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Schäden am Beton: Wie sicher sind Dortmunds Autobahnbrücken?
Autobahnen und Bundesstraßen
Aus Sorge um die Standfestigkeit ist eine wichtige Brücke an der A45 bei Lüdenscheid gesperrt. Doch wie steht es eigentlich um die Dortmunder Autobahnbrücken? Wir haben nachgeforscht.
Die Sperrung der Rahmede-Talbrücke auf der Sauerlandlinie bei Lüdenscheid, die auch die Dortmunder Wirtschaft hart trifft, ist ein warnendes Beispiel: Deutschlands Autobahnbrücken sind in die Jahre gekommen. Viele wurden vor gut 50 Jahren gebaut und sind vor allem dem zunehmenden Schwerlastverkehr nicht mehr gewachsen.
Den Brücken in Dortmund geht es dabei nicht anders als den Talbrücken im Sauerland, die fast alle nach und nach saniert oder ersetzt werden müssen. Mehr als 470 Brücken in der Zuständigkeit des Bundes und des Landes gibt es allein auf Dortmunder Stadtgebiet - von der kurzen Überführung an Autobahnkreuzen bis zur Talbrücke. Prominentestes Beispiel ist die Schnettkerbrücke an der A40, die das Emschertal überspannt und vor zehn Jahren durch einen Neubau ersetzt wurde.
Wie gut oder schlecht es um die Brücken in Dortmund steht, verrät der regelmäßige Brücken-Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast). Er listet auf 761 engbedruckten Seiten die bundesweiten Ergebnisse der regelmäßigen Zustandsprüfungen durch Experten für Brücken in der Zuständigkeit des Bundes - also an Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen - auf.
Noten zwischen 1 und 4
Das Notensystem reicht dabei anders als in der Schule nicht von 1 bis 6, sondern von 1 bis 4 mit Abstufungen. Die Noten 3,0 bis 3,4 beschreiben so einen „nicht ausreichenden Zustand“, die Noten 3,5 bis 4,0 einen „ungenügenden Zustand“.
„Die Zustandsnote bildet die Grundlage für die weitere Erhaltungsplanung. Sie lässt die Dringlichkeit notwendiger Maßnahmen erkennen, gibt jedoch keinen Aufschluss über Art und Umfang der Schäden oder die Kosten der Instandsetzungsmaßnahme“, heißt es zur Erläuterung.
Ein Beispiel: Die jetzt wegen Sorgen um die Standfestigkeit gesperrte Rahmede-Talbrücke bei Lüdenscheid hat im aktuellen Zeugnis der „Bast“ von September 2021 die Note 3.

Die Note 3 hat die Rahmede-Talbrücke bei Lüdenscheid bekommen. Trotzdem musste sie jetzt kurzfristig gesperrt werden. © dpa
Die gute Nachricht aus Dortmunder Sicht: Hier schneiden nur wenige Brücken in der Zuständigkeit des Bundes schlechter als mit der Note 3 ab. Ab es gibt durchaus einige Sorgenkinder. Drei Dortmunder Brücken stehen mit der Note 3,4 sogar hart am Rand zum „ungenügend“.
Abfahrt seit August 2019 gesperrt
Und eine davon ist - wie die Rahmede-Talbrücke - auch tatsächlich schon gesperrt: die Überführung der Zufahrt auf die B236 über die Bahngleise in Höhe des ICE-Betriebswerks. Seit August 2019 ist die Abfahrt von der Brackeler Straße auf die B236 in Richtung Schwerte dicht.
Der Grund: Nach Einschätzung von Experten ist die Brücke nach den neuesten Vorschriften nicht mehr ausreichend tragfähig, wenn sie von zwei Lkw gleichzeitig befahren wird. Man suche noch nach einer Lösung, um die Brücke und damit die Abfahrt zumindest wieder für Pkw freigeben zu können, berichtet Nadia Leihs als Sprecherin des zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW über den aktuellen Stand.

Seit August 2019 ist die Auffahrt von der Brackeler Straße auf die B236 in Richtung Schwerte gesperrt. © Jasha Volmerich
Klar ist: Damit auch LKW die Verbindung wieder nutzen können, muss wohl ein Neubau her, stellt Nadia Leihs klar. Wann er kommt, steht allerdings in den Sternen, zumal dazu umfangreiche Abstimmungen mit der Bahn nötig sind. Die Abfahrt wird also vor allem für LKW noch längere Zeit nicht zur Verfügung stehen.
Die anderen Sorgenkinder liegen im westlichen Stadtgebiet: Mit der Note 3,2 wird die Überführung der Autobahn 45 über die Straße In der Meile in Marten ebenfalls kritisch bewertet. Sorgen um die Standfestigkeit der Brücke, unter der sich auch eine Haltestelle der Stadtbahnlinie U44 befindet, muss man sich aber wohl nicht machen.

Auch an der Brücke der A45 in Marten über "In der Meile" gibt es Instandsetzungsbedarf. © Oliver Volmerich
„Die Brücke stammt aus dem Jahr 1970 und weist einige Schäden am Beton auf, die nach 50 Jahren Witterungseinflüssen und Tausalz-Beanspruchung nicht unüblich sind“, erklärt Bernd A. Löchter als Sprecher der Autobahn GmbH Niederlassung Westfalen.
Die Brücke werde im Drei-Jahres-Rhythmus geprüft und von der zuständigen Autobahnmeisterei regelmäßig besichtigt. „Schäden, die den Verkehr auf der Autobahn beeinflussen könnten, weist der Prüfbericht gegenwärtig nicht aus“, erläutert Löchter. „Sollten sich solche Schäden zukünftig zeigen, würden sie umgehend repariert.“ Nicht zuletzt sei vorgesehen, die A45 in diesem Abschnitt auf sechs Spuren auszubauen.
Probleme im Autobahnkreuz West
„Eine Zustandsnote von 3,0 bis 3,4 bedeutet nicht zwangsläufig eine Nutzungseinschränkung des Bauwerkes, sondern ist vielmehr ein Indikator dafür, dass in näherer Zukunft eine Instandsetzungsmaßnahme zu planen ist“, heißt es denn auch in den Erläuterungen der „Bast“. Eine schlechte Note könne etwa auch an fehlenden Gitterstäben im Geländer, Korrosionsschäden und Betonabplatzungen liegen, „ohne dass die Standsicherheit gefährdet wäre“.
Eine 3,4 in der Notenskala bekommen auch drei weitere Brückenbauwerke an Autobahnen in Dortmund. Zwei davon liegen im Bereich des Autobahnkreuzes West von A45 und A40. Auch hier gebe es Schäden am Beton, die beobachtet und gegebenenfalls instandgesetzt werden, berichtet Löchter.

An der Brücke der A40 über den Lütgendortmunder Hellweg wird bereits gearbeitet. © Oliver Volmerich
Ebenfalls eine 3,4 bekommt die Brücke der A40 über den Lütgendortmunder Hellweg, die aus dem Jahr 1958 stammt. „Hier hatte es zuletzt einen Schaden an der östlichen Widerlagerwand gegeben, der eine umgehende Instandsetzung erforderlich machte“, erläutert Bernd A. Löchter. „Die erforderlichen Arbeiten wurden im zweiten Halbjahr 2021 ausgeführt, Anfang 2022 werden die Leistungen abgeschlossen.“
Ansonsten kann man nach dem aktuellen „Zeugnis“ der „Bast“ davon ausgehen, die Brücken an Autobahnen, Bundes- und Landesstraße in Dortmund sicher befahren zu können.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
