Die Feuerwehr-Gewerkschaft NRW warnt mit drastischen Worten vor aktuellen Mängeln in der Notfallversorgung. „Der Rettungsdienst kollabiert und ist am Limit“, so der Vize-Vorsitzende Andreas Jedamzik. Gesetzliche Hilfsfristen könnten vielerorts nicht eingehalten werden.
Auch aus Dortmund ist bereits in den vergangenen Monaten zu hören gewesen, dass Einsatzfahrzeuge nicht planmäßig besetzt werden konnten. Auch hier ist es bereits vorgekommen, dass alle Krankenhäuser der Stadt gleichzeitig meldeten, bestimmte Notfälle nicht behandeln zu können.
„Die Lage ist - phasenweise - auch in Dortmund angespannt“, schreibt Feuerwehr-Sprecher André Lüddecke in seiner Antwort auf unsere Anfrage zum Thema. Die Zahl der Rettungseinsätze habe nach den Corona-Jahren 2020 und 2021 wieder deutlich zugenommen. Aber: „Die Belastungsspitzen können derzeit noch durch Rückfallebenen abgefangen werden.“
Ein Rettungswagen soll in Dortmund innerhalb von 8 Minuten am Einsatzort sein. Weil man in vielen Fällen schneller vor Ort ist, liege die durchschnittliche Anfahrzeit bei 6,4 Minuten, so Lüddecke. Allerdings werden nur in 79,1 Prozent aller Fälle die maximal 8 Minuten tatsächlich geschafft. Gefordert seien 90 Prozent.
Mehr Personal im neuen Jahr
„Notfallpatienten müssen 20 Minuten und länger beim lebensbedrohlichen Notfall auf einen Rettungswagen warten“, heißt es von der NRW-Gewerkschaft. Diese Marke sei in Dortmund aber bislang nicht gerissen worden, sagt Lüddecke. Bei längeren Anfahrten würden in Dortmund immer ein Löschfahrzeug der Berufsfeuerwehr oder „First Responder“ der Freiwilligen Feuerwehr als schnelle medizinische Hilfe alarmiert.
Eine „strukturelle Kompensation“ sei durch zusätzliche Rettungs- und Krankentransportwagen für das Jahr 2023 geplant. Mit diesen Fahrzeugen sei auch dazugehöriges neues Personal verbunden.

„Patientenübergaben in Krankenhäusern dauern aktuell bis zu zwei Stunden, da die Notaufnahmen wegen des Personalmangels und dem hohen Andrang von Patienten keine freien Kapazitäten mehr haben“, sagt Andreas Jedamzik zur landesweiten Situation: „Die wichtige klinische Erstversorgung funktioniert immer seltener.“
Bereits im Sommer hatte ein Dortmunder Rettungssanitäter, der anonym bleiben wollte, die langen Wartezeiten an Krankenhäusern und ein hohes Arbeitspensum angeprangert. Er sprach von bis zu einer Stunde, die der Rettungsdienst ausharren müsse, bis der Patient vom Klinik-Personal übernommen werde.
Kaum freie Intensivbetten
Vom Johannes-Hospital ist auf Anfrage zwar zu hören, dass es keine auffälligen Probleme gebe. Die Wartezeiten der Notaufnahme seien nicht besonders lang - allerdings seien die Intensivstationen überall in Dortmund sehr voll.
Am Donnerstagmittag (15.12.) sind nur 12 von 262 Intensivbetten in Dortmund frei gewesen. Seit Beginn der Datenaufzeichnung unserer Redaktion im Frühjahr 2020 sind nur an vier Tagen weniger freie Betten gemeldet worden (Tiefstwert: 9 Betten). Ein eindeutiger Grund für die aktuell starke Belegung sei aber nicht auszumachen. Es sei keine besondere „Welle“ einer konkreten Erkrankung erkennbar, heißt es vom Johannes-Hospital.
Patienten am falschen Ort
Das Klinikum Dortmund bestätigt hingegen die Schilderungen der Feuerwehr-Gewerkschaft prinzipiell. „Auch in unserer Zentralen Notaufnahme (ZNA) ist insbesondere aufgrund der hohen Krankenstände aktuell immer wieder zu wenig Personal vorhanden“, sagt Jörg Mathuszczyk.
Allerdings müsse man anführen, „dass ein wesentlicher Bestandteil der Überlastung der ZNAs Patienten sind, die eigentlich zum Hausarzt oder zum hausärztlichen Notdienst müssten.“ Weil auch dort die Situation oft angespannt sei, gingen diese Kranken häufig ins Klinikum, wodurch dann weniger Kapazitäten für echte Notfälle vorhanden seien.
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