
© Leszek Iciek
Taube durch Pfeile verletzt: Retter sind schockiert über Brutalität
Verletztes Tier
Eine Brackeler Familie hat eine verletzte Taube gefunden. In deren Bein steckten drei lange Geschosse. Den behandelnden Tierarzt und die Retter beschäftigt nun eine dringliche Frage.
„Was für ein Mensch tut so etwas Furchtbares?“, fragen sich Ludmila Lauer und ihre Familie am Tag nach dem Tierarztbesuch noch immer. Tagelang hatten sie die verletzte Taube auf der Klinkerfensterbank des Nachbarhauses beobachtet.
Die schien sich das Tier, in dessen linkem Bein drei lange Metallgeschosse steckten, als dauerhaften Schlafplatz ausgesucht zu haben. „Wir selbst haben Fensterbänke aus Metall. Auf den Klinkern konnte die Taube darum wohl besser sitzen“, erklärt Ludmila Lauer.
Trotzdem fiel der Vogel ihr und ihren Kindern Maria (19) und Eduard (18) auf. Denn die Taube kam immer wieder, landete an drei Abenden in Folge in Sichtweite des Hauses der Lauers, um auf der Fensterbank zu übernachten und morgens, gegen neun Uhr, wieder davonzufliegen. Zwei Ringe an ihren Beinen, einer weiß, einer grell-orange, wiesen die Taube als Zuchttier aus.
Als die Lauers ihre Verletzungen bemerkten, riefen sie sofort bei der Feuerwehr an. Diese verwies sie an den Tierschutz. Das darauffolgende Telefonat sei allerdings wenig hilfreich gewesen, so Ludmila Lauer. „Man sagte uns, da sei erst einmal gar nichts zu machen. Würden wir allerdings bemerken, dass die Taube schwach werde, sollten wir sie zu einem Tierarzt bringen.“
Tierarzt operiert sofort
Familie Lauer setzt daraufhin ihre gesamte Nachbarschaft auf das Tier an. „Ich habe allen gesagt, dass sie mit aufpassen und mich anrufen sollen, wenn die Taube sich hinlegt oder krank aussieht“, erzählt Ludmila Lauer.

Der Brackeler Tierarzt Leszek Iciek hat die Taube operiert und versucht nun, ihren Besitzer ausfindig zu machen. © Leszek Iciek
Am Ende ist es aber ihr Sohn Eduard, der bemerkt, dass etwas nicht stimmt, als er am Donnerstagnachmittag von der Schule nach Hause kommt. Er sagt seiner Schwester Maria Beschied. Diese holt ein Tuch, die Geschwister wickeln die kranke Taube darin ein und fahren zu dem Brackeler Tierarzt Leszek Iciek.
Iciek operiert das Tier sofort, entfernt die Metallpfeile und verabreicht ihm ein Antibiotikum. Laut dem Tierarzt hat die Taube großes Glück gehabt und dank der Familie Lauer sogar Chancen, wieder gesund zu werden. „Die Geschosse steckten in der Brust- und Oberschenkelmuskulatur. Da ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Verletzungen verheilen“, sagt er.
Am Freitagmorgen habe der gefiederte Patient bereits etwas gefressen und getrunken. Der Tierarzt wertet das als gutes Zeichen. Die Lauers sorgen sich trotzdem weiterhin um sein Wohlergehen. Am Freitagmittag haben sie den Vogel, dem sie das Leben gerettet haben, in der Arztpraxis besucht.
Retter verstehen die Brutalität mancher Menschen nicht
In dem Punkt, was einen Menschen dazu treibt, auf ein unschuldiges Tier zu schießen, ist auch Tierarzt Iciek ratlos. „Das große Problem bei solchen Dingen ist, dass, wer immer so etwas macht, es wahrscheinlich wieder tun wird und gegebenenfalls in der Vergangenheit auch schon häufiger getan hat“, erklärt er.
Gegen solche Menschen wenig unternehmen zu können, tut dem Tierarzt in der Seele weh. „Ich habe schon überlegt, ob man bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstatten sollte“, sagt er. Ob er damit Erfolg hätte, weiß er allerdings nicht.
Fälle wie dieser kommen nicht selten in Icieks Praxis. Vermutlich sei die tatsächliche Zahl der Tiere, die allein in Brackel und Umgebung auf diese Weise verletzt werden, aber noch deutlich höher. „Viele Menschen gehen gar nicht zum Tierarzt, wenn sie so etwas bemerken. Und wenn ein Tier bereits tot ist, melden es auch die Wenigsten.“
Misshandlungen wie diese betreffen nicht nur Vögel. Etwa bei Katzen komme so etwas auch häufig vor, berichtet Iciek. Den Besitzer der Taube hat er mithilfe der Kennzeichnung auf den Taubenringen bereits ermittelt und kontaktiert. Bis Freitagmittag habe er sich aber noch nicht bei ihm zurückgemeldet, um sein Tier nach Hause zu holen.
1997 in Dortmund geboren. Dort seit 2017 für die Ruhr Nachrichten im Einsatz. Habe die Stadt dabei neu kennen und lieben gelernt. Mag die großen und kleinen Geschichten um mich herum, Bücher, schreiben und fotografieren.
