Die Schürener Straße war sowohl am 30. Juni als auch am 14. Juli überschwemmt - die Kanalleistung kam nicht mehr hinterher.

© Christian Stahl

Nach Hochwasser: „Wie soll es weitergehen, wenn der nächste Starkregen kommt?“

rnKanalbaumaßnahmen

In Schüren stand das Wasser nicht erst Mitte Juli in den Kellern der Anwohner. Schon vorher gab es Überflutungen. Neubaugebiete könnten daran Schuld sein, vermuten sie. Die Stadt klärt auf.

Schüren

, 27.07.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

So viel ist sicher: Der 14. Juli (Mittwoch) wird vielen Menschen noch lange im Gedächtnis bleiben. Zwar blieben die meisten Dortmunder – zumindest verglichen mit anderen Regionen in Deutschland – noch einigermaßen verschont. Dennoch liefen zahlreiche Keller und Gärten voll Wasser.

So auch bei der fünfköpfigen Familie Stahl aus Schüren an der Niergartenstraße. „Wir wohnen schon seit neun Jahren in diesem Haus, aber im Keller hatten wir noch nie Wasser“, sagt Annika Stahl.

Das hat sich in diesem Jahr geändert. Nicht nur am 14. Juli, sondern bereits am 30. Juni wurden bei der Familie Keller und Garten überflutet. Beide Male kam die Kanalisation an der Straße nicht mehr hinterher. „Beim zweiten Mal kam am Ende auch die Emscher über die Absperrung“, berichtet Familienvater Christian Stahl. Er hatte bereits vor dem Starkregen am 14. Juli eine kleine Mauer vor dem Keller errichtet – diese war jedoch nicht hoch genug.

Das Planschbecken der Kinder lief voller Kanalwasser, nun liegt es auf dem Sperrmüll.

Das Planschbecken der Kinder lief voller Kanalwasser, nun liegt es auf dem Sperrmüll. © Annika Stahl

„Gut 150 Zentimeter Wasser im Keller“

Von der Niergartenstraße habe sich das Wasser aus der Kanalisation dann in der Schürener Straße gesammelt, berichtet die Familie. „Das Wasser stand am Ende ungefähr 20 Zentimeter unter unserer Kellerdecke, also gut 150 Zentimeter hoch“, sagt Annika Stahl.

Beide schauen nach diesen Ereignissen besorgt in die Zukunft. „In der Zeit, in der wir hier wohnen, sind sehr viele Flächen versiegelt worden: Daelweg, Adelenstraße, Schürener Weg und auch Lückenbebauungen“, sagt Annika Stahl.

Gleichzeitig konnte sowohl am 30. Juni als auch am 14. Juli offensichtlich die Kanalisation in den Straßen die Wassermassen nicht in Schach halten. „Auch bei unseren Nachbarn standen die Keller voll“, sagt Christian Stahl. Die Familie betont, dass sie nichts gegen diese Neubaugebiete hat: „Wir fragen uns nur, wie es in unserer Straße weitergehen soll, wenn der nächste Starkregen kommt“, sagt Annika Stahl.

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Auf Anfrage der Redaktion teilt die Stadtentwässerung Dortmund mit, dass das Kanalnetz in Schüren im Bereich der Niergartenstraße zwischen 60 und 80 Jahre alt ist. Das System werde dabei in regelmäßigen Abständen durch den städtischen Abwasserbetrieb untersucht, um zum Beispiel auf bauliche Mängel reagieren zu können.

„Bis zum heutigen Tag ist festzuhalten, dass der Kanal den derzeitigen technischen Vorgaben entspricht und nach den anerkannten Regeln der Technik betrieben wird“, betont Pressesprecher Christian Schön.

Nach 80 bis 100 Jahren, so die Stadtentwässerung, müssen die Kanalrohre allerdings erneuert werden – aufgrund von mechanischem Verschleiß.

Auch die Keller der Nachbarn sind vollgelaufen, so Familie Stahl.

