Todesschüsse auf Mouhamed Dramé (†16) in Dortmund Prozess beginnt noch im Dezember

Todesschüsse auf Mouhamed Dramé (†16): Prozess beginnt noch im Dezember
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Fast 500 Tage liegt es zurück, dass der damals 16-jährige Senegalese Mouhamed Dramé in der Dortmunder Nordstadt von Polizisten erschossen worden ist. Der Vorfall ereignete sich am 8. August 2022.

Im Februar 2023 war Anklage erhoben worden. Neun Monate später gibt es einen Termin für den Gerichtsprozess, bei dem sich fünf Polizisten vor dem Landgericht verantworten müssen. Die Anklagepunkte lauten Totschlag, gefährliche Körperverletzung im Amt sowie Anstiftung dazu.

Nach Informationen dieser Redaktion soll der Fall noch in diesem Jahr, ab dem 19.12. (Dienstag), verhandelt werden. Eine offizielle Bestätigung des Gerichts steht noch aus (Stand 30.11., 17 Uhr). Dies hat formale Gründe. Mehrere Prozessbeteiligte bestätigen den Termin aber.

Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Carsten Dombert.
Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Carsten Dombert. © Kevin Kindel (Archiv)

Angehörige als Nebenkläger

Oberstaatsanwalt Carsten Dombert sagt im Gespräch mit dieser Redaktion: „Das Hauptverfahren wird so eröffnet wie es angeklagt ist.“ Rechtsanwältin Lisa Grüter, die für die Nebenklage Mouhameds Vater Lamine und dessen Bruder Sidy vertritt, nennt den Termin „verbindlich“.

Am Nachmittag des 8.8.22 stand Mouhamed Dramé im Hinterhof der Jugendhilfeeinrichtung St. Elisabeth insgesamt zwölf Polizisten gegenüber. Der 16-Jährige soll sich zuvor mit einem Messer selbst gefährdet und Suizidabsichten geäußert haben.

So lauten die Vorwürfe

In Folge des Einsatzes schoss ein Beamter aus einer Maschinenpistole und traf den Jugendlichen mit vier Schüssen tödlich. Der zum Zeitpunkt der Anklage 29-jährige Schütze der tödlichen Kugeln muss sich wegen Totschlags verantworten.

Zuvor waren der Einsatz von Reizgas und Tasern ohne Wirkung geblieben. Zwei Frauen (28 und 31) und ein Mann (32) sind deshalb der gefährlichen Körperverletzung im Amt angeklagt.

Zudem ist auch die Rolle des damals verantwortlichen Dienstgruppenleiters (54) Teil der Anklageschrift. Ihm wird Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Er soll den ihm unterstellten Beamten die Anweisungen zum Handeln gegeben haben.

Kein Handeln aus „Notwehr“

Oberstaatsanwalt Carsten Dombert sagt: „Wir sind der Auffassung, dass der Polizeieinsatz, so wie er abgelaufen ist, rechtswidrig gewesen ist.“ Die Beteiligten Polizistinnen und Polizisten hätten nicht das „mildeste Mittel“ gewählt, um den Einsatz zu lösen. Ein Handeln „in Notwehr oder gar Nothilfe“ ist aus Sicht des Staatsanwalts nicht feststellbar.

In den Monaten nach dem Vorfall waren nach und nach Details zu dem Einsatz bekannt geworden - etwa dass die Bodycams der Beamten während des Einsatzes ausgeschaltet waren. Zudem war der Fall mehrfach Thema in politischen Gremien wie dem Innenausschuss des Landtages und dem Rat der Stadt Dortmund.

Zudem hat das Ereignis politischen Protest entfacht und eine Debatte über Polizeigewalt in ganz Deutschland erzeugt. In Dortmund gab es in den vergangenen 15 Monaten mehrere Großdemonstrationen sowie regelmäßige kleinere Veranstaltungen zum Thema.

Großer Prozess

Für den Vormittag des Prozessauftakts kündigt der Solidaritätskreis Mouhamed eine Kundgebung vor dem Landgericht an.

Die genaue Zahl der angesetzten Prozesstermine steht noch nicht fest. Sie dürfte aber angesichts der hohen Zahl an Prozessbeteiligten verhältnismäßig hoch sein. Der 19. Dezember ist der Termin für die Verlesung der Anklage und Behandlung möglicher Anträge der Verteidigung. Beginn ist um 14 Uhr.

Der erste inhaltliche Verhandlungstag ist für den 17. Januar (Mittwoch) angesetzt.

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