
Dr. Oliver Heine mit dem Messgerät, das die Corona-Antikörper im Blut bestimmen kann. © Jörg Bauerfeld
Corona: „Wenn wir jetzt einen Fehler machen, wird es im Herbst richtig knallen“
Geschützt nach Booster?
Ärzte fordern von der Politik Klarheit, wie es im Herbst mit dem Impfen weitergehen soll. Doch wie sieht es derzeit mit dem Schutz nach den Booster-Impfungen aus? Ein Selbstversuch zeigt es.
Wenn sich einer auskennt in Sachen Corona-Impfungen, dann ist es Dr. Oliver Heine.
Der Mediziner hat zusammen mit Dr. Carsten Späth eine Praxis in Aplerbeck und hat seit Beginn der Corona-Pandemie immer wieder mit großen Impf- und Testaktionen auf sich aufmerksam gemacht.
Die Zahlen steigen wieder
Derzeit ist das Coronavirus irgendwie aus den Köpfen der meisten Menschen verschwunden. Die meisten leben so wie vor der Pandemie. Dabei steigt die Inzidenz in Deutschland wieder – und das schon im Frühsommer. Das Robert-Koch-Institut hat für den 14. Juni einen Wert von 447,3 angegeben. Am Vortag lag dieser Wert noch bei 318,7.

Ein Piks in den Finger und schon können die Messungen losgehen. © Jörg Bauerfeld
„Wenn wir auf die Zahlen schauen, dann ist Corona natürlich noch da“, sagt Oliver Heine. Im Herbst 2020 sei man mit solchen Werten nicht mehr von A nach B gekommen. Natürlich seien die Verläufe milder. „Aber es gibt ja nicht nur milde Verläufe.“ Gerade auch bei der neuen Corona-Variante. Und die Erkrankten seien nicht nur Menschen, die keinen kompletten Impfschutz hätten.
„Viele glauben, sie sind geboostert, haben dann vielleicht noch eine Infektion gut überstanden und sind nun auch für den Herbst und Winter geschützt. Das ist nicht so“, erklärt Oliver Heine. Für ihn ist eine weitere Impfung vor dem Herbst unumgänglich. „Es ist keine Panikmache, um Gotteswillen. Aber ich glaube, wenn wir jetzt einen Fehler machen, dann wird es im Herbst richtig knallen.“
Von der Politik muss eine klare Ansage kommen
Die Zahlen gingen auf jeden Fall nach oben. Vermutlich aber, da sind sich die Virologen ja ziemlich einig, werde eine neue Variante, wenn sie käme, schwächer sein. „Aber man weiß es eben nicht.“ Laut Oliver Heine müsste jetzt von der Politik eine klare Aussage kommen, wie es mit den Impfungen vor dem Herbst weitergeht. „Wir müssen ja auch planen.“

Die drei Messergebnisse: Auffällig ist das zweite vom 16. Februar. Hier muss vorher eine Corona-Infektion vorgelegen haben, die nicht erkannt wurde. © Jörg Bauerfeld
Auch, was einen an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff angehe, müssten jetzt endlich Fakten geschaffen werden. „Davon hört man auch nicht mehr viel.“ Aber wie ist überhaupt der Schutz bei Menschen, die dreifach gegen das Corona-Virus geimpft sind (also geboostert)?
Ein Selbstversuch mit drei Messungen in sechs Monaten
Ich habe da einmal einen Selbstversuch gestartet. Dr. Oliver Heine hat bei mir an drei verschiedenen Terminen einen sogenannten Antikörpertest gemacht. Das Ergebnis wird in BAU/ml ersichtlich. Aber wann ist man geschützt und wann nicht mehr? „Mit dem Test können wir nachweisen, ob überhaupt Antikörper gegen das Coronavirus im Körper sind. Je höher der Titer (Anzahl der Antikörper im Blut), desto höher der Schutz“, erklärt Oliver Heine.
Aber wie hoch die Zahl wirklich sein muss, um einen Schutz gegen einen schweren Verlauf zu haben, da sind sich die Experten noch nicht einig. Denn auch die sogenannten T-Zellen (T-Zellen sind weiße Blutkörperchen, die einen Teil des Immunsystems ausmachen) haben bei der Bekämpfung von Covid-19 eine große Bedeutung. „Bei einer robusten T-Zell-Aktivität wäre ein guter Schutz vorhanden, auch wenn sich aktuell im Blut wenig Antikörper nachweisen lassen“, erklärt Oliver Heine.
Der Schutz nach dem Boostern ist noch da
Aber noch einmal zurück zu meinen Testergebnissen. Laut dem Antikörpertest habe ich wohl noch einen guten Schutz gegen das Virus. Aber es wird ersichtlich, dass die Zahlen nach unten gehen. Mein erster Wert wurde drei Wochen nach meiner Booster-Impfung genommen.
1.629,98 BAU/ml spuckte das Gerät als Wert aus, ein mittelprächtiges Ergebnis. Umso erstaunlicher der nächste Wert zwei Monate später. Die Zahlen waren gestiegen auf 1.965 BAU/ml. Laut Dr. Oliver Heine ein Zeichen für eine Infektion mit dem Coronavirus, die völlig symptomlos verlief und auch durch regelmäßige Tests nicht als solche erkannt werden konnte.
Vier Monate später, am 10. Juni dann der dritte Antikörpertest: Hier zeigte sich, dass der Titer doch immens abgesunken ist. Auf 1.117 BAU/ml. Laut Dr. Oliver Heine aber immer noch ein guter Wert, um vor schweren Krankheitsverläufen auch gegen die neue Omikron-Variante geschützt zu sein. Tröstlich, aber auch ein deutliches Zeichen, dass es wohl spätestens im Herbst eine vierte Impfung für alle geben wird.
Jörg Bauerfeld, Redakteur, berichtet hauptsächlich in Wort, Bild und Ton aus dem Dortmunder Süden.
