
© Ewers/Volmerich
Von der britischen Krone zur Stadtkrone: „Wir haben den Auftrag erfüllt“
Stadtentwicklung an der B1
Sechs Baukräne drehen sich an der Stadtkrone-Ost an der B1. Die Geschichte begann vor 25 Jahren und hat mit der britischen Krone zu tun. Einer, der von Anfang an dabei war, sagt jetzt: „Wir haben den Auftrag erfüllt.“
Es war wohl einer der am besten gesicherten Flecken in Dortmund: Die Kasernen der britischen Rheinarmee an der B1 waren über Jahrzehnte eine verbotene Stadt, eine Art Festung. Wer aufs Gelände wollte, musste akribische Kontrollen über sich ergehen lassen - erst recht, nachdem 1979 vier Bomben der irischen Terrororganisation IRA vor den Kasernen explodiert waren.
Im Sommer 1991 kündigte die britische Regierung an, bis Ende 1993 die drei britischen Kasernen - die Westriding/Moore Barracks, die Ubique Barracks und die Redesdale Barracks - an der B1 zu räumen.
Und sie eröffnete damit einen Ideenwettstreit zur zukünftigen Nutzung der rund 52 Hektar großen Flächen in bester Lage. Von Flüchtlingsunterkünften in den alten Kasernen-Gebäuden, die schon von der deutschen Wehrmacht genutzt worden waren, bis zum Campus für die Fachhochschule reichten die Vorschläge.

Ein letztes Bild der alten Kasernen: 1997 begann der Abriss der Militärgebäude auf der heutigen Stadtkrone-Ost. © Hans Blossey
Mix aus Gewerbe und Wohnen
Keiner davon wurde dauerhaft realisiert. Stattdessen sollte die Stadtkrone-Ost, wie das Areal nun genannt wurde, zu einem Vorzeigeprojekt für den Strukturwandel werden - mit einem Mix aus Gewerbe und Wohnen. „Arbeiten und Wohnen in der neuen Gartenstadt“ hieß das Motto nach einem Experten-Workshop.
Das Bonner Planungsbüro Sieverts lieferte den Entwurf dafür: Büros an der lauten B1, ein Mix aus Gewerbe und Wohnen dahinter und ganz im Süden ein Quartier für Ein- und Mehrfamilienhäuser am Rande des Schürener Felds.

So sieht die Stadtkrone-Ost heute aus: Hinter Bürobauten an der B1 und weiterem Gewerbe in zweiter Reihe sind am oberen Bildrand die Wohnquartiere der Stadtkrone-Ost zu erkennen. © Hans Blossey
Wegweisend sollte auch die Form der Vermarktung werden. Eine Entwicklungsgesellschaft wurde gegründet, an der federführend die Dortmunder Stadtwerke (DSW) und die Harpen AG, aber auch LEG, Sparkasse und anfangs die Stadt Dortmund und die WestLB beteiligt waren.
Vorbild für Grundstücksentwicklungen
„Es begann damit eine Ära der erfolgreichen Grundstücksentwicklung“, bilanziert Ludger Schürholz, der von Anfang an zur Geschäftsführung der Stadtkrone Ost-Entwicklungsgesellschaft gehörte. Sie war Vorbild für viele spätere Strukturwandel-Projekte in Dortmund wie Phoenix-See oder Hohenbuschei.
Das ist genau 25 Jahre her. 1997 wurde nicht nur die Entwicklungsgesellschaft in Form gegossen, sondern auch der Grundstückkaufvertrag mit dem Bund geschlossen und mit dem Abriss der ersten Gebäude begonnen. „Am 4. Juli 1997 rollte der erste Bagger“, erinnert sich Schürholz.

