
Die Müllberge stapelten sich in Scharnhorst vor allem vor den größeren Wohnanlagen - oft war es eben nicht nur Sperrmüll. Anwohner Yüksel Keskin kam am Tag nach der Sammlung kaum zu seiner Haustür. © Oliver Schaper (Archiv)
Sperrmüllsammlung: Kosten laufen schon kurz nach dem Start völlig aus dem Ruder
EDG legt Rechnung vor
Wer trägt die Kosten für die Sperrmüllsammlung? Die EDG hat nun ihre Rechnung für die erste Sammelaktion in Scharnhorst vorgelegt. Das Ergebnis ist alarmierend – und wirft neue Fragen auf.
Jörg Stüdemann dürfte nicht schlecht gestaunt haben. Wenige Tage nach der ersten und stellenweise chaotischen Sperrmüllsammlung im Stadtbezirk Scharnhorst (Samstag,13.8.) hat die EDG dem Stadtkämmerer nun die erste Rechnung präsentiert.
Demnach sind die Kosten noch höher als zunächst erwartet. 200.000 Euro hatte der Rat der Stadt auf Vorstoß von Grünen und CDU der Entsorgung Dortmund zur Verfügung gestellt – für eine Sperrmüllsammlung in allen zwölf Dortmunder Stadtbezirken.
Nun zeigt sich: Das Geld ist bereits jetzt nach der Auftakt-Sammlung in Scharnhorst vollständig verbraucht. Mehr noch: Laut EDG-Rechnung, die der Redaktion vorliegt, ist das Budget sogar schon überzogen. Und schon am Samstag (27.8.) steht der nächste Stadtbezirk an: Brackel. Es ist erst der Zweite.
Nach minutiöser Auflistung aller Kosten kommt Dortmunds Entsorger allein für die erste Sammelaktion in Scharnhorst auf eine Gesamtsumme von 232.942 Euro, Mehrwertsteuer inklusive.
Der Rechnung zufolge sind die höchsten Kosten im Bereich „Betrieb; Administration und Logistik“ entstanden: 91.540 Euro. Allein die verschlingen bereits fast die Hälfte des gesamten Geldes.
Sperrmüllabfuhr soll weiterlaufen: Kämmerer erwartet neues Modell
An zweiter Stelle stehen 67.000 Euro für die Entsorgung der 500 Tonnen Sperrmüll - Futter für die Müllverbrennung. Als drittgrößten Ausgabeposten führt die EDG 17.675 Euro für den Vertrieb (etwa von Info-Broschüren) im Vorfeld der Sammelaktion an. Zu ihrer Kostenliste wollte sich die EDG auf Anfrage nicht äußern.

Stadtkämmerer Jörg Stüdemann dürfte nicht schlecht gestaunt haben, als die EDG die genaue Rechnung für die Sperrmüllsammlung vorlegte. © Gaby Kolle
Stadt-Kämmerer Stüdemann schon. „Die Rechnung ist eingegangen“, bestätigt Stüdemann. Die geplante Sperrmüllsammlung im Stadtbezirk Brackel werde aber wie angekündigt umgesetzt.
Und danach? Komplett eingestampft werden soll die Dortmund-weite Sammlung nicht, wie Stüdemann andeutete. Offen ist allerdings, wie es weitergehen soll.
Ein Chaos wie in einigen Straßenzügen in Scharnhorst, bei der Bürger alle möglichen Gegenstände vor die Haustüren gestellt hatten, soll künftig vermieden werden. „Aber irgendeine Form der Entsorgung wird auch in den anderen Stadtbezirken stattfinden“, sagt Stüdemann.
Nur welche? Nach Abschluss der zweiten Sammlung in Brackel erwarte man dazu Vorschläge vonseiten der EDG-Geschäftsführung.
Wofür genau waren die 200.000 Euro eigentlich gedacht?
Mit Blick auf die Kostenrechnung der EDG werde man die „einzelnen Positionen sehr genau prüfen“, kündigt der Stadtkämmerer an. Für ihn stelle sich die Frage, ob wirklich alle Kostenblöcke dort hineingehörten. Er habe den Ratsbeschluss, der EDG 200.000 Euro zur Verfügung zu stellen, etwas anders verstanden.
„Ich bin davon ausgegangen, dass die Summe lediglich den Mehraufwand abdecken sollte, der durch die Beseitigung der Gegenstände anfällt, die nicht zum Sperrmüll gehören“, erläutert Stüdemann.
Die Kosten für Transport und Entsorgung des eigentlichen Sperrmülls dagegen sollten aus dem Gebührenhaushalt der EDG finanziert werden. „Mein Verständnis war, dass die 200.000 Euro quasi on top dazukommen“, argumentiert Dortmunds Stadtkämmerer.
CDU-Fraktionschef Jendrik Suck mochte sich zur Kostenrechnung der EDG im Detail nicht äußern. „Natürlich werden auch wir uns das genau ansehen“, kommentiert Suck.
Die Frage, welche Summe sich für die Gesamtstadt ergebe und wie der „Modellversuch Sperrmüllsammlung“ finanziert werde, müsse bei den Beratungen für den Haushalt 2023 beantwortet werden.
CDU-Fraktionschef fragt nach den zehn weiteren Stadtbezirken
Wie die Sperrmüllsammlung weiterlaufen solle, sei eine „politische Diskussion“, die in der Ratssitzung am Donnerstag (22.9.) geführt werde.
Die entscheidende Frage sei, „ob wir nach Scharnhorst und Brackel nicht in der Pflicht stehen, die Sammlung im Sinne der Gerechtigkeit auch in den weiteren zehn Stadtbezirken anzubieten“, formuliert Suck. Frei nach dem Motto: „Wir räumen die Stadt einmal von vorne bis hinten auf und unterhalten uns dann über ein neues Modell“, so der CDU-Fraktionschef.
Auch die Grünen wollen sich im Vorfeld der Ratssitzung die Karten legen. „Wir hatten die Verwaltung extra beauftragt, vor Beginn der Sammlung ein Konzept mit Kostenschätzungen vorzulegen“, sagt Fraktionssprecher Ulrich Langhorst mit Blick auf die aktuelle Rechnung der EDG.
SPD bringt eine Gratis-Abholung für jeden Haushalt ins Spiel
„Stattdessen ist die EDG ohne Beteiligung der Politik gestartet“, sagt Langhorst. Nach den bisherigen Erfahrungen ergebe es Sinn, „wenn wir nach der Sammlung in Brackel erstmal in uns gehen und alternative Modelle ausloten“, findet der Grünen-Sprecher. Zur Not, so Langhorst, werde „uns aber gar nichts anderes übrig bleiben, als finanziell noch einmal draufzusatteln“.
Die SPD, von Beginn an ein entschiedener Gegner des jetzigen Sammel-Modells, hat bereits einen Vorschlag in die Runde geworfen: Anstelle einer Sperrmüllsammlung, bei der die Bürger stadtbezirksweit ihre Gegenstände vor den Häusern lagern, schlägt Fraktionschefin Carla Neumann-Lieven eine individuelle Sperrmüll-Sammlung an.
Kernpunkt: Jeder Dortmunder Haushalt soll die Möglichkeit bekommen, seinen Sperrmüll einmal jährlich von der EDG gratis abholen zu lassen.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.