2017 war Kardinal Reinhard Marx bei einem Treffen des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem in Dortmund zu Gast - hier mit Propst Andreas Coersmeier (r).

© Stephan Schütze (A)

Rücktritt als Kardinal: Reinhard Marx ist in Dortmund unvergessen

rnKatholische Kirche

Das Rücktrittsersuchen des Münchener Kardinals Dr. Reinhard Marx hat auch viele Dortmunder Katholiken aufhorchen lassen. Denn der bekannte Kirchenmann hat eine lange Dortmunder Geschichte.

Dortmund

, 04.06.2021, 14:42 Uhr / Lesedauer: 2 min

Man hatte immer ein bisschen den Eindruck, er komme nach Hause, wenn Dr. Reinhard Marx in Dortmund zu Besuch war. Denn der Kardinal der Erzdiözese München und Freising hat eine Dortmunder Vergangenheit:

Von 1989 bis zu seiner Berufung als Weihbischof im Erzbistum Paderborn 1996 war der gebürtige Westfale Direktor des katholischen Sozialinstituts Kommende in Dortmund und dabei ein öffentlichkeitswirksamer Vertreter der katholischen Soziallehre. Zugleich war Marx Subsidiar in der St.-Ewaldi-Gemeinde in Aplerbeck.

Weiterhin Kontakte nach Dortmund

Und auch in den Jahren nach seinem Wechsel nach Paderborn und später als Bischof nach Trier und München riss der Kontakt nach Dortmund nie ganz ab.

Es seien „einige freundschaftliche Verbindungen“ geblieben, berichtete Marx, als er vor zwei Jahren als damaliger Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund zu Gast war. Und er interessiere sich natürlich weiter dafür, was in der Kommende passiere.

Als volksnaher Kirchenmann zeigte sich Kardinal Reinhard Marx beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund im Juni 2019.

Als volksnaher Kirchenmann zeigte sich Kardinal Reinhard Marx beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund im Juni 2019. © Stephan Schütze (A)


Wie hoch seine Beliebtheit in Dortmund noch immer ist, zeigte sich beim Kirchentag, als er viele Hände schütteln und Erinnerungs-Selfies machen durfte. Und Marx nahm sich trotz engen Zeitplans zwischen Bibelarbeit und Podiumsdiskussion beim Kirchentag Zeit dafür. „Für mich ist das ein schönes Gefühl, dass manche mich nicht vergessen haben“, stellte er damals fest.

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Und das ist auch weiterhin so. „Der Rücktritt des Münchener Kardinals Reinhard Marx bewegt uns sehr“, bekannte am Freitag (4.6.) der aktuelle Direktor der Kommende Prälat Dr. Peter Klasvogt. Er habe für die Erneuerung der Kirche geworben und gestritten, als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz wie als Berater von Papst Franziskus.

Er wolle Mitverantwortung tragen „für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“, begründete Kardinal Marx in einem Brief an den Papst sein Rücktrittsgesuch. Mit seinem Amtsverzicht könne vielleicht ein persönliches Zeichen gesetzt werden für neue Anfänge, für einen neuen Aufbruch der Kirche. „Ich will zeigen, dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern der Auftrag des Evangeliums“, erklärte Kardinal Marx.

„Einer, der hinschaut“

„In der dunkelsten Stunde der katholischen Kirche, in der es ‚viel persönliches Versagen und administrative Fehler‘ gegeben hat, aber ‚eben auch institutionelles oder systemisches Versagen‘, übernimmt da jemand Verantwortung, der auch persönlich zutiefst erschüttert ist“, stellt Peter Klasvogt dazu fest. „Kein Betonkopf und kein Hardliner, sondern einer, der in seinem Glauben angefochten ist angesichts des unfassbaren Leids, das den Betroffenen sexuellen Missbrauchs zugefügt worden ist - und das unter dem Deckmantel der Kirche.“

Kardinal Marx sei „einer der nicht wegschaut, frei nach dem Motto: ‚Augen zu und durch‘, sondern einer, der genau hinschaut und der sich betreffen lässt von dem, was er sieht“, würdigte Klasvogt seinen Vor-Vorgänger als Kommende-Direktor.

Das Rücktrittangebot von Kardinal Marx sei kein Zeichen von Ignoranz, die der katholischen Kirche in der Missbrauchsdebatte vorgeworfen werde, „sondern von innerer Freiheit und menschlicher Größe. Dem begegnen wir in der Kommende Dortmund mit großem Respekt“, stellt Klasvogt fest.

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