Johanna Wiening, Mitarbeiterin des Hauses, machte Erfahrungen mit einem plötzlichen Besuch eines Telekom-Mitarbeiters. © Privat
Haustürwerbung
Telekom-Mitarbeiter in Dortmund unterwegs? „Sehr gut ausgebildete Betrüger“
Sie klingeln Sturm, erzählen etwas von Leitungsarbeiten - und drehen dann neue Verträge an. Zwei Dortmunderinnen haben Erfahrungen mit angeblichen Telekom-Mitarbeitern gemacht.
Immer wieder wird vor Betrügern an der Haustür gewarnt. Ob Postboten, Polizisten oder Dienstleister - Trickbetrüger kommen mit immer neuen Maschen. Zwei Dortmunderinnen machten nun Erfahrungen mit angeblichen Telekom-Mitarbeitern, die ihnen neue Verträge aufschwatzen wollten.
Bei Johanna Wiening, Mitarbeiterin unseres Verlages, klingelte es am Montagmorgen plötzlich. „Das erste Klingeln hab ich noch ignoriert, weil ich im Stress war. Aber plötzlich klingelte jemand bei uns Sturm“, erzählt die 24-Jährige. Sie und ihre Mitbewohnerin hätten die Tür geöffnet - und da stand ein Mann.
„Er hat gesagt, dass er komme, um die Leitungen zu verbessern“, sagt die Journalistin. Mehrere Bewohner in ihrem Mehrfamilienhaus im Klinikviertel hätten sich beschwert, so der Mann. „Er fragte dann, ob wir uns auch beschwert hätten. Haben wir aber nicht.“ Bis zu dem Zeitpunkt sagte er nicht, dass er von der Telekom komme. Nur der Mitbewohnerin sei die Telekom-Jacke aufgefallen. „Man hätte es also merken können“, so Wiening.
Der Mann sagte, dass vielleicht der Router ausgetauscht werden müsse und ob er sich den mal angucken könne. „Irgendwann hab ich dann gecheckt, dass der von der Telekom ist, als der uns einen Vertrag anbieten wollte“, so die 24-Jährige. Sie und ihre beiden Mitbewohnerinnen sind eigentlich Kundinnen eines anderen Anbieters. Er bot ihnen dann einen Vertragswechsel an. Wiening ließ sich darauf ein - und hatte am Ende wohl Glück: „Es ändert sich preislich für uns nichts.“
Vertrag war plötzlich unterschrieben
Anders lief es allerdings bei einer 72-jährigen Dortmunderin, die lieber anonym bleiben möchte. Auch sie wohnt in einem Mehrfamilienhaus, aber in Hörde. Am Dienstagmorgen habe es plötzlich bei ihr geklingelt. Zwei Männer standen im Hausflur, die erklärten, dass sie von der Telekom kämen: „Sie sagten, dass es in nächster Zeit Arbeiten in der Straße für eine bessere Verbindung geben werde.“ Sie habe sich das alles angehört. Ein Vertragsangebot sei ihr nicht unterbreitet worden.
„Wir haben öfter Leute hier, die einem was andrehen wollen an der Tür. Aber ich wimmle die immer direkt ab, man liest ja immer wieder von Betrügern“, sagt die Rentnerin. Hierbei habe sie eine Ausnahme gemacht: „Die beiden wirkten sehr sympathisch“. Ihre Wohnung betreten wollten sie nicht. „Sie meinten, dass sie mich nur über die Arbeiten informieren wollten.“
Am Ende sollte sie unterschreiben, dass das Informationsgespräch stattgefunden habe - ein Fehler. Ihr sei ein Tablet mit einer Blanko-Seite gegeben worden, auf der sie unterschrieb. Wenige Stunden später folgte noch ein Anruf, ob alles in Ordnung gewesen sei. Abends hatte die Dortmunderin dann plötzlich einen neuen Vertrag der Telekom im E-Mail-Postfach - unterschrieben mit ihrer Unterschrift. Von einem Vertrag sei nie die Rede gewesen.
„Das sind sehr gut ausgebildete betrügerische Werber“, ist die 72-Jährige sich sicher. Sie könnten sich genau auf ihre Gesprächspartner einlassen und diese so angeln. Auch Johanna Wiening bestätigt dies: „Was er gesagt hat, klang auswendig gelernt. Er hat einen perfekten Text runtergerattert.“ Sympathisch fand sie den aber nicht: „Der Typ war sehr nervig.“
Beide Dortmunderinnen sagen aber, dass es sich hierbei nicht direkt um Telekom-Mitarbeiter handelte. Die Verträge seien über den Dienstleister Ranger Marketing abgewickelt. Die Telekom bestätigt auf Anfrage, dass es eine Zusammenarbeit gibt. „Eine Rückmeldung von Ranger Marketing liegt mir nicht vor, ob aktuell Mitarbeiter im Auftrag der Telekom in Dortmund eingesetzt sind“, so Katja Werz von der Telekom. Grundsätzlich gebe es aber immer wieder Betrüger, die sich als Telekom-Mitarbeiter ausgeben.
Gibt man Ranger Marketing und Telekom in eine Suchmaschine ein, kommen mehr als 1,7 Millionen Treffer. Vor allem Kritik an dem Verhalten von Ranger-Mitarbeitern ist hierbei zu lesen, teilweise sogar Warnungen. „Wie kann die Telekom nach jahrelangen Beschwerden noch mit denen zusammenarbeiten?“, fragt sich die 72-Jährige.
Kann Verträge nicht vergleichen
Laut Telekom seien die Mitarbeiter angehalten, Telekom-Kleidung und einen Lichtbildausweis, der dauerhaft und sichtbar in Brusthöhe angebracht ist, zu tragen. Wiening fotografierte diesen bei ihrem Berater. „Das Beratungsgespräch findet grundsätzlich immer an der Haustür statt“, so Werz weiter, schon alleine aus Pandemie-Gründen.
Die Verbraucherzentrale NRW rät grundsätzlich davon ab, an der Haustür etwas zu unterschreiben. Hierbei habe man nämlich nicht die Möglichkeit, Verträge zu vergleichen. „Man ist unvorbereitet und dadurch empfänglicher für die Anpreisungen des Vertreters“, so die Verbraucherzentrale.
Besonders Menschen mit sprachlichen Barrieren würden häufig Opfer dieser Verkaufsmasche werden.
Doch ob nun Masche oder nicht - die Verträge sind wegen der Unterschrift gültig. Aber: Es besteht ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die 72-jährige Dortmunderin, die lieber anonym bleiben will, machte hiervon auch direkt Gebrauch. Bereits Dienstagabend habe sie eine E-Mail an die Telekom geschrieben. Am nächsten Tag ging sie mit ihrer Beschwerde auch in die Telekom-Filiale in Hörde. Am Mittwochabend kam die Bestätigung, dass der Vertrag widerrufen wurde.
Für die Rentnerin war dies eine Lehre: „Ich bin schon vorsichtig und kann sowas abweisen. Aber in diesem Fall ist das ganz daneben gegangen.“
Vielen Dank für Ihr Interesse an einem Artikel unseres Premium-Angebots. Bitte registrieren Sie sich kurz kostenfrei, um ihn vollständig lesen zu können.
Jetzt kostenfrei registrieren
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung
Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung durch Klick auf den Link in der E-Mail, um weiterlesen zu können.
Prüfen Sie ggf. auch Ihren Spam-Ordner.
Einfach Zugang freischalten und weiterlesen
Werden auch Sie RN+ Mitglied!
Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.