Hat die Gratis-Sperrmüllsammlung eine Zukunft? Dortmunds Entsorger zieht Bilanz - und liefert eine echte Überraschung

Sperrmüllsammlung: EDG-Chefs legen überraschendes Ergebnis vor
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Wie sinnvoll ist es, Dortmunds Bürgern eine stadtweite und kostenlose Sperrmüllsammlung mit Abholung an der Haustür anzubieten? Das ist die Gretchenfrage, über die sich die Politiker im Rat vor gut einem Jahr lange gestritten haben. Am Ende gab es eine mehr oder weniger salomonische Lösung: Okay, die EDG möge einen entsprechenden Versuch starten, der auf ein Jahr begrenzt wird.

Danach liefert Dortmunds Entsorger eine Auswertung, auf deren Fundament der Rat der Stadt neu entscheidet. Nun ist es soweit: Am 19. August räumen die Müllwerker noch die Bürgersteige in Bodelschwingh, Westerfilde und Oestrich. Dann ist erstmal Feierabend.

Die EDG hat bereits vorgearbeitet. Am Mittwoch (2.8.) stimmten sich die Akteure in der Geschäftsführung auf eine erste Bilanz zum Sperrmüll-Versuch ab. Die Ergebnisse aus dem laufenden Monat August sollen nachgereicht werden. Einer der ersten, der die Resultate zu sehen bekommt, ist OB Westphal: Die Bilanz („Evaluation“) geht direkt an sein OB-Büro. Das vielleicht wichtigste Fazit darin: Die EDG-Oberen wollen der Politik ans Herz legen, die kostenlose Sperrmüllsammlung in der bisherigen Weise zu beenden.

Dem liegt ein überraschender Befund zugrunde: Die Politiker im Rat hatten darauf gesetzt, dass die Zahl der „wilden Müllkippen“ deutlich sinke, wenn die Bürger die Gelegenheit bekämen, ihren Sperrmüll zum Nulltarif bequem von zuhause abholen zu lassen. Das war offenbar ein Irrtum.

Nach Angaben der EDG sind die Zahlen der „wilden Kippen“ sogar gestiegen. Das bedeutet: Trotz des kostenlosen Sperrmüll-Service sind noch mehr Abfallmengen aus Wäldern und von Straßenrändern gefischt worden als vor der Kostenlos-Sammlung.

Wie das Phänomen zu erklären ist, bleibt vorläufig offen; Die Bilanz ist erstmal zur Verschlusssache erklärt worden. In Kürze bekommen die Ratsvertreter die Gelegenheit nachzufragen: Die EDG-Bosse tingeln durch die politischen Fraktionen tingeln und stellen ihre Auswertung vor.

Den Auftakt macht EDG-Geschäftsführer und Arbeitsdirektor Bastian Prange am Montag (7.8.) in der SPD-Fraktion.

Offene Türen bei der SPD

Dort dürfte der EDG-Gesandte offene Türen einrennen: Die SPD stand einer kostenlosen Sperrmüllabfuhr von Anfang an kritisch gegenüber. Genau wie die EDG, die stets vor hohen Kosten und zahlreichen Risiken gewarnt hatte. Wie zu erfahren war, sollen die Kosten allein in 2022 bei rund 1,1 Mio. Euro liegen. „2023 mitgerechnet, dürften sich die Gesamtausgaben auf rund 2 Millionen Euro einpendeln“, rechnet ein Insider hoch.

Sperrmüll? In manchen Wohngebieten lagen alle möglichen Materialien auf den Gehwegen.
Sperrmüll? In manchen Wohngebieten lagen alle möglichen Materialien auf den Gehwegen. © Schaper

Das Geld soll die EDG aus eigener Kasse zahlen. Eine Ansage, die OB Westphal bereits im Oktober 2022 gemacht hatte: Aus dem städtischen Haushalt sei kein zusätzliches Geld zu erwarten, ließ er die Sitzungsteilnehmer im „Beirat der Kommunalwirtschaft“ wissen.

Wie weiter zu hören ist, will die EDG mit ihrer Bilanz im Detail vorrechnen, warum die Kosten pro abgefahrener Tonne höher seien als beim bisherigen Modell der Sperrmüll-Abfuhr. Das sieht vor: Wer Keller und Wohnung entrümpeln will, vereinbart mit dem Entsorger einen Termin – und ist seine ausrangierten Gegenstände für 20 Euro los.

Dabei laden die EDG-Trupps ausschließlich Gegenstände ein, die tatsächlich zum Sperrmüll gehören. Bei der Gratis-Sammlung hingegen mussten die Müllwerker auch die andere Materialien von den Gehwegen räumen – aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht. Etwa Bauschutt und Schadstoffe, die extra und oft teuer entsorgt worden seien, wie es heißt.

Kommt die Gutschein-Lösung?

Zudem sei es mit einmaliger Abfuhr nicht erledigt gewesen, argumentiert die EDG. In etlichen Fällen seien die Müllwerker bis zu viermal durch die Straßen gefahren – zuletzt mit dem Reinigungswagen. Pro Abfuhrtag seien „bis zu 150 Mitarbeiter“ im Einsatz gewesen. Credo: „Die Leute gehen auf dem Zahnfleisch“.

Abzuwarten bleibt, wie sehr sich CDU, Grüne und Linke+ von der Bilanz der EDG-Bosse beeindrucken lassen – und wie es weitergeht. Bei der EDG zumindest wird aktuell ein anderes Modell favorisiert.

Demnach soll die Gratis-Sammlung enden und wieder ausschließlich die 20 Euro-Variante gelten: Wer bestellt, zahlt. Es sei denn, er bezieht Transfereinkommen wie Bürgergeld, Wohngeld oder Sozialhilfe. In dem Fall soll die Abholung für den Betroffenen kostenfrei und durch einen „Gutschein“ belegt sein.

Ob sich die Politik im Rat der Stadt mit einer solche Idee zufrieden gibt? Einen ersten deutlichen Fingerzeig könnte es am 24.8. geben. Dann tagt der „Beirat der Kommunalwirtschaft“. In der Runde sitzen neben dem OB und weiteren Vertretern der Verwaltung die Spitzen der Ratsfraktionen. Die EDG-Chefs sind ebenfalls eingeladen.

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