Streit um „Geister-Halde“: Warum ein perfekter Aussichtspunkt nicht genutzt werden darf

© Oskar Neubauer

Streit um „Geister-Halde“: Warum ein perfekter Aussichtspunkt nicht genutzt werden darf

rnGeisterhalde in Asseln

Die Wanderwege wurden vor Jahren angelegt, die Aussicht wäre super – aber niemand darf die gut hergerichtete Halde betreten. Um Dortmunds „Geister-Halde“ entbrennt nun ein heftiger Streit.

Dortmund

, 23.09.2019, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eigentlich sind alle Voraussetzungen geschaffen für einen schönen Aussichtspunkt im Dortmunder Osten. Schon vor Jahren wurde die Halde Schleswig „rekultiviert“. Sogar Wege bis zum Aussichtspunkt in 45 Metern Höhe wurden angelegt. Doch über die kann niemand laufen.

Denn der Zugang zur „Asselner Alm“, wie die Halde im Volksmund genannt wird, ist noch immer gesperrt. Es fehlt ein Träger, der die Verantwortung und Verkehrssicherungepflicht für das Areal übernimmt, das mit 35 Hektar immerhin halb so groß ist wie der Westfalenpark.

Noch-Eigentümer Thyssen-Krupp sucht seit Jahren einen Abnehmer. Die Stadt setzt darauf, dass der Regionalverband Ruhr (RVR) die „Asselner Alm“ wie viele anderen Halden übernimmt.

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In der Tat wurde die Halde Schleswig jetzt im Rahmen eines ruhrgebietsweiten Haldenkonzepts vom RVR mit untersucht - wie es heißt „auf Bitte der Stadt Dortmund“.

Das Ergebnis der Halden-Untersuchung: Der RVR will 23 Halden von der RAG übernehmen und meist für Freizeit und Erholung nutzbar machen. Die Halde Schleswig bleibt als einzige außen vor: „Eine Übernahme der Deponie Schleswig ist nicht geplant“, heißt es im Beschlussvorschlag für den RVR-Verbandsausschuss für den 30. September.

Überraschung in Dortmund

Bei Dortmunds Planungs- und Umweltdezernent Ludger Wilde sorgt das für Überraschung und Ärger. Man wolle das nicht akzeptieren, erklärte Wilde auf Anfrage, und habe die Dortmunder Vertreter in den RVR-Gremien entsprechend informiert.

Nur selten gibt es bei geführten Touren die Gelegenheit, die Aussicht von der Halde zu genießen - wie hier bei einem Friedensgebet der Religionen.

Nur selten gibt es bei geführten Touren die Gelegenheit, die Aussicht von der Halde zu genießen - wie hier bei einem Friedensgebet der Religionen. © Oliver Schaper

Warum der RVR die Halde Schleswig außen vor lässt, lässt sich schohn aus einer Formulierung erahnen: Der RVR betrachtet die „Asselner Alm“ als Deponie. „Und der RVR hat bislang nur Bergehalden übernommen“, heißt es dazu auf Anfrage.

Tatsächlich geht der Hügel auf eine Bergehalde der ehemaligen Zeche Schleswig in Neuasseln zurück, die bis 1925 betrieben wurde. Zuletzt wurde die Halde allerdings als Deponie für Schlacke, Abfälle und Bodenmaterial unter der Regie von Thyssen-Krupp genutzt.

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Der Stahlkonzern hat mit der Stilllegung der Industriemüll-Deponie auch für die Sicherung und Rekultivierung der Halde gesorgt. Eine Folie dichtet den Untergrund ab, damit mögliche schädliche Stoffe nicht an die Oberfläche gelangen können. Darüber wurde Mutterboden verteilt.

Nach den Maßnahmen bescheinigte die Bezirksregierung Arnsberg Ende 2017 offiziell das Ende des Deponiebetriebs. Thyssen-Krupp ist als Eigentümer und ehemaliger Betreiber noch für 30 Jahre in der Nachsorgepflicht, zu der neben der Plfege von Grün und Wegen auch die Kontrolle von Grund- und Sickerwasser gehört.

Neuer Träger gesucht

Seit mindestens vier Jahren versucht Thyssen-Krupp, die fertig gestaltete Halde an die Stadt oder den RVR zu übergeben und sie öffentlich zugänglich zu machen. Die Stadt hat den RVR, der 37 ehemalige Halden im gesamten Ruhrgebiet unterhält, gebeten, die „Asselner Alm“ zu übernehmen. Dass der Regionalverband dem nun eine offzielle Absage erteit, sorgt in Dortmund für Unmut.

Der Aufwand für die Öffnung der Halde wäre gering. Den Investitionsaufwand beziffert das Halden-Gutachten auf 150.000 Euro. Dabei geht es in erster Linie um die Ausstattung mit einem einheitlichen Erkennungs- und Informationssystem an den Zugängen. Der jährliche Bewirtschaftsaufwand wird mit 56.000 Euro beziffert.

Weiter Rundblick

Dass eine Öffnung der Halde Sinn macht, bescheinigt sogar das RVR-Gutachten. Es gebe „erheblichen Nutzungsdruck aus den benachbarten Siedlungsbereichen“, heißt es. Genutzt werden könne die Halde zur naturnahen Erholung und als Aussichtspunkt. „Vom Haldenkopf gibt es einen weiten Rundblick von Schwerte im Süden bis zum Cappenberger Wald im Norden sowie direkt auf den Dortmunder Flughafen.“ Schade nur, dass die Öffentlichkeit diese Aussicht - außer in seltenen Ausnahmefällen bei Veranstaltungen - nicht genießen kann.

Kommentar

Schluss mit dem Eiertanz

  • Ein schöner Aussichtspunkt und ein schöner Naturraum ist die Halde Schleswig. Nur leider nicht erlebbar für die Menschen.
  • Seit Jahren wird über eine Übernahme des Industrierelikts diskutiert. Jetzt hat der RVR abgewunken. Schließlich betreibe man bislang nur Bergehalden und „Schleswig“ sei eine Deponie, heißt es zur Begründung. Dem Bürger ist es einerlei. Für ihn ist es ein künstlicher grüner Hügel.
  • Dass der Hügel auf eine Deponie zurückgeht, ist eigentlich keine neue Erkennntnis. Deshalb stellt sich die Frage, was der jahrelange Eiertanz um eine Übernahme sollte.
  • Anders ausgedrückt heißt die Absage auch: Wir wollen nicht die Verantwortung übernehmen, weil eventuell gefährliche Stoffe im Untergrund schlummern. Das sollte man dann aber auch offen und ehrlich so sagen.
  • Den Menschen vor Ort ist es auf jeden Fall schwer zu vermitteltn, dass ihnen ein aufwendig rekultiviertes Stück Natur vor der Haustür versperrt bleibt.
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