
Bauleiter Oliver Möschter und Projektleiter Alexander Bech sind bei der Firma Teusberg für den Erweiterungsbau des Heinrich-Heine-Gymnasiums verantwortlich. Im Boden des Baufeldes fanden sie alte Keller der Zechenkolonie. © Uwe von Schirp
Keller freigelegt: Wo Dortmunder Schüler kickten, lagerte früher Eingemachtes
Luftbilder zeigen Stadtenwicklung
Gründungsarbeiten für den Erweiterungsbau eines Gymnasiums im Dortmunder Westen: Keller der Bergarbeitersiedlung treten zutage – ein Vorort im Wandel. Luftbilder geben weiteren Aufschluss.
Auf der roten Asche liegen gusseiserne Abflussrohre, Stücke nur. Daneben verrostete Eisenprofile. Altmetall aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Nun säuberlich getrennt. Der Bauschutt ist längst abgefahren. Verdichteter Naturstein-Schotter liegt plan daneben in der rechtwinkligen Baugrube: der Untergrund für eine Bodenplatte aus Beton.
Als die Bagger auf dem ehemaligen Sportplatz an der Dörwerstraße in Dortmund-Nette die rote Asche abgetragen hatten, stießen sie auf ehemalige Kellerräume der „Alten Kolonie“. Die Bergarbeitersiedlung gibt es zu großen Teilen immer noch. Eine Reihe Häuser mussten in den 70er-Jahren Platz machen für den Sportplatz des Schulzentrums Nette.
Jetzt ist auch der Tennenplatz Geschichte. Auf seinem östlichen Teil entsteht der erste von zwei Erweiterungsbauten des Heinrich-Heine-Gymnasiums. „Das war schon eine Überraschung“, sagt Uta Afflerbach, Projektleiterin der städtischen Immobilienwirtschaft für den Neubau, beim Ortstermin mit unserer Redaktion. „Aber im Ruhrgebiet muss man mit allem rechnen.“

Rostige Eisenprofile und ein gusseisernes Abfallrohr zeugen noch von dem Kellerfund unter dem ehemaligen Sportplatz. © Uwe von Schirp
Dazu gehörte offenbar in den 70er-Jahren auch die Praxis, alte Baubestände nur bis zum Erdgeschoss abzureißen und die Keller mit Bauschutt und Boden zu verfüllen. „Eine übliche Vorgehensweise, heute wird der Bauschutt sortenrein abgefahren.“
Luftbilder dokumentieren Entwicklung von Nette
Luftbilder aus dem Archiv des Regionalverbandes Ruhr (RVR) zeigen den Bereich nördlich der Dörwerstraße in Nette in den 50er- und 60er-Jahren. Sie dokumentieren die städtebauliche Entwicklung des Bereichs rund um das heutige Schulzentrum.

1952: oben links die alte Kolonie. An der Dörwerstraße (unteres Drittel von links nach rechts) stehen noch drei Bauernhöfe auf dem Gelände des späteren Schulzentrums. Wo sich heute Wohnsiedlungen befinden, waren Felder. © RVR / Hansa Luftbild 1952
Auf allen drei Bildern verbinden die Karl-Schurz-Straße, die Wodanstraße und die Paul-Gerhard-Straße die Donarstraße im Norden, die Waterloostraße mit der Dörwerstraße im Süden. Allein die Paul-Gerhard-Straße im Westen des ehemaligen Sportplatzes gibt es heute noch in der Form. Sie ist zur Dörwerstraße hin allerdings eine Sackgasse. Die Wodanstraße endet an der Waterloostraße. Die Paul-Gerhard-Straße führt bis zur Neumarkstraße. Ihr südlicher Stumpf ist heute die Zufahrt zum Lehrerparkplatz des Heinrich-Heine-Gymnasiums.

1963: Die Bauernhöfe sind abgerissen. Auf ihrem Areal steht bereits die zwischenzeitliche Hauptschule, Nachkriegssiedlungen sind im Norden entstanden. © RVR / Militärgeographisches Amt 1963-68
Entlang der drei Nord-Süd-Verbindungen stehen auch 1969 gut erkennbar Häuser der Zechensiedlung Adolf von Hansemann. Darum vermutet die städtische Immobilienwirtschaft weitere Keller unter dem ehemaligen Tennenplatz und auch unter dem angrenzenden Mehrzweckplatz. Auf dem Ascheplatz soll in den kommenden Jahren noch ein Erweiterungsbau für die Sekundarstufe II entstehen, auf dem Gummiplatz eine Dreifachsporthalle.

Westlich der Hauptschule (Bildmitte) führen Pau-Gerhard-Straße, Waterloostraße und Karl-Schurz-Straße von Norden bis zur Dörwerstraße. Südlich der Dörwerstraße ist bereits die Butzstraße erkennbar - mit den Baufeldern der heutigen Großwohnsiedlung. © RVR / Hansa Luftbild 1969
Die Bauarbeiter seien auf massives Ziegelmauerwerk gestoßen, sagt Alexander Bech. Er ist Projektleiter der Firma Kleusberg, die den HHG-Neubau in Modulbauweise errichtet. „Die meisten Mauern konnte der Bagger nicht einfach umkippen“, erklärt der Architekt. Abbruchgerätschaften kamen zum Einsatz.
Drei Wochen Zeitverzögerung
„Wegen der Keller mussten wir tiefer gründen“, sagt Bech. Anschließend verfüllten die Arbeiter die ausgekofferte Grube. „Dadurch haben wir einen Zeitverzug von fast drei Wochen.“ In den kommenden Tagen gieße seine Firma die Bodenplatte. Die Einschalungen sind bereits fertig.

Drei Wochen verzögerten sich die Gründungsarbeiten für den Neubau. Nun kann die Bodenplatte gegossen werden. © Uwe von Schirp
Anschließend setzen die Arbeiter ein Trafohaus aus Beton-Fertigbau auf die Bodenplatte. Es übernimmt später die Energieversorgung für beide Erweiterungsbauten und die neue Sporthalle.
In der Woche ab dem 18. September hebt ein Autokran die Modulteile an ihren vorgesehenen Platz. Arbeiter umbauen das Trafohaus. In nur acht Tagen wird der Rohbau stehen. Dann erfolgt der Innenausbau. Anfang 2023 soll der Erweiterungsbau bezugsreif sein.
Die städtebauliche Geschichte der Dörwerstraße schreibt ein neues Kapitel – am Rande der Alten Kolonie, wo vor 70 Jahren noch drei Bauernhöfe standen. Dann baute die Stadt die Hauptschule, später die Albert-Schweitzer-Realschule und zuletzt das HHG.
Geboren 1964. Dortmunder. Interessiert an Politik, Sport, Kultur, Lokalgeschichte. Nach Wanderjahren verwurzelt im Nordwesten. Schätzt die Menschen, ihre Geschichten und ihre klare Sprache. Erreichbar unter uwe.von-schirp@ruhrnachrichten.de.
