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Sparkasse Dortmund kündigt über 11.000 Sparverträge: Das können Betroffene tun
Finanzen
Jetzt drängt auch die Sparkasse Dortmund die treuesten Kunden aus attraktiven Sparverträgen. Das Vorgehen des Geldinstituts ist immer gleich.
Das Werbefaltblatt der Sparkasse Dortmund hatte in den 90er-Jahren große Zusagen gemacht: attraktive Zinsen, stattliche Prämien und kurzfristiger Zugriff auf das Guthaben – und obendrauf das Versprechen: Sparen ohne zeitliche Festlegung.
Darauf hatte Reiner Dieckerhoff (77) vertraut, als er in den 90er-Jahren bei diesem Angebot zugriff: „Prämiensparen flexibel“ nennt sich dieser Sparvertrag mit langer Laufzeit und bis dato lukrativem Bonussystem. Je länger man bei der Stange blieb, umso lukrativer war es für den Kunden. Die Prämien begannen im ersten Jahr bei 0 Prozent, kletterten im zehnten Jahr auf 25 und ab dem 15. Jahr auf 50 Prozent der jährlichen Sparsumme. Zahlen die Kunden beispielsweise 1200 Euro im 15. Jahr ein, steuert die Sparkasse 600 Euro dazu.
Ankündigung per Telefon
Der Sparvertrag sollte zu Dieckerhoffs Altersversorgung beitragen. Doch am Montag (21.10.) kam der Anruf von seiner Sparkassenberaterin mit der Ankündigung, man werde den Vertrag kündigen. Die Kündigung werde ihm im November schriftlich zugehen.

Reiner Dieckerhoffs Prämiensparvertrag gehört zu denen, denen die Sparkasse Dortmund kündigen will. Der Rentner würde viel Geld verlieren, sagt er. © Schaper
Der Rentner ist mit dieser Ankündigung nicht allein. Insgesamt kündigt die Sparkasse Dortmund rund 11.000 Prämiensparverträge zum 28. Februar. Die Betroffenen zählen zu den treuesten Kunden. „Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen“, teilt die Sparkasse auf Anfrage schriftlich mit – und argumentiert mit dem lang anhaltenden Zinsgemetzel.
Urteil des Bundesgerichtshofs
Die Sparkasse Dortmund habe ihre Kunden über viele Jahre hinweg vor den Belastungen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank geschützt. „Jedoch haben die jüngsten Entscheidungen der EZB den Druck auf die Sparkassen und Banken weiter verschärft“, so die Stellungnahme der Sparkasse Dortmund.
Aus Sicht der Sparkasse ist das Prämienversprechen ein teures; denn der Kapitalmarkt gibt es nicht mehr her, solche Gewinne zu erwirtschaften. Der Bundesgerichtshof hat am 14. Mai 2019 entschieden, dass Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe – beim Prämiensparen flexibel“ also nach 15 Jahren – Ratensparverträge ohne festgeschriebene Vertragslaufzeit ordentlich kündigen dürfen.
Aus dem Vertrag gedrängt
Diesen Richterspruch nutzt nun auch die Sparkasse Dortmund. Man kündige nur die Verträge, auf die die Bedingungen zuträfen, versichert Sparkassensprecherin Sophie Donat. Betroffen seien nur die unbefristeten Verträge. Ab 2001 habe man alle Verträge befristet.
Reiner Dieckerhoff fühlt sich aus seinem Vertrag gedrängt. „Ich habe einen Vertrag mit der Sparkasse bis 2024 und würde eine ganze Menge Geld verlieren.“ Ebenso geht es einem weiteren Sparkassenkunden, der früher als Sparkassenmitarbeiter selbst diese Sparverträge verkauft hat – „als Alternative zur Lebens- und Rentenversicherung“.
Auch bei der Dortmunder Verbraucherberatung hätten sich Sparkassenkunden gemeldet, so Leiterin Helene Schulte-Bories: „Da sind einige richtig verärgert. Sie sagen, sie hätten richtig Geld verloren.“
Helene Schulte-Bories empfiehlt: „Jeder sollte überlegen, ob er eine Kündigung gegenprüfen lässt. Man muss wirklich jeden Einzelfall prüfen. Das kann jeder Anwalt machen.“ Auch die Verbraucherberatung, allerdings gegen ein Entgelt.
Immer noch im Angebot
Besitzer alter Prämiensparverträge, die Zweifel haben, dass die Zinsen immer korrekt berechnet wurden, können ihren Vertrag auch neu berechnen lassen. Die Verbraucherberatung gibt Betroffenen im Netz Tipps zum weiteren Vorgehen, einschließlich eines Musterbriefs.
Prämienverträge mit langen Laufzeiten als Köder scheinen auch weiter zu den Sparkassen-Bestsellern zu gehören. Die Sparkasse Dortmund bietet sie immer noch an, allerdings nur noch mit einer Laufzeit von 18 Jahren und mit 20 Prozent Höchstprämie im letzten Jahr. „Ihre Ausdauer wird belohnt“, heißt es heute in der Werbung.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