Ludger Schürholz, von Beginn an Geschäftsführer der Stadtkrone-Ost-Entwicklungsgesellschaft, vor dem ersten Neubau, der auf dem Gelände entstanden ist, © Oliver Volmerich
Jetzt - 25 Jahre später - kann die Geschäftsführung der Entwicklungsgesellschaft Vollzug melden. „Man kann sagen, wir haben den Auftrag erfüllt“, sagt Ludger Schürholz.
Denn inzwischen wurde das letzte freie Grundstück der Stadtkrone-Ost an die Harpen-Gruppe verkauft, die einen Komplex mit zwei Bürogebäuden in erster Reihe an der B1 bauen will - gleich neben den schon laufenden Baustellen für ein neues Bürogebäude des IT-Unternehmens Adesso und für die Hauptverwaltung der Continentale Versicherungen.

Die Harpen AG bebaut mit diesem Bürokomplex das letzte Grundstück auf der Stadtkrone-Ost. © Harpen
Adesso ist auch ein Beispiel für den erfolgreichen Strukturwandel an dem Standort. Das Start-Up war 1998 Sieger eines von der Stadtkrone-Ost-Entwicklungsgesellschaft mit ausgelobten Gründungswettbewerbs und Mieter im ersten Neubau an der Stockholmer Allee.
Inzwischen beschäftigt das IT-Unternehmen in Dortmund rund 2000 Mitarbeiter und besiedelt einen eigenen „Adesso-Campus“ mit mehreren Gebäuden auf der Stadtkrone-Ost.
Dass Adesso immer weiter wachsen konnte, sei auch der schrittweisen Entwicklung des Areals zu verdanken, merkt Ludger Schürholz an. „Wir hätten die Grundstücke viel schneller verkaufen können, wenn wir allen Anfragen nachgegeben hätten“, berichtet er.
„Wir haben aber die Qualität der Nutzung in den Vordergrund gestellt. Und Adesso ist das beste Beispiel dafür, dass eine Entwicklung über Jahre sinnvoll ist.“
Teilweise ging es aber auch ganz schnell. „Die Vermarktung der Wohngrundstücke im Süden und später auf dem früheren Gelände der Maschinenfabrik Schade lief wie geschnitten Brot“, erzählt Schürholz.
Der Mix aus Wohnen und Gewerbe hat sich bewährt. „Es ist ein lebendiger Standort geworden“, stellt Schürholz zufrieden fest. Dazu tragen auch ein Supermarkt, Restaurants und das Privatgymnasium Stadtkrone bei.
Büromeile wird zum Lärmschutz
Ganz erledigt ist die Arbeit für Ludger Schürholz und seinen aktuellen Mit-Geschäftsführer Dirk Himmel von der Harpen AG aber noch nicht. „Die Entwicklungsgesellschaft wird es noch so lange geben, wie hier gebaut wird“, kündigt Schürholz an.

In der ersten Reihe der Stadtkrone-Ost an der B1 (unten) entstehen zurzeit Neubauten für die Continentale Versicherungen und den IT-Dienstleister Adesso (v.r.). © Hans Blossey
Eine große Sorge wurde durch die fast gleichzeitige Bebauung in der ersten Reihe ausgeräumt: Die Stadtkrone-Ost wird nicht hinter einer meterhohen Lärmschutzwand verschwinden müssen, die mit dem Ausbau der B1 zur A40 eigentlich vorgesehen war. Denn die Bürobauten an der B1 dienen jetzt als Lärmschutz für das dahinterliegende Wohnquartier.
Die Gespräche dazu mit der für den A40-Ausbau zuständigen Deges laufen vielversprechend, deutete Dirk Himmel an. Die Stadtkrone-Ost kann damit wie erhofft als repräsentatives Tor für Dortmund an der östlichen Einfahrt in die Stadt wirken.

Bestens gesichert: Ganz im Osten der Stadtkrone-Ost ist die neue Filiale der Bundesbank entstanden. © Hans Blossey
Eines ist freilich geblieben: Das wohl am besten gesicherte Areal der Stadt liegt immer noch an der Stadtkrone-Ost - mit der neuen Filiale der Bundesbank, die mindestens ebenso gut geschützt ist, wie einst die britischen Kasernen.
Auch diese Ansiedlung war einer von vielen von Schürholz genannten „Glücksfällen“ in der Bilanz der Stadtkrone-Ost-Entwicklungsgesellschaft.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
