Dortmunds Sternekoch Michael Dyllong erzählt in seiner neuen Kolumne, welche Anzeichen es schon in seiner Kindheit für den späteren Berufsweg gab.

© Dieter Menne

Sternekoch Dyllong: Wie ich als junger Topfgucker meine Mutter nervte

rnKolumne „Dinner mit Dyllong“

Auch Dortmunds Sternekoch Michael Dyllong hat einmal klein angefangen: Er berichtet von kindlichen Kochweisheiten, Opas Taubensuppe und seinem ersten selbst gekochten Weihnachtsmenü.

Dortmund

, 06.10.2021, 14:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Auch wenn mein Berufswunsch, Koch zu werden, sich erst mit 16 oder 17 Jahren konkretisiert hat, gab es vielleicht schon vorher Anzeichen dafür. Einige Zusammenhänge werden uns manchmal erst dann bewusst, wenn man später als Erwachsener darauf zurückblickt.

Ich erinnere mich in meiner Schulzeit daran, dass ich, wenn ich mittags nach Hause kam, als Erstes in die Töpfe schaute. Was hatte meine Mutter für uns gekocht? Und natürlich musste ich sofort einmal kosten und hatte sofort ein paar kluge Ratschläge parat. Hier mehr Salz, dort fehlt Zucker, die Soße ist zu dünn.

Manchmal habe ich am Mittagessen meiner Mutter sogar selbst Hand angelegt. Meiner Oma ging es nicht besser. Kaum war ich zur Tür herein, habe ich die Deckel auf dem Herd gelupft und mit meinen kindlichen Kochweisheiten losgelegt. Heute weiß ich, wie sehr ich meine Mutter und Oma damit genervt habe. „Dann kannst du ja demnächst alleine kochten“ habe ich bestimmt mehr als einmal gehört.

KOLUMNE „DINNER MIT DYLLONG“

AUS DEM LEBEN EINES SPITZENKOCHS

Alle 14 Tage gibt Michael Dyllong, einer von Dortmunds besten Köchen, in seiner Kolumne „Dinner mit Dyllong“ Einblicke in sein Berufsleben. Alle Folgen seiner Kolumne finden Sie hier.

Mein erstes Weihnachtsmenü

Aber das hat mich nicht abgehalten. Meine Eltern wurden von mir mit dem Wunsch überrascht, einmal zu Weihnachten für die ganze Familie kochen zu wollen. Gesagt, getan. Drei Gänge habe ich zustande gebracht. Natürlich hat nicht alles geklappt, ich war ja noch ein Kind. Aber die Familie war satt und ich glücklich.

Gerne erinnere ich mich an meinen Opa in der Küche. Zu seinen Spezialitäten gehörten ungefähr ein Dutzend Gerichte, die er aus dem Effeff und wunderbar zubereiten konnte. Seine Bratkartoffeln waren die besten der Welt, und noch heute brate ich sie genauso wie er damals für meine Familie: Opas Bratkartoffeln mit Spinat, Spiegelei und Buttermilch.

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Zu seinen Favoriten gehörten aber auch westfälische Schmorgerichte, Eisbein mit Sauerkraut und Kartoffelpüree, Lammkeule, heute fast schon vergessene Schweinekoteletts und Kassler. Etwas ungewohnt für den zeitgemäßen Mittagstisch, aber wieder auf den Speisekarten meiner Restaurants, ist die Taubensuppe, die auch schon mein Opa kochte.

Zu Hause fehlen helfende Hände

Natürlich ist das Kochen für die Familie etwas komplett anderes als die Arbeit in der Restaurantküche. Zu Hause fehlen mir nicht nur viele helfende Hände, sondern auch Zutaten, der Platz, technische Geräte und nicht zuletzt Töpfe, Pfannen und Schüsseln für viele Portionen. Ein Rennfahrer ist eben auch nur auf der Piste schnell und nicht im Stadtverkehr.

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Trotzdem bin ich überzeugt, dass die Anlagen, ein guter Koch zu werden, schon in meiner Kindheit vorhanden waren. Jetzt bin ich glücklich, später für mich genau den richtigen Weg erkannt zu haben. Und natürlich hoffe ich, dass ich in meinen Restaurantküchen nicht mehr so nervig bin, wie es meine Mutter und Oma erfahren mussten. Sorry dafür.

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