Prostitution wieder erlaubt - Wie es auf Dortmunds Rotlicht-Meile weitergeht

© Michael Schuh

Prostitution wieder erlaubt - Wie es auf Dortmunds Rotlicht-Meile weitergeht

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Das Verbot für sexuelle Dienstleistungen wurde aufgehoben. Was bedeutet das für Sexarbeiterinnen, was für Bordelle? Ein Besuch auf der Dortmunder Linienstraße nach sechs Monaten Corona-Lockdown.

Dortmund

, 10.09.2020, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein bisschen gleicht die Szenerie der einer verlassenen Stadt in einem Western. Alle Fenster und Türen sind geschlossen, weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Und dabei handelt es sich bei dieser Straße eigentlich um eine durchaus belebte Passage. Doch in der Linienstraße, Dortmunds Bordellmeile, ist nichts los - obwohl das Oberverwaltungsgericht Münster das coronabedingte Verbot sexueller Dienstleistungen aufgehoben hat.

Das Haus auf Vordermann bringen

Nach kurzer Zeit öffnet sich zumindest eine Haustür und eine Frau, die sich als Hauswirtschafterin des Etablissements zu erkennen gibt, tritