Es waren wenige Sätze auf dem Facebook-Account von Dimitrios Kalpakidis, die durchaus Wirkung in der Dortmunder Gastronomie-Welt gezeigt haben. Der Betreiber der Kneipe „Perpendikel“ am Heiligen Weg schreibt am Freitag (12.5.): „Es ist die Zeit gekommen, Tschüss zu sagen. Das bedeutet: Das Perpendikel ist abzugeben.“
Nach sechs Jahren als Inhaber der Eckkneipe mit langer Geschichte im Viertel sei der Punkt erreicht, an dem ihm die Energie ausgehe, weiter für seinen „Traum“ zu kämpfen, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Kalpakidis ist nicht freiwillig an diesen Punkt gekommen.
Lärmdiskussion mit Nachbarn
Hintergrund ist eine schon länger andauernde Debatte mit Teilen der Nachbarschaft der Kneipe. In der Zeit der Corona-Einschränkungen und vor allem der Lockerungen danach kochte der Streit hoch.
Es geht um Lautstärke und Gäste, die sich auf der Straße aufhalten. In der Vergangenheit kam es zu Polizeieinsätzen wegen Ruhestörung.
Anfang Mai bekam Kalpakidis nach eigener Aussage ein Schreiben des Ordnungsamts. Es enthielt für ihn schlechte Nachrichten. Hierin seien alle Einsätze im zurückliegenden Jahr aufgerechnet und die Lage neu bewertet worden.
32-mal, so steht es laut Kalpakidis in dem Papier, sei die Polizei in zwölf Monaten an die Adresse gerufen worden. Die Konsequenz: Für das „Perpendikel“ gilt bis auf Weiteres eine Sperrzeit von 23 bis 0 Uhr. Eine Stellungnahme des Ordnungsamts zur Sache stand am Freitagnachmittag noch aus.
Ärger schon zu Corona-Zeiten
„Es gab eine Familie, die zeitweise über der Kneipe gewohnt hat, die über mehrere Wochenenden immer wieder die Polizei gerufen hat, die dann aber keine Ruhestörung festgestellt hat“, sagt der Gastwirt. Zudem gebe es weitere „einzelne“ Personen, die sich am Kneipenbetrieb stören.

Für die späteren Abendstunden ist das „Perpendikel“ eine von wenigen Adressen in City-Nähe – und deshalb entsprechend beliebt. Es gilt zudem als „Fußballkneipe“ – hier laufen alle BVB-Spiele, aber auch die Champions League ab 21 Uhr.
Für den Gastwirt haben die neuen Öffnungszeiten eigener Aussage deshalb massive Folgen. „Das lohnt sich nicht“, sagt er und nennt als Beispiel die BVB-Partie am Samstagabend. Dieses endet gegen 20.30 Uhr. Vor 21/21.30 Uhr wird also kaum ein Fan eine Kneipe erreicht haben.
Solidarität von Gästen
„Sollen die dann für ein Bier noch kommen? Das funktioniert doch nicht. Dann bleiben die Leute weg und kommen nicht wieder“, sagt Kalpakidis. Geöffnet bleibt die Kneipe vorerst weiterhin. Die 23-Uhr-Grenze muss aber eingehalten werden – sonst drohen weitere Strafen.
Seine Ankündigung, den Laden zu verkaufen, bei vielen Besucherinnen und Besuchern erschrockene Reaktionen aus. Viele bekunden ihre Solidarität mit Gastwirt ausgesprochen. Viele äußern ihren Ärger, dass es so weit kommen musste.
Fassungslosigkeit auch in der Kneipe am Tag der Bekanntgabe. „Es kann nicht sein, dass Einzelne so einen Einfluss auf das Leben in einer Großstadt haben“, sagt ein Gast bei einem Wasser am späten Nachmittag.
Kalpakidis plant, Einspruch gegen die Vorgabe des Ordnungsamts einlegen. Zugleich sucht er einen Käufer für das „Perpendikel“. Für diesen, so betont er, würde die eingeschränkte Öffnungszeit nicht gelten.
„Sehr ans Herz gewachsen“
„Das tut schon weh. Denn das ist mir hier sehr ans Herz gewachsen, es sind viele Freundschaften entstanden“, sagt Kalpakidis, der auch im Dortmunder Amateurfußball gut vernetzt ist.
An einer Wand in der in dunklem Holz gehaltenen Eckkneipe ist eine Ansicht des Hauses an der Ecke Heiliger Weg/Kronprinzenstraße gezeichnet. Sie stammt zeigt die Gaststätte „Zum Rheinischen Bahnhof“ im Jahr 1871.
Seit über 150 Jahren gibt es an dieser Stelle also Gastronomie. Bald vielleicht nicht mehr?
Polizeieinsatz an Innenstadt-Kneipe: „Wo sollen die Leute denn um diese Zeit hin?“
Anzeige wegen Ruhestörung: Polizei löst Menge von 70 Personen auf
Verwirrung über Google-Einträge zu Öffnungszeiten – „Müsste ich ändern lassen“, sagt der Wirt