Als das Restaurant „Adriatic" am 6. Dezember im Jahr 1993 öffnet, sind die Besitzer, Marija und Stipo Franjicevic, in ihren Zwanzigern, verheiratet und Eltern einer gemeinsamen Tochter.
„Wir haben das Restaurant im Juli 1993 übernommen“, erinnert sich Stipo Franjicevic. Zuvor war ein anderes Restaurant in dem Lokal an der Lütgendortmunder Straße 54. „Balkan-Stube hieß das“, erklärt er.
Nachdem das Paar das Lokal übernimmt, wird erst mal fleißig fünf Monate lang renoviert. „Wir haben alles neu gemacht. Die Toiletten, die Steinmauern, die Stromleitungen und wir haben neues Personal eingestellt“, sagt der Wirt.
„200.000 D-Mark haben wir damals investiert.“ Auch die Hausbesitzerin investiert eine ähnliche Summe und so fließt knapp eine halbe Million Mark in die Renovierungsarbeiten.
Die Türen öffnen
Am 6. Dezember 1993, Nikolaus vor 30 Jahren, öffnet der Familienbetrieb „Adriatic" dann seine Türen. „Wir haben eine Feier gemacht für die Familie und die Vertreter der Brauerei und die Nachbarn“, erklärt Marija Franjicevic.
Das Paar hat damals noch wenig Erfahrung im Gastronomie-Bereich. „Beim Start waren wir noch jung“, so Marija.
„Ich hatte etwas Erfahrung, weil ich in Frankfurt in einer Küche eines guten Restaurants gearbeitet habe“, erklärt Stipo. „Ich hatte auch etwas Erfahrung im Bedienungsbereich. Wir haben einfach die Türen geöffnet und auf die Gäste gewartet“, sagt der 57-Jährige und lacht.
Die ersten Jahre sind schwer
Das Restaurant wird gut angenommen. „Als wir damals geöffnet hatten, mussten wir an manchen Abenden rund 50 Leute wegschicken“, sagt Stipo, dessen Restaurant für 85 Gäste ausgelegt ist. Doch der Ansturm von Gästen ist natürlich auch anstrengend.
„Die ersten fünf Jahre konnten wir gar keinen Urlaub machen. Das war sehr schwer und dann kam noch Patrick dazu. Also ein Kleinkind“, erklärt Stipo. Ein Jahr nach Eröffnung des Restaurants kriegt die Familie mit Sohn Patrick Zuwachs. „Ich bin ein Jahr jünger als das Restaurant“, sagt der 29-Jährige heute, der selbst im Familienbetrieb arbeitet.

Lokal lebt von Stammkunden
In den vergangenen drei Jahrzehnten ist vieles anders geworden.
„Als wir gekommen sind, da war das hier keine gute Ecke“, erinnert sich Stipo.
Das ändert sich aber in den folgenden Jahren. „Dadurch kam dann auch ein besseres Publikum“, so Marija,
„Viele Leute sind dazugekommen. Viele neue Siedlungen“, so Stipo.
„Man denkt nicht darüber nach, aber wenn man das tut, merkt man, es hat sich doch schon viel geändert“, sagt Marija.
Das Restaurant lebt von Stammkundschaft. Laufkundschaft gibt es in Lütgendortmund kaum. Die Franjicevics haben freundschaftliche Beziehungen zu den Kunden und sehen, wie auch diese sich über die Jahre verändern. Sohn Patrick spricht vom „Generationenwechsel“. So kommen manche Gäste, mit denen als Baby im Restaurant Taufe gefeiert wurde, heute mit eigenen Kindern für einen Restaurantbesuch her. Andere Stammgäste sind über die Jahre verstorben.
„Einmal waren wir am Friedhof“, erzählt Stipo. „Und ich sehe die Gräber und ich erinnere mich an die Menschen. Dann sage ich: er hat gerne Steak gegessen und er Cevapcici.“

Auch familiär hat sich für die Franjicevics etwas geändert. So zog Stipos und Marijas Tochter an die Grenze zu Bosnien und Kroatien. „Früher hat sie auch hier mitgeholfen. Jetzt ist sie verheiratet und weggezogen“, so Marija. „Dahin, wo es wärmer ist“, hakt Stipo ein.
