Er versteht sich gut mit seinen Kolleginnen, sie bekommt Nachrichten von einem Fremden in den sozialen Netzwerken: Beides sind Situationen, bei denen Eifersucht in einer gesunden Beziehung eigentlich vollkommen unangebracht ist.
Doch es gibt Menschen, die Eifersucht empfinden, andere wiederum kaum. Langfristig kann aus kleinen Eifersüchteleien ein Beziehungskiller werden. Paartherapeutin Jennifer Angersbach aus Unna erklärt, wie Eifersucht entsteht und wie Paare lernen, einander zu vertrauen.
Was ist Eifersucht eigentlich genau?
Eifersucht ist menschlich und gar evolutionär bedingt, es geht vor allem um Verlustangst. Der Verlust des Rudels hätte uns vor langer Zeit das Leben gekostet. Eifersucht versetzt uns in Alarmbereitschaft, das Gefühl hat, wie all unsere Emotionen, eine Funktion: Eifersucht sensibilisiert uns für drohenden Verlust, den wir vermeiden wollen, oft durch Kontrolle.
Das Problem: Wir schämen uns für unsere Eifersucht, versuchen sie zu ignorieren oder verstecken sie zunächst vor unserem Partner, bis sie dann größer wird und oft verzerrt zu Tage tritt (Kontrolle des Gegenübers; Verzweiflung und Wut; kaum aushaltbare Eifersucht).
Also ist Eifersucht gar nicht notwendig schlecht und ein gesundes Maß an Eifersucht zeigt, dass einem der Partner/die Partnerin wichtig ist?
Jein, Eifersucht zeigt natürlich, wie wichtig es ist, das Gegenüber nicht zu verlieren, allerdings auf eine sehr einschränkende und unangenehme Art – für beide. Wertschätzung lässt sich deutlich schöner ausdrücken. Eifersucht selbst ist menschlich. Wenn sie aufkommt, sollte sie besprochen werden und da sein dürfen. Es gibt ja einen Grund, warum wir eifersüchtig werden. Und dieser Grund hat nicht zwangsläufig etwas mit Untreue zu tun.
Was können Paare tun, bei denen das Thema Eifersucht zum Problem für die Beziehung wird?
Im Idealfall sollten sie gemeinsam der Frage auf den Grund gehen, wo die Eifersucht ihren Ursprung hat.
• Vielleicht wurde man in vorangegangenen Beziehungen tatsächlich betrogen und reagiert daher sensibler auf gewisse Verhaltensweisen, weil die Überstunden des Gegenübers an den Beginn der Affäre einer früheren Beziehung erinnern.
• Vielleicht sitzt der Ursprung viel tiefer und hat etwas mit Verlusterfahrungen in der Kindheit zu tun, die nie aufgearbeitet wurden. Einige Menschen haben ein Gefühl von „Wenn ich nicht funktioniere, werde ich verlassen!“, weil sie sich insgeheim die Schuld daran geben, dass die Eltern sich damals getrennt haben oder kaum Liebe für ihr Kind zeigen konnten.
• Und/oder es liegt an einer eigenen inneren Unzufriedenheit – daran, sich selbst gerade nicht so sehr zu mögen und die Gefühle des Gegenübers in Frage zu stellen. Im Sinne von: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er/sie jemand besseres findet!“
• Es kann aber auch an einer Dynamik zwischen den Partnern liegen. Irgendwie ist „die Luft raus“, es fehlt an Nähe, an Zuwendung, an Aufmerksamkeit und Interesse füreinander. Es hat sich einfach eingeschlichen und wenn die Frau dann mitbekommt, wie der Partner von einer Kollegin schwärmt, versetzt das einen Stich, weil er schon lang nicht mehr so von ihr geschwärmt hat. Oder wenn die Frau abends mit jemand Fremdem in den Sozialen Medien chattet, statt ein Gespräch mit dem Mann zu führen, versetzt auch das einen Stich. Wir werden eifersüchtig.
Sprechen wir unsere Empfindungen dann an, bekommen wir oft eine wenig zugewandte Reaktion: „Was ist denn jetzt mit Dir los? Bist Du eifersüchtig?“. Damit fühlen wir uns noch kleiner als ohnehin schon und unsere Eifersucht verstärkt sich.
Aus diesem Grund ist es wichtig, sich wirklich auf den Anderen zu beziehen und nicht alles auf sich selbst und das eigene vermeintliche Fehlverhalten, um dann zurückzuschießen.
„Oh nein, warum bist Du eifersüchtig? Fehlt Dir etwas?“ reicht bereits als Einladung, diesem Gefühl Raum zu geben und ermöglicht, die Beziehung im Gesamten einmal auf den Prüfstand zu stellen und gemeinsam an den Stellschrauben zu arbeiten, die eher für Verunsicherung sorgen. Einander zu verstehen und die Ursachen des Gefühls zu benennen, um Ängste zu beruhigen und erlebten Mangel zu stillen.
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