Kalte und dunkle Wohnung, weil man Energierechnungen nicht beglichen hat? Die Verbraucherberatung gibt Ratschläge, wie man eine Strom- und Gassperre verhindern kann.

Kalte und dunkle Wohnung, weil man Energierechnungen nicht beglichen hat? Alexandra Kopetziki, Leiterin der Verbraucherberatung in Dortmund, gibt Ratschläge, wie man eine Strom- und Gassperre verhindern kann. © dpa/Verbraucherzentrale

Strom- und Gassperre drohen – was tun? Verbraucherschützerin klärt auf

rnFragen und Antworten

Krankheit, Jobverlust, Schulden – und obendrauf explodierende Energiekosten. Die Rechnung für Gas und Strom ist dann oft nicht mehr bezahlbar. Was ist zu tun, um eine Energiesperre zu verhindern?

Dortmund

, 20.10.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Man steht morgens auf, und der Strom ist weg, die Heizung bleibt kalt. Es bleibt dunkel, es gibt keinen Kaffee, kein Radio, und nur kaltes Wasser aus der Dusche. Der Versorger hat wegen offener Rechnungen Gas- und Strom gesperrt.

Doch so weit muss es nicht kommen. Wir haben Alexandra Kopetzki, Leiterin der Verbraucherberatungsstelle Dortmund, gefragt, was zu tun ist, um eine Energiesperre zu verhindern und wenn sie bereits erfolgt ist.

Frau Kopetzki, wann muss man mit einer Energiesperre rechnen?

Eines vorweg: Zahlungen für Strom, Heizung und Miete sollten immer Vorrang haben; denn eine Energiesperre zu verhindern, ist leichter zu bewerkstelligen, als einen gesperrten Anschluss wieder freizuschalten. Außerdem fallen bei einer Sperre weitere Kosten an; denn sowohl die Sperrung selbst als auch die Entsperrung kosten Geld. Diese Zusatzkosten treiben die Rechnung zusätzlich in die Höhe.

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Der Versorger kann den Strom oder das Gas abklemmen, wenn der Zahlungsrückstand das Doppelte des monatlichen Abschlages oder der monatlichen Vorauszahlung erreicht. Wurde kein Abschlag oder keine Vorauszahlung vereinbart, muss der Rückstand ein Sechstel der Jahresrechnung erreichen. In jedem Fall muss er aber mindestens 100 Euro betragen.

Gibt es noch weitere Bedingungen für eine Sperre?

Ja, gesperrt werden darf auch nicht, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher die Zahlung innerhalb von zwei Wochen aufgrund eines offensichtlichen Fehlers verweigert haben.

Wird man denn vom Versorger vorgewarnt?

Vor der Sperre muss der Versorger bestimmte gesetzliche Vorgaben einhalten. Er darf – die oben genannten Bedingungen vorausgesetzt – eine Energiesperre verhängen, wenn er die Sperre vier Wochen vorher androht, er den Vollzug der Sperre acht Werktage vorher in Briefform ankündigt und die Sperre verhältnismäßig ist.

Was heißt verhältnismäßig?

Das bedeutet zum einen, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin dem Energieversorger gegenüber nicht erkennen lässt, den Zahlungspflichten nachkommen zu wollen. Zum anderen muss der Energieversorger die Betroffenen in Textform darüber informiert haben, wie sie eine Unterbrechung vermeiden können.

Alexandra Kopetziki, Leiterin der Verbraucherberatung in Dortmund

Alexandra Kopetziki, Leiterin der Verbraucherberatung in Dortmund, erklärt, was zu tun ist, wenn eine Strom- beziehungsweise Gassperre droht oder schon verhängt worden ist. © privat

Womit lässt sich denn eine Strom- oder Gassperre vermeiden?

Das können örtliche Hilfsangebote sein, Vorauszahlungssysteme, Energieaudits, sprich Vor-Ort-Energieberatung durch ausgebildete Fachleute, staatliche Unterstützung oder anerkannte Schuldner- und Verbraucherberatung. Dabei entstehen den Betroffenen keine Mehrkosten.

Zudem muss der Energieversorger spätestens mit der Ankündigung der Sperre

eine „Abwendungsvereinbarung“, das heißt eine Ratenzahlung zur Vermeidung der Sperre angeboten haben. Diese muss für beide Seiten wirtschaftlich zumutbar sein. Der Energieversorger kann die Raten für jeden Monat im Voraus verlangen. Im ersten Monat fallen daher unter Umständen zwei Zahlungen an – am Monatsanfang für den laufenden Monat und am Monatsende als Vorauszahlung für den Folgemonat.

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Sollte man in Dortmund zum Beispiel als Kunde DEW21 informieren, wenn Zahlungsschwierigkeiten zu erwarten sind?

Wenn es schwierig wird, raten die Verbraucherzentralen, möglichst rasch Kontakt zum Versorgungsunternehmen aufzunehmen: Je früher der Energieversorger von den Zahlungsproblemen erfährt, desto besser sind die Chancen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Man sollte auf keinen Fall Zahlungserinnerungen oder Mahnungen ignorieren.

Doch was soll man den Versorgungsunternehmen anbieten, wenn das Geld fehlt?

Man kann ihnen verschiedene Vorschläge machen: Ratenzahlung, zeitweilige Erhöhung der Abschläge oder Stundung bis zur nächsten Jahresabrechnung. Wer Sozialleistungen erhält, kann sich vom Jobcenter oder dem Sozialamt Geld leihen, um seine Energieschulden zu begleichen. Ein solches Darlehen können Betroffene formlos beantragen. Unterstützung bei allen nötigen Schritten gibt es bei vielen Verbraucherzentralen, bei Rechtsanwälten und anderen Schuldnerberatungen.

Wenn der Strom erst mal gesperrt ist, mit welchen Kosten muss man für die Entsperrung rechnen?

Macht der Energieversorger die Kosten für eine rechtmäßige Stromsperre geltend, so ist dies zulässig. Er kann die Bezahlung der Sperr- und Entsperrungskosten sogar vor dem Wiederanschluss der Stromversorgung verlangen.

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Sind die Kosten höher als 50 Euro pro Vorgang, empfehlen wir, sich die Berechnungsgrundlage des Energieversorgers nachweisen zu lassen, um zu prüfen, ob die Kosten nicht zu hoch angesetzt sind.

Was ist zu tun, wenn die in Rechnung gestellten Energiekosten nach Ansicht der betroffenen Kunden nicht berechtigt sind?

Wer Zweifel an der Berechtigung von Kosten hat, dem ist zu empfehlen, der entsprechenden Teilforderung zu widersprechen und nur den unbestrittenen Rechnungsbetrag zu überweisen. Bezüglich der strittigen Rechnungsposten sollte eine Prüfung erfolgen beziehungsweise darüber verhandelt werden.

Wie erkennt man denn ungerechtfertigte Rechnungsposten?

Der Kosten-Dschungel der Energieversorger ist häufig nicht nachvollziehbar. Wer die Kosten auf der Rechnung nicht mehr versteht, kann sich an die Verbraucherzentrale wenden. Hier werden die einzelnen Kostenpositionen mit einem geschulten Auge überprüft.