitungen und Masten stehen in einem dicht bebauten Gebiet. Deshalb, so sagt Westnetz, sein ein Abbau per Hubschrauber nicht möglich. © Britta Linnhoff

Einer dieser Masten zwischen Großholthausen und Hörde steht keine 30 Meter vom Haus der Haubrocks entfernt. Die Leitungen führen direkt über das Haus und den großen Garten. Seit Mitte der 1980er-Jahre wohnen Rita und Hans-Dieter Haubrock hier an der Schneiderstraße.

Kritik an der Hochspannungsleitung

Das ist eine lange Zeit, aber die Masten stehen schon viel länger hier: „Die sind in den 1930er-Jahren gebaut worden“, sagt Hans-Dieter Haubrock. Und genau dieses Alter bereitete der Bürgerinitiative (neben der Sorgen um mögliche Strahlungen) Kopfzerbrechen: Sie hielten die stählernen Kolosse für nicht mehr unbedingt standfest.

Hans-Dieter Haubrock kennt es nicht anders: Über seinem Kopf hängt die Stromleitung. Ab Januar sollen die insgesamt 30 Masten auf der Trasse abgebaut werden.

Hans-Dieter Haubrock kennt es nicht anders: Über seinem Kopf hängt die Stromleitung. Ab Januar sollen die insgesamt 30 Masten auf der Trasse abgebaut werden. © Britta Linnhoff

Nun also werden sich die Haubrocks von den Leitungen über ihren Köpfen verabschieden können. Früher hat das Ehepaar noch oben im Haus gewohnt: „Die Leitung hing, wenn man so will, genau über meinem Bett“, erinnert sich Rita Haubrock. Inzwischen haben sie ihre alte Wohnung verkauft – die Leitung über dem Schlafzimmer sei allerdings nicht gerade verkaufsfördernd gewesen, erinnern sich die Haubrocks.

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Jetzt ist der Strom ist hier weg, erste vorbereitende Arbeiten für den Abbau laufen schon. In wenigen Tagen, in der Woche ab dem 10. Januar soll die Demontage von Leitungen und Masten beginnen. Das teilt Meike Beckmann von Westnetz auf Anfrage mit.

Abbau mit unterschiedlichem Gerät

„Es ist eine herausfordernde Aufgabe“, sagt Meike Beckmann. Man benötige unterschiedliches Gerät für den Abbau, je nach Mast und Umfeld. So könne es also sein, dass neben einem Masten, der abgebaut werde, ein anderer zunächst stehen bleibe, weil für diesen anderes technisches Gerät benötigt werde, so die Westnetz-Sprecherin. Der Einsatz von Helikoptern sei wegen der dichten Bebauung nicht möglich. Die stählernen Kolosse werden vom Boden aus abgebaut.

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Ende Juni, so sei die Planungen, soll alles weg und die Stromtrasse im Dortmunder Süden Geschichte sein. Das Material wolle man nach Möglichkeit wiederverwerten, sagt Meike Beckmann. Zu einer dauerhaften Sperrung solle es während des Abbruchs der Strommasten nicht kommen. Für einen kurzen Zeitraum könne das aber nötig werden. Man wolle auch an Wochenenden arbeiten, um Berufstätige so wenig wie möglich einzuschränken, teilt Westnetz mit.

Zwei prall gefüllte Ordner mit Unterlagen

Bei Hans-Dieter Haubrock haben sich im Laufe der 12 Jahre, in denen die Bürgerinitiative gegen die Stromleitung gekämpft hat, zwei prall gefüllte Aktenordner mit Unterlagen angesammelt. Von seinem Esszimmertisch, auf dem nun der hoffentlich letzte Brief in dieser Sache mit der Ankündigung des Abrisses liegt, kann er die Leitungen sehen, die sich quer über seinen 500 Quadratmeter großen Garten ziehen.

Der 72-Jährige, der als Starkstromtechniker bei Siemens gearbeitet hat, ist mehr als erleichtert, dass dieser Anblick bald der Vergangenheit angehört. Das Material sei dasselbe, wie das jener Masten, vor Jahren im Münsterland mal der Reihe nach umgeknickt seien. Noch heute sind er und seine Frau Reinhard Wegener (dem Gründer der Bürgerinitiative) dankbar.

„Er hat damals die Initiative ergriffen, hat die Gespräche geführt, unzählige Mails geschrieben.“ Wenn der Sommer kommt, und Corona wieder ein bisschen weg ist, dann wollen sie vielleicht mit ihm ein Bier trinken im schönen Garten – ohne Leitungen über ihren Köpfen und Strommast hinter dem nächsten Baum.