Sergio Cordova (21, vorne) und Albert Hernandez (22) posieren auf dem "Todesrad", dem Zirkus-Gerät, von dem sie zwei Tage zuvor mitten in der Flic-Flac-Zirkusshow abgestürzt sind.

© Thomas Thiel

„Todesrad“-Artist: „Ich hab Gott gedankt, dass nichts Schlimmeres passiert ist“

rnUnfall bei Flic-Flac-Show

Sergio Cordova und Albert Hernandez sind die beiden Zirkus-Artisten, die am Donnerstag mitten in der Dortmunder Flic-Flac-Show vom „Todesrad“ gestürzt sind. Wir haben mit ihnen gesprochen.

Dortmund

, 09.01.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Seit drei Minuten sind Sergio Cordova und Albert Hernandez im sogenannten „Todesrad“ unterwegs, als es passiert. Bis dahin ist alles wie geplant gelaufen: Die Zirkus-Artisten haben schon einige ihrer Tricks gezeigt und das Publikum des Zirkus‘ Flic Flac in Dortmund mit ihrer spektakulären Nummer in Atem gehalten.

Später sollen noch zwei weitere Artisten mit aufspringen auf die menschengroßen Hamsterräder, die sich rasend um eine Achse drehen, am höchsten Punkt neun Meter über dem Boden. Doch dazu kommt es nicht mehr an diesem Donnerstag: Gerade, als der 21-jährige Cordova und der 22-jährige Hernandez Fahrt aufnehmen, reißt eines der vier Trageseile des Todesrades.

Das Doppel-Rad gerät ins Schlingern - und wirft die beiden Artisten ab. Hernandez fällt zweieinhalb Meter in die Tiefe. Cordova, dessen Hamsterrad auf dem Weg nach oben war, stürzt sogar aus viereinhalb Metern ab. Der drahtige Artist mit den blondierten Haaren macht auf dem Weg nach unten einen unkontrollierten anderthalbfachen Salto.

„Das war ein Schock“, erinnert sich Hernandez zwei Tage später an den Moment des Unfalls. „Aber als ich merkte, dass nichts Schlimmes passiert ist, war ich erleichtert.“

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Die Artisten kommen mit Prellungen und Blutergüssen davon. Zwar werden sie sofort ins Krankenhaus gebracht, doch schon am nächsten Tag werden beide wieder entlassen. „Am ersten Tag war es schwer, da hatten wir ein paar Schmerzen wegen der Prellungen“, sagt Cordova. „Aber jetzt fühlen wir uns wieder gut.“

Während sie das erzählen, stehen Cordova und Hernandez neben dem Unglücksgerät, direkt hinter dem Vorhang zur Manege des Zirkus‘ Flic Flac. Noch nicht einmal 48 Stunden sind seit dem Unfall vergangen - doch das scheint beiden nichts auszumachen. Als sie gefragt werden, ob man ein paar Fotos von ihnen im „Todesrad“ machen könne, sagen sie ohne zu zögern zu und posieren lässig in ihm und am Ort des Unfalls, der Manege.

Sergio Cordova und Albert Hernandez auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten: in der Manege des Zirkus' Flic Flac, wo sie zwei Tage zuvor noch vom Todesrad gestürzt waren.

Sergio Cordova und Albert Hernandez auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten: in der Manege des Zirkus' Flic Flac, wo sie zwei Tage zuvor noch vom Todesrad gestürzt waren. © Thomas Thiel

Die beiden sind schon fast so lange Artisten, wie sie denken können: Hernandez fing mit vier Jahren an, Zirkus-Kunststücke zu machen, Cordova mit acht. „Wir lieben, was wir machen“, sagt Cordova. „Natürlich ist immer ein Risiko dabei. Aber wir trainieren das. Wenn etwas passiert, haben unsere Muskeln die Kraft, den Sturz abzuschwächen.“

Unfälle gehören zum Artisten-Alltag, sagt auch Douglas Gerling. Der Weseler hat sich darauf spezialisiert, lateinamerikanische Artisten zu managen, 75 seiner Schützlinge arbeiten momentan bei Zirkussen rund um die Welt. Gerling ist auch der Agent des Venezolaners Hernandez und des Equadorianers Cordova und dolmetscht für die beiden, die kein Deutsch können.

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Daneben ist Gerling auch selbst Artist, eine seiner Nummern ist das „Todesrad“. Jeden Tag verletze sich irgendwo auf der Welt ein Artist, sagt er: „Ich selber habe mir schon Hand, Sprunggelenk, Schulter und Rippen gebrochen.“

Zum jüngsten Unfall seiner Schützlinge in Dortmund sagt er: „Sie hatten Glück im Unglück. Wenn eines der Räder ganz oben gewesen wäre, hätte es auf jeden Fall Brüche gegeben - es hätte aber auch noch schlimmer sein können.“

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Das weiß auch Cordova: „Ich hab mich bei Gott bedankt, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Ich kann laufen und auch wieder arbeiten, da bin ich sehr glücklich drüber.“

Dass es auch anders hätte ausgehen können, davon kann sein Kollege Hernandez ein Liedchen singen: Er hat sich bei einem früheren Sturz aus dem „Todesrad“ die Nase gebrochen, dazu kam noch ein gebrochenes Handgelenk bei einem weiteren Unfall.

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Bereits am Samstag (8.1.) waren Cordova und Hernandez wieder in der Manege. Und Sonntag sind beide wieder beim Höhepunkt der Flic-Flac-Show: Als Teil der menschlichen Pyramide auf dem Hochseil, Cordova sogar als Spitze in neun Metern Höhe. Ohne Sicherheitsnetz, wohlgemerkt.