Thyssengas-Chef Dr. Thomas Gößmann will als Fernleitungsbetreiber mit seinem Dortmunder Unternehmen Wegbereiter und Gestalter der Energiewende sein. In wenigen Jahren soll Wasserstoff durch das Gasnetz transportiert werden.

Thyssengas-Chef Dr. Thomas Gößmann will als Fernleitungsbetreiber mit seinem Unternehmen Wegbereiter und Gestalter der Energiewende sein. In wenigen Jahren soll Wasserstoff durch das Gasnetz transportiert werden. © Thyssengas

Wasserstoff-Versorgung: „Das wird ohne unsere Initiative nicht gelingen“

rnGas-Krise

Die Energiewende schafft Jobs in Dortmund. Thyssengas treibt die Wasserstoffstrategie voran und sucht neue Fachkräfte. Sie sollen bei einem wichtigen Pilotprojekt helfen.

Dortmund

, 20.07.2022, 11:20 Uhr / Lesedauer: 3 min

Jahrelang wurde die Energiegewinnung aus Wasserstoff unter dem Klimaschutzaspekt betrachtet. Jetzt gilt sie auch als wesentlicher Baustein auf dem Weg hin zur Unabhängigkeit von russischem Gas. Nicht im kommenden Winter, aber in den nächsten Jahren soll Wasserstoff immer mehr zur Energiewende und damit zur Abkehr von fossilen Energieträgern beitragen.

Und der Dortmunder Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas bereitet sich auf den Transport von Wasserstoff (H2) vor. In diesem Zuge schafft das Unternehmen in einem ersten Schritt jetzt 25 zusätzliche Stellen, die den Aufbau eines „Thyssengas-H2-Startnetzes“ aus dem bisherigen Erdgasnetz heraus vorantreiben sollen.

„Damit“, so sagt Unternehmenssprecher Peter Alexewicz, „unterstreicht Thyssengas den eigenen Anspruch, Wegbereiter und Gestalter der Energiewende zu sein“.

800 Kilometer langes Wasserstoff-Startnetz geplant

Das „Thyssengas-H2-Startnetz“ mit einer Länge von rund 800 Leitungskilometern soll die Ausgangsbasis für den Übergang in den Wasserstoff-Transport bilden. Es umfasst die Leitungsabschnitte im Thyssengas-Netz, die in einem ersten Schritt Wasserstoff-tauglich gemacht und dann nach und nach auf Wasserstoff umgestellt werden sollen.

In ganz NRW werden Wasserstoffprojekte vorangetrieben. Als Betreiber eines Fernleitungsnetzes, durch das in Zukunft Wasserstoff statt Gas transportiert werden soll, kommt Thyssengas in Dortmund eine besondere Rolle zu.

In ganz NRW werden Wasserstoffprojekte vorangetrieben. Als Betreiber eines Fernleitungsnetzes, durch das in Zukunft Wasserstoff statt Gas transportiert werden soll, kommt Thyssengas eine besondere Rolle zu. © dpa

„Mit dieser Investition in Personal und Know-how gehen wir als Fernleitungsnetzbetreiber in Vorleistung. Bislang haben wir keinen gesetzlichen Auftrag für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes, obwohl Nachfrage und Potenzial gegeben sind. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass ohne unsere Initiative ein schneller Wasserstoff-Hochlauf nicht gelingen wird“, erläutert Dr. Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Thyssengas GmbH.

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Den Aufbau eines H2-Netzes auf Basis bestehender Erdgasleitungen sieht er als notwendigen Hebel und wichtiges Signal an Produzenten, Importeure und Verbraucher im Thyssengas-Netzgebiet. „Alle Marktteilnehmer brauchen Planbarkeit, ab wann ein leistungsfähiges Wasserstoffnetz zur Verfügung steht, um ihre jeweiligen Bedarfe befriedigen zu können. Dafür setzen wir nun für unser Netz den Startschuss“, so Gößmann weiter.

