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Dortmunder Firmen zur Testpflicht: „Haben die Tests schon bestellt“
Corona-Pandemie
Trotz der Vorbehalte und Warnungen der Wirtschaftsverbände sollen die Unternehmen zu einem Testangebot für Mitarbeiter verpflichtet werden. Dortmunder Firmen stellen sich viele Fragen.
Angespannt schauen die Spitzen der Dortmunder Wirtschaftsverbände am Montag nach Berlin, wo sich etwas zusammen zu brauen droht. Nachdem gegen Mittag das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ meldet, dass die Regierung sich wohl auf eine Testpflicht für Unternehmen einigt, ist nicht klar, was überwiegt: die Enttäuschung oder die vielen offenen Fragen.
„Wir stehen der Verpflichtung der Unternehmen, jedem und jeder Beschäftigten ein Testangebot zu machen, skeptisch gegenüber. Die Firmen erkennen natürlich an, dass eine hohe Testfrequenz zur Eindämmung der Pandemie beitragen kann. Es ist aber nicht einzusehen, warum die Kosten dieser Eindämmungsmaßnahme ausschließlich bei den Arbeitgebern verbleiben“, sagt Ernst-Peter Brasse, Geschäftsführer der Unternehmensverbände für Dortmund und Umgebung.
Der Gesetzentwurf zur Einführung einer Beschäftigtentestung soll am Dienstag (13.4.) dem Bundeskabinett vorliegen. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel schon vor Wochen diese Testpflicht gefordert hatte, wenn nicht 90 Prozent der Unternehmen eine freiwillige Lösung umsetzen würden, soll jetzt das Bundeswirtschaftsministerium von Minister Peter Altmaier (CDU) seinen Widerstand aufgegeben haben.
Fast 70 Prozent der Firmen bieten freiwillig Tests an
Obwohl laut Arbeits- und Wirtschaftsministerium fast 70 Prozent der Unternehmen inzwischen freiwillig Tests anbieten, soll nun eine Verpflichtung her. Auch bei der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund sieht man das sehr kritisch und warnt. „Beim Ausbau der Teststrategie in den Unternehmen dürfen die organisatorischen und rechtlichen Schwierigkeiten beim Testen nicht unterschätzt werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber.

Ernst-Peter Brasse ist Geschäftsführer des Unternehmensverbände Dortmund und Umgebung. Er sagt: „Eine Beschäftigtentestung muss für beide Seiten verpflichtend sein, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sonst brauchen wir sie nicht.“ Um das umzusetzen, müsse aber eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. © Unternehmensverbände
Er verweist auf Beschaffungsprobleme, auf die Kosten, die Haftung und auf organisatorische Anforderungen. „Auch wenn sich das Angebot an Tests am Markt verbessert hat“, sagt er, „gelingt es vielen Unternehmen nicht, Tests in ausreichender Zahl zeitnah und sicher zu beschaffen.“
Zudem stelle gerade für wirtschaftlich angeschlagene Betriebe die Bereitstellung der Infrastruktur und des Personals eine erhebliche zusätzliche finanzielle Belastung dar. Personal müsse auch für die Tests medizinisch geschult werden. „Hier bestehen noch erhebliche Haftungsrisiken“, so Schreiber. Insgesamt erfordere der Aufbau von Testangeboten einen organisatorischen Vorlauf von mehreren Wochen.
Etliche Firmen in Dortmund sind der Zeit allerdings auch schon voraus. „Wir haben die Tests längst bestellt und kommen der Beschäftigtentestung schon nach, bevor es ein Gesetz wird“, sagt Björn Henkel, Prokurist der Bloedorn Container GmbH in Aplerbeck.
Keine Lohnfortzahlung für Testverweigerer?
Bisher sei es kein Problem gewesen, für die 35 Mitarbeiter Tests zu beschaffen. Zwar bleibe man auf den Kosten sitzen, aber die Tests schützten ja auch das Unternehmen vor einer Ausbreitung des Virus in der Belegschaft.
„Auch wir testen schon, weil wir sagen: das gibt uns ein besseres Gefühl. Und: wir leisten einen Beitrag zur Solidarität“, sagt Thomas Grüner von Kaddi-Lack Farben im Hafen. Sowohl für seine sechs Beschäftigten als auch für die Arbeitnehmer bei Bloedorn ist die Teilnahme an den Tests freiwillig. Was aber soll bei einer Testpflicht mit Mitarbeitern passieren, die sich verweigern? Das ist wohl die arbeitsrechtliche Kernfrage.
Die Option, dass Arbeitgeber diese Mitarbeiter freistellen, aber weiter bezahlen, ist für Ernst-Peter Brasse von den Unternehmerverbänden keine. Ebenso wenig sei es angezeigt, diese trotzdem weiter im Betrieb arbeiten zu lassen. „Und für eine Weiterbeschäftigung ohne Lohnfortzahlung braucht es eine gesetzliche Grundlage, die es bisher nicht gibt. Sollte die nicht kommen, ist ein verpflichtendes Testangebot für Unternehmen nur eine halbe Sache“, so Ernst-Peter Brasse.
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