Auch die Keller der Nachbarn sind vollgelaufen, so Familie Stahl. © Christian Stahl

Kanalsystem in der Niergartenstraße wird erneuert

„In der Niergartenstraße tritt dieser Fall bei einigen Rohren nach und nach ein, sodass die Erneuerung des Kanals vorgesehen ist und voraussichtlich im Jahre 2022 / 2023 realisiert werden wird“, erklärt Christian Schön. Bei der Planung kommen moderne, computerunterstützte Berechnungssysteme zum Einsatz, bei denen auch klimabedingte Anpassungserfordernisse berücksichtigt werden. Das Bewässerungssystem, so Schön, sei dadurch zukunftsfähig.

„Dennoch muss festgehalten werden, dass die Kanalisation aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht jeden Starkregen aufnehmen kann“, betont der Stadt-Pressesprecher. Dies war auch am 14. Juli zu beobachten.

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Neubaugebiete würden einer „besonderen und detaillierten Betrachtung“ unterliegen. „Für das Niederschlagwasser werden hierbei ober- oder auch unterirdische Rückhalteeinrichtungen realisiert, sodass das Niederschlagwasser nur stark gedrosselt dem Gesamtsystem zugeführt wird“, sagt Christian Schön.

An der Adelenstraße werde das Wasser des Neubaugebiets in einem unterirdischen Regenrückhaltekanal gesammelt und dann – stark gedrosselt – der Emscher zugeführt. Dadurch würde das bestehende Kanalsystem nicht belastet.

Allerdings: „Jeder Eigentümer ist selbst dafür verantwortlich, das eigene Grundstück vor Schäden durch Hochwasser, Überflutung und Rückstau zu sichern. Dies ist unter anderem auch in der ‚Satzung über die Entwässerung in der Stadt Dortmund‘ geregelt“, sagt Christian Schön.

Maßnahmen gegen Überflutungen treffen

Maßnahmen, die gegen Überflutungen helfen, seien beispielsweise Bodenschwellen, Aufkantungen, Mauern oder Mulden vor dem Gebäude. Wasserdichte Fenster seien ebenfalls eine Option.

Private Anschlusskanäle können durch verschiedene Anbringungen geschützt werden, zum Beispiel Rückstauverschlüsse oder Abwasserhebeanlagen. Private Abwasserleitungen können bei Starkregen auch die Gebäudesubstanz schädigen – hier helfen Abdichtungsmaßnahmen, auch vor Sickerwasser.

„Zur Stärkung des Kleinklimas und zum natürlichen Wasserkreis können alle beitragen, indem Niederschlagswasser bei häufig auftretenden geringen Niederschlägen auf dem Grundstück verbleibt“, sagt Christian Schön. Heißt: Mehr Grünflächen zum Versickern müssen her – sei es auf dem Dach, in Gärten oder auf dem hauseigenen Parkplatz.

Christian und Annika Stahl werden auf ihrem Grundstück nun die Mauer vor dem Keller weiter ausbauen – und eine Rückstauklappe anschaffen. „Wir hatten ja das Glück, dass wir keinen Wohnkeller und dadurch keinen allzu hohen Schadenswert im Gebäude haben“, sagt Christian Stahl.

Dennoch hoffen beide, dass die Kanalisation sie in Zukunft nicht mehr im Stich lässt, „vor allem, weil ja nicht nur die Niergartenstraße, sondern auch die Schürener Straße durch die Kanalisation überflutet wurde“, gibt Christian Stahl zu bedenken.

Immerhin sei durch den Starkregen der nachbarschaftliche Zusammenhalt gewachsen: „Unsere Nachbarn haben uns enorm geholfen, als die Emscher über die Ufer getreten ist. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken“, sagt Christian Stahl. Mehr Infos zur Hochwasser-Absicherung gibt es auf der Homepage der Stadt www.grundstuecksentwaesserung.dortmund.de

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