Wasserstoff als „Schlüsselelement für Energieversorgung“

Über die 800 identifizierten Leitungskilometer sollen die künftigen Kunden ab spätestens 2030 zuverlässig mit Wasserstoff versorgt werden. Dabei handelt es sich um Leitungen, die in der Mehrzahl für den H2-Transport umgewidmet oder in Teilen neu gebaut werden sollen. Bis 2045 sollen dann immer mehr Leitungskilometer hinzukommen.

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„Wir als Thyssengas gehen jetzt diesen Schritt, um zu zeigen: Wir meinen es ernst und treffen mutige unternehmerische Entscheidungen. Wir tun das, weil Wasserstoff das Schlüsselelement für die Herausforderungen der Energieversorgung ist. Wir und viele andere Akteure entlang der H2-Wertschöpfungskette stehen in den Startlöchern. Unser Appell an die Politik lautet: Lassen Sie dieser Initialzündung durch die Unternehmen eine pragmatische Regulierung folgen. Sobald Planungs- und Investitionssicherheit bestehen, wird der Markt für Wasserstoff Fahrt aufnehmen. Wir haben jetzt die Chance, dieses Potenzial zu entfesseln“, erläutert Thomas Gößmann.

Zusätzliches Personal für neue Aufgaben

Mit der schrittweisen Leitungsumstellung auf Wasserstoff sind zahlreiche planerische und technische Maßnahmen verbunden. Vor diesem Hintergrund schafft Thyssengas ab sofort 25 neue Stellen, vor allem in den technischen Bereichen des Unternehmens. Im Schwerpunkt werden Ingenieurinnen und Ingenieure gesucht, die die Umwidmung bestehender Leitungen sowie ergänzende Leitungsbauprojekte für das Wasserstoff-Netz begleiten.

„Wir müssen uns jetzt zusätzliche Mitarbeitende als Zukunftsgestalter ins Haus holen, wenn wir den H2-Hochlauf mit Geschwindigkeit vorantreiben wollen. Damit bauen wir unser Know-how weiter aus und bereiten uns auf künftige neue Aufgaben vor“, sagt Jörg Kamphaus, kaufmännischer Geschäftsführer und verantwortlich für den Bereich Personal.

Wasserstoff als Energieträger der Zukunft

Thyssengas betreibt ein rund 4.400 Kilometer langes Fernleitungsnetz, über das heute noch überwiegend Erdgas transportiert wird. Doch nicht nur mit Blick auf die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft hat Erdgas als fossiler Energieträger auf absehbare Zeit keine Zukunft. In Anbetracht der Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen soll die Brückentechnologie Erdgas deutlich verkürzt werden – zusätzlich zum ohnehin beschlossenen Kernenergie- und Kohleausstieg.

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Der gasförmige Energieträger Wasserstoff, davon ist man bei Thyssengas überzeugt, könne wesentlich zur Versorgungssicherheit in Deutschland beitragen und die Energiewende hin zur Klimaneutralität beschleunigen.

Bereits seit 2018 engagiert sich Thyssengas im Wasserstoff-Pionierprojekt „Element Eins“ sowie in mehreren H2-Initiativen. Mit dem ersten Thyssengas-Dialog Anfang Mai 2022 hat das Unternehmen zudem eine eigene Plattform für die Vernetzung und den Austausch entlang der H2-Wertschöpfungskette initiiert.

Thyssengas

Unternehmen mit 100-jähriger Geschichte

  • Die Thyssengas GmbH ist ein deutscher Fernleitungsnetzbetreiber. Hauptsitz des Unternehmens, das im Jahr 2021 sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist Dortmund.
  • Thyssengas betreibt ein rund 4400 Kilometer langes Gasnetz – zum Großteil in Nordrhein-Westfalen, einzelne Leitungen aber auch in Niedersachsen. Darüber werden sowohl nachgelagerte Verteilnetzbetreiber als auch Industriebetriebe und Kraftwerke versorgt.
  • An sieben Standorten im Netzgebiet beschäftigt das Unternehmen aktuell rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
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