Manche Dinge sind über die Jahre aber gleich geblieben. „Wir haben seit 29-einhalb Jahren denselben Koch. Das ist unser Glück, denn die Gäste merken, wenn sich der Koch ändert und das Essen dann anders schmeckt“, ist der Wirt stolz.
Neben den drei Franjicevics und Koch Nino, besteht das „Adriatic"-Team aktuell noch aus einer Küchenhilfe und einem Kellner.
Im Restaurant „Adriatic“ gibt es Gegrilltes, Fisch, Cevapcici und vieles mehr. „Es ist Balkan-Küche“, so Stipo. „Die Steaks laufen sehr gut, Schweinefilet mit selbstgemachter Soße läuft auch gut und die Gäste sind begeistert von unserer Suppe. Wir machen alles selbst“, erklärt Stipo. „Qualität zahlt sich aus.“
Einige Krisen
In dreißig Jahren hat der Familienbetrieb alles Erdenkliche miterlebt. „Euro-Umstellung, Nichtraucherschutzgesetz, Corona, Energiekrise“, zählt Stipo die großen Ereignisse der vergangen 30 Jahre auf.
Am härtesten trifft das Restaurant aber die Wirtschaftskrise im Jahr 2008. „Die Gäste blieben damals aus“, erinnert sich Stipo. „Wir haben das alles irgendwie geschafft.“
Natürlich ging in 30 Jahren aber auch mal was schief. So ging an einem Tag der Deutschen Einheit vor etwa 25 Jahren mal das Essen aus. „Es kamen Gäste ohne Ende“, klärt Stipo auf. „Das hat uns damals total überrascht“, so Marija. Gegen Ende des Abends fehlen Pommes und Fisch. „Auch mit dem Personal waren wir überfordert“, sagt die 54-Jährige.
„Wir sind ein gutes Team"
Und auch der ein oder andere kuriose Gast hat sich mal in das Restaurant verirrt. So kam eines Abends ein Mann ins Haus und störte einige Gäste, die sich gerade eine Platte mit Gegrilltem teilten. „Danach setzt er sich an einen Tisch für acht Personen und sagt, dass er ein Bier möchte“, sagt Stipo.
Als die Restaurantbesitzer merkten, dass mit dem Mann etwas nicht stimmt, rufen sie die Polizei, die den Mann bittet zu gehen. „Er sagte, er geht erst, nachdem er sein Bier hat“, sagt Stipo, der über den Vorfall heute lacht.
Mit der Familie zu arbeiten mag für manche auch mal schwierig sein, für die Franjicevics ist es aber ein Segen. „Ich könnte es mir nicht anders vorstellen, wir sind ein gutes Team“, sagt Mutter Marija. „Mir geht es genauso“, sagt Patrick.
„Mein Vater ist mein Chef, aber ich kann ihn auch mal anschnauzen, weil er eben auch mein Vater ist. Mit einem richtigen Chef ginge das bestimmt nicht“, sagt Patrick und lacht.
Zukunft des Lokals
Gemeinschaft ist der Familie wichtig. „Wir machen hier alles zusammen“, hakt sein Vater Stipo ein. „Hier gibt es nicht die Ausrede: das steht nicht in meinem Arbeitsvertrag“, so Patrick. „Man investiert sehr viel von sich selbst“, sagt er. Seine eigene Nuance einzubringen kann aber auch sehr spaßig sein. So liebt Marija es, das Lokal zu jeder Jahreszeit passend zu dekorieren. „Wenn Schulkinder am Laden vorbeigehen, bleiben die oft am Fenster stehen und gucken sich die Weihnachtsdeko an“, erklärt die 54-jährige.
Wenn es um die Zukunft des Restaurants geht, reagiert Sohn Patrick verlegen. „Darüber gab es noch keine Diskussionen“, so Patrick. „Es ist nicht nur Restaurant übernehmen und fertig. Man muss auch Mitarbeiter finden und das ist in der Gastronomie schwierig“, erklärt er.
„Ich könnte mir vorstellen, es weiterzumachen, aber damit beschäftige ich mich, wenn es soweit ist“, sagt er. „Es ist noch alles offen“, so Marija. Jetzt überwiegt erst einmal die Freude über 30 gelungene Jahre.
Corona-Opfer? Sorge um kroatisches Restaurant im Dortmunder Westen