Staatsanwalt prüft Auftritt des „Holland-Hitler“ in Hörde

© Peter Bandermann

Staatsanwalt prüft Auftritt des „Holland-Hitler“ in Hörde

rnRechtsextremismus

Als Adolf Hitler verkleidet marschierte ein Neonazi aus den Niederlanden auf der Rechten-Demonstration durch Hörde. Er zog die Blicke auf sich. Darf der das?

Dortmund

, 27.05.2019, 16:14 Uhr / Lesedauer: 2 min

Am Samstag marschierte ein Neonazi aus den Niederlanden mit mehr als 180 Rechtsextremisten durch Dortmund-Hörde. Er trug den Haarschnitt Adolf Hitlers, den schmalen Oberlippenbart, einen Anzug mit Krawatte und einen langen schwarzen Ledermantel – sein Auftreten erinnerte nicht zufällig an Adolf Hitler und auch an den Film „Er ist wieder da“.

Der Mann, der schon beim Treffen der Neonazis am Hauptbahnhof aufgefallen war, löste in Hörde unterschiedliche Reaktionen aus. Meistens wurde er belächelt, als Witzfigur und Karikatur seiner selbst angesehen. Eine Rentnerin aus Hörde war alles andere amüsiert. „Ich bin fassungslos, dass der hier so rumlaufen darf. Ich war immer der Meinung, dass nationalsozialistische Zeichen und Äußerungen nicht gestattet sind. So eine Demonstration habe ich noch nicht gesehen. Da muss ich erst mal drei Nächte drüber schlafen.“

Die Frage, ob der Mann das darf, ist nicht so einfach zu beantworten: Ad hoc sei eine Bewertung nicht möglich, sagte Staatsanwältin Sonja Frodermann. Einschlägige Entscheidungen zu einem ähnlichen Fall seien nicht bekannt und eine eindeutige Bewertung damit nicht möglich. Die politische Abteilung der Dortmunder Staatsanwaltschaft wird diesen Fall als „Prüfvorgang gegen Unbekannt“ behandeln. Der werde einige Tage in Anspruch nehmen.

Grundsätzlich gilt: Der ausgestreckte Arm als Hitlergruß und andere, aber nicht alle dem Nationalsozialismus entnommenen Symbole sind verboten. Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen steht laut Strafgesetzbuch zwar unter Strafe. Aber nicht alles, „was in irgendeiner Form untersagt oder verboten ist“, sei strafbar. So erklärt das die Dortmunder Staatsanwaltschaft.

Buchstaben auf Kennzeichen

Ein Beispiel: Die Stadt Dortmund lässt die Buchstabenkombinationen HJ (Hitlerjugend), KZ (Konzentrationslager), NS (Nationalsozialismus) und Abkürzungen von Organisationen wie SA (Sturmabteilung) oder SS (Sturmschar) nicht als Kfz-Kennzeichen zu, weil sie Ausdruck einer nationalsozialistischen Gesinnung sein können. Verboten sind die Buchstabenkombinationen aber nicht.

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HKN KRZ auf T-Shirt

Mit nahezu jeder Nazi-Demonstration verschärft die Dortmunder Polizei die Auflagen. Bei dem Aufmarsch am Samstag musste ein Rechtsextremist sein T-Shirt mit der Aufschrift „HKN KRZ“ überdecken. Die sechs Buchstaben stehen für „Hakenkreuz“ – das Erkennungssymbol für den Nationalsozialismus schlechthin. Als Grafik fällt das Hakenkreuz unter Paragraf 86 des Strafgesetzbuchs. Aber abgekürzt?

Da kommt es auf die „Gesamtumstände“ an. Der Neonazi musste die sechs Buchstaben überdecken, weil der Aufmarsch keine bedrohliche Wirkungen haben und die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht stören sollte.

Vor diesem Hintergrund betrachtet, bleibt festzustellen: Kein anderer Aufmarsch-Teilnehmer verkörperte den Nationalsozialismus so sehr wie der Neonazi aus den Niederlanden, der die Führer-Figur dargestellt hat. Wenn die „HKN KRZ“-Abkürzung nicht geduldet wurde: Durfte der Neonazi mit Adolf Hitler einen Mann verherrlichen, der den Tod von Millionen von Menschen und den Untergang Deutschlands zu veranworten hat? Mit dieser Frage müssen sich die Ermittler beschäftigen.

Keine einheitlichen Regeln

Anders ist das beim Hitlergruß oder dem Hakenkreuz und Grußformeln wie „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“. Da sei die Einordnung unter den Paragraf 86a „ganz unstreitig“. Der strafrechtliche Umgang mit anderen Erkennungszeichen oder Symbolen allerdings sei nicht „einheitlich geregelt“. Sonja Frodermann: „Diese Frage obliegt vielmehr der Auslegung durch die Rechtsprechung.“