Die Löcher in den Hausfassaden der Siepmannstraße sind schon länger da: Das Foto konnte unser Fotograf an einem der Häuser in der Siedlung aufnehmen. © Helmut Kaczmarek

Immobilien

Wie ein Schweizer Käse: Vögel hacken Löcher in Wohnhäuser

Über diesen Besuch freut sich kein Hausbesitzer: Spechte knabbern die renovierte Fassade eines Hauses in Dortmund an. Mehrere Löcher haben sie schon hineingehackt. Das Problem ist kein Einzelfall.

Kirchlinde

, 05.11.2021 / Lesedauer: 4 min

Sie liegen ganz nah an der Hausecke und wirken wie an einer Perlenschnur aufgezogen: Zehn kreisrunde, etwas größere Löcher und zwei kleinere hat die Fassade des fünfstöckigen Mehrfamilienhauses in der Siepmannstraße Nummer 53 mittlerweile. Ein Haus, wie das Wohnungsunternehmen LEG viele in Dortmund-Kirchlinde hat.

Und eines von mehreren, an denen Vögel in den vergangenen Monaten ganze Arbeit geleistet haben: Spechte, großer Wahrscheinlichkeit nach Buntspechte, haben sich Höhlen in die Fassade gehackt. Den Rand der Wand von Haus 53 haben sie zu einem kleinen Schweizer Käse gemacht.

LEG: Mehrere Häuser der Siedlung sind betroffen

Das Problem ist dem Immobilienunternehmen LEG bekannt, wie es auf Anfrage heißt – und es betrifft lange nicht nur das eine Haus. „Diese Löcher befinden sich in dieser und auch in anderen unserer Fassaden in der Siepmannsiedlung“, sagt Pressesprecher Mischa Lenz.

Die Fassaden der Häuser sind in den vergangenen Jahren alle renoviert worden. Sie haben nicht nur einen neuen Anstrich bekommen, sondern wurden auch mit einem sogenannten Wärmedämmverbundsystem versehen, durch das die Mieter Energie sparen können.

Aus der Ferne nicht ganz leicht zu erkennen: Ein Specht an einem Dortmunder Haus, in das Vögel schon mehrere Löcher gehackt haben. © Natascha Jaschinski

Dort nun Löcher zu haben, ist also besonders ärgerlich für die LEG. Die Krux aber ist: Die energetische Sanierung ist wohl überhaupt erst der Grund, warum die Spechte so auf Häuser wie die in der Siepmannstraße fliegen. „Buntspechte und ihre Verwandten mögen besonders die Fassaden mit Wärmedämmverbundsystem“, so Lenz von der LEG. Die Schäden seinen alle erst nach der Sanierung aufgetreten.

Der Specht in der Großstadt: ein Fassadenhacker

Warum das so ist, erklärt der Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Bayern in seinem Internetauftritt ausführlich: Eigentlich bauen sich Buntspechte in alten toten Bäumen ihre Höhlen, suchen dort nach Nahrung oder trommeln, um einen Partner zu finden. In Städten allerdings weichen sie mangels Alternative wohl auch gern auf Fassaden aus.

Gerade verputzte, wärmegedämmte Oberflächen eigneten sich besonders als Baum-Ersatz: Die raue Struktur gleiche der Baumrinde. Dämmmaterial habe die gleiche Beschaffenheit wie weiches, morsches Holz. Auch der hohle Klang, der entsteht, wenn der Schnabel in das Wärmedämmverbundsystem hackt, ähnele dem von Faulholz.

Hinzu komme: In so eine Dämmung lässt sich eine Schlafhöhle viel einfacher hineinhacken als in Holz. Und so werde der „Trommler des Waldes“ zu einem „Fassadenhacker“, wie es beim LBV heißt.

Spechtlöcher betreffen viele Hauseigentümer

Auch die LEG sagt: Das Ganze sei ein Phänomen, das die „gesamte Immobilienbranche“ beschäftige. Es trifft Privateigentümer und andere große Wohnungsunternehmen. Das bestätigt eine Anfrage bei Vonovia, einem Konzern, der viele Immobilien in Dortmund unterhält. Das Thema sei bekannt, schreibt die Pressestelle. Bisher allerdings sei man nur „in Einzelfällen“ betroffen. Objektbetreuer würden bei ihren wöchentlichen Kontrollen sehr früh auf Schäden aufmerksam und meldeten diese. „Auch bei wärmegedämmten Objekten erfolgt dann eine Reparatur“, heißt es.

Ein Ärgernis für Hausbesitzer: Mehrere Löcher sind in der Fassade dieses Dortmunder LEG-Hauses (rechte Seite). Spechte haben sie reingehackt. © Helmut Kaczmarek

Die LEG wird die Löcher in der Siepmannsiedlung ebenfalls beseitigen. Das ist jedoch „teuer“ – und überdies gar nicht so einfach. „Im Umgang mit den Spechtlöchern sind wir auch an Bestimmungen/Auflagen des Tierschutzes gebunden“, sagt Lenz. So dürften die Löcher nur verschlossen werden, wenn sichergestellt sei, dass sie unbewohnt sind. Ganz besonders vorsichtig müsse man im Frühjahr sein, weil die Tiere dann brüten.

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Der Herbst/Winter eigne sich gut, die Schäden zu beheben. Da ein Hubwagen benötigt werde, bündele man Aufträge. In der Siepmannsiedlung gehe man aktuell von fünf Häusern aus, die Löcher haben. Man werde aber noch mal alle Häuser begutachten.

Die Mieter haben keine Nachteile

Mieter hätten sich bisher kaum über die Löcher beschwert. Die Schäden hätten auch keine negativen Folgen für die Hausbewohner. Die Mieter, mit denen wir gesprochen haben, wollen nicht mal ein Klopfen gehört haben. Kosten für die Reparatur müssten die Mieter nicht tragen, so die LEG.

Die Löcher zukünftig zu verhindern, sei schwierig, schreibt das Immobilienunternehmen. Effektive Maßnahmen gebe es nicht. Man versuche in Zukunft, den Vögeln Alternativen zu bieten, indem man Nistplätze in Bäumen aufhänge. Eine Methode, die der LBV allerdings für wenig erfolgversprechend hält, denn: Der Specht wolle sein Nest selbst bauen.

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