
Eva Nehme wirft dem Dortmunder Stromversorger DEW21 vor, das wahre Ausmaß der Strompreiserhöhungen bewusst zu verschleiern. © Oliver Schaper
Preisschock: Kundin Eva Nehme wirft DEW21 „Verschleierung“ vor - Versorger gibt Contra
Stromkosten
Unseriös findet Eva Nehme, wie DEW21 die Preiserhöhungen für Strom in einem Schreiben an die Kunden verkauft. Gleichzeitig bekommt sie für ihren eingespeisten Strom nicht mehr Geld. DEW21 gibt Contra.
Eva Nehme erhielt Mitte Juni ein Schreiben ihres Stromversorgers DEW21. Darin steckte erst mal keine Überraschung; denn es handelte sich um die Ankündigung einer „Preisanpassung“ zum 1. August, genauer einer Preiserhöhung.
Man habe lange gerechnet, aber man komme angesichts der gestiegenen Einkaufspreise beim Strom um eine Preisanpassung nicht herum, ließ das Unternehmen seine Kundin wissen. Für den Tarif „Unser Strom.standard“ werde der Strompreis von bisher 31,345 Cent um „8,482 ct/kWh“ auf 39,827 Cent pro Kilowattstunde erhöht, heißt es auf der ersten Seite des wortreichen Anschreibens.
So weit, so unerfreulich. Doch als Eva Nehme auf das zweite Blatt des Briefes schaute, stutzte sie. Dort sind die Preisveränderungen im Detail aufgelistet, einschließlich der zum 1. Juli 2022 gestrichenen EEG-Umlage.
Preiserhöhung beschönigend dargestellt
Ohne die EEG-Umlage hat der Strompreis für Eva Nehme im Juli nicht 31,345 Cent pro Kilowattstunde betragen, sondern nur 26,914 Cent.
Daraufhin hat Eva Nehme noch mal nachgerechnet. Da auch der neue Strompreis ab 1. August ohne EEG-Umlage ist, sei die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Strompreis nicht 8,482 Cent, wie auf Seite 1 des DEW-Schreibens aufgeführt, sondern 12,913 Cent pro Kilowattstunde, stellte die DEW-Kundin fest.
Nehme kommt zu dem Schluss: „Diese beschönigende Darstellung der Preiserhöhung ist äußerst unseriös. Das ist eine bewusste Verschleierung des eigentlichen Ausmaßes der Strompreiserhöhung der DEW.“ Denn in ihrem Fall betrage damit die Preiserhöhung für den Strom 47,98 Prozent, kritisiert Eva Nehme.
Da es bei Preiserhöhungen die Möglichkeit gebe, den Versorger zu wechseln, verglichen Wechselwillige den Preisanstieg mit anderen Anbietern, so Eva Nehme, doch nehme man die erste Seite des DEW-Schreibens beim Wort, vergleiche man am Ende Äpfel mit Birnen.
Eine Frage des Zeitpunktes
DEW21 kontert sinngemäß, das Schreiben habe Eva Nehme zu einem Zeitpunkt erreicht, als die EEG-Umlage noch Bestandteil des Strompreises gewesen sei.
Im Detail erklärt dazu DEW-Sprecherin Jana-Larissa-Marx, man habe die Preisanpassung in der Grundversorgung Strom zum 1. August – wie alle anderen Preisanpassungen auch – mit sechs Wochen Vorlauf angekündigt, sodass Eva Nehme das Preisanpassungsschreiben Mitte Juni erhalten habe. „Also zu einem Zeitpunkt, als die Absenkung der EEG-Umlage noch nicht umgesetzt war“, so die Unternehmenssprecherin.
Als Abgrenzungszeitpunkt für die Darstellung der Preisentwicklung werde die letzte Preisinfo zugrunde gelegt – „und kein in der Zukunft liegender Zeitpunkt“, unterstreicht Marx. Im Fall der Strom-Grundversorgung hätten die Bestandskunden zuletzt eine Preisinfo anlässlich der Preisanpassung zum 1. Februar 2021 erhalten.
Entscheidend ist der aktuell gezahlte Preis
Die Unternehmenssprecherin: „Falls die Kundin zu dem Zeitpunkt noch nicht von DEW21 beliefert wurde, hat sie die letzte Preisinfo im Rahmen der Vertragsbestätigung erhalten. Der dort genannte Preis, den sie ja auch aktuell für die Strombelieferung bezahlt, ist für uns die Grundlage für die Darstellung der Preisanpassung.“
Vor dem Hintergrund könne DEW nicht einen zukünftig entstehenden Betrag, der in diesem Fall durch die Absenkung der EEG-Umlage entstehe, als Grundlage für die Darstellung der Preisanpassung nehmen, sondern der Versorger lege immer den Preis zugrunde, den die Kunden aktuell auch zahlten.
„Der Gesetzgeber hat explizit auf die Mitteilung in Textform für die gesetzliche Absenkung der EEG verzichtet. Wir haben aber im Rahmen des aktuellen Preisanpassungsschreibens im Sinne der Transparenz die Absenkung der EEG-Umlage dargestellt, allerdings ist diese eben nicht der relevante Abgrenzungszeitpunkt“, erläutert Jana-Larissa Marx
Einspeisevergütung steigt nicht
Doch Eva Nehme hat noch mehr Grund zur Kritik; denn sie speist über eine Solaranlage auch Strom ins Netz: „Der Preis für die Kilowattstunde, die wir einspeisen, bleibt, aber die DEW verkauft die Kilowattstunde um 47,98 Prozent teurer.“ Und sarkastisch fügt Eva Nehme hinzu: „So will die DEW den Menschen die Energiewende schmackhaft machen!“
Doch bei der Einspeisevergütung ist DEW21 außen vor. Marx: „Die Einspeisevergütung ist gesetzlich geregelt, der Verteilnetzbetreiber hat darauf keinen Einfluss.“
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
