Tatiana Petrova traut sich nicht mehr aus dem Haus. Nicht, seitdem sie im Dezember mit dem Bus fahren wollte.
Eigentlich Routine für die 78-Jährige: Nur wenige Meter vor ihrem Haus in Neusasseln befindet sich die Bushaltestelle Haslindestraße. Von dort aus fährt sie regelmäßig zu ihren Ärzten – erst mit dem Bus nach Brackel oder Aplerbeck, dann geht es weiter mit der U-Bahn.
Am 19. Dezember wurde das zur Tortur. „Die halten oft weiter weg vom Straßenrand“, erklärt sie. Das erschwert den Einstieg mit ihrem Rollator. Doch in der Regel schafft sie es. An diesem Tag jedoch nicht. Ein Mann musste ihr in den Bus helfen.
Eigentlich ist die Haltstelle vor dem Rewe-Markt barrierefrei ausgebaut, erklärt Britta Heydenbluth, Pressesprecherin von DSW21. „Jedoch sind die Platzverhältnisse vor Ort durch parkende Autos sowie einen schmalen Bürgersteig eng“, erklärt sie. Wenn dann noch wartende Fahrgäste ungünstig stehen, könnten die Fahrer nicht richtig halten. Laut Petrova war der Bürgersteig allerdings fast leer.

Die Halteposition des Busses ist jedoch nicht das einzige, was Petrova kritisiert: „Der fuhr viel zu schnell“ – das hätte sie schon bemerkt, als der Bus an der Haltestelle hielt. Zudem sei der Bus bereits abgefahren, bevor Petrova sich setzen konnte. Dann passierte das, wovor jeder Fahrgast Angst hat: Sie stürzte.
„Dem war ich doch egal“
„Und der Fahrer hielt immer noch nicht an“, behauptet Petrova. „Die Leute wollten mir helfen, aber der Bus hielt nicht an.“ Sie spricht gebrochenes Deutsch, Aufregung und Angst sind in ihrer Stimme zu hören. Für die Rentnerin, die alleine lebt, ist der Bus das wichtigste Verkehrsmittel. „Jetzt traue ich mich nicht mehr, in den Bus zu steigen.“
Bei dem Sturz verletzte sie sich: „Meine Beine taten so weh, ich konnte kaum noch laufen“, erinnert sich Petrova. Trotzdem ging sie selbstständig zur Ärztin, nachdem der Bus letztlich anhielt und ihr aufgeholfen wurde. Dass der Busfahrer ihr anbot, einen Krankenwagen zu rufen, sieht sie nicht positiv - sondern empfindet es als Spott: „Dem war ich doch egal“, meint Petrova.

Laut Heydenbluth gibt es bei DSW21 im System keine Meldung zu dem Vorfall. Petrova hatte sich zunächst nicht gemeldet, sagt sie. Sie hätte gedacht, dass sich die Verletzungen nach dem Sturz bald erledigen würden. Doch die Furcht bleibt: „Ich weiß ja nie, was auf mich zukommt.“ Dass es sich wiederholen könnte, macht ihr Angst – nicht nur ihretwegen. „Es gibt viele gehbehinderte Menschen, die auf den Bus angewiesen sind.“
In Einzelfällen überfordert
Laut DSW21-Protokoll sollen die Busfahrer Rücksicht auf diese nehmen. Das funktioniere jedoch nicht immer, erklärt Heydenbluth: „Unsere Fahrerinnen und Fahrer sind bei einer Einstiegssituation vielfach gefordert: Fahrgäste haben Fragen oder kaufen Tickets, es kommt ein Funkspruch, es erfolgt ein Blick auf die Uhr und in die Spiegel.“

Deshalb sei es „bei aller Sorgfalt im Einzelfall nicht auszuschließen“, dass auch gehbehinderte Menschen übersehen werden können. Ein Tipp der Verkehrsgesellschaft: „Wir empfehlen, dass sich diese Fahrgäste aktiv bemerkbar machen.“
Für Petrova ist das erstmal keine Option. Noch hat sie zu viel Angst. Lebensmittel und Medikamente lässt sie sich jetzt liefern. Das klappt ganz gut. Aber für immer in der Wohnung sitzen will sie auch nicht: „Vielleicht fahre ich bald Taxi statt Bus“, überlegt sie. Vielleicht wird sie irgendwann auch wieder versuchen, in den Bus zu steigen. Doch sie sagt auch: „Das könnte noch dauern.“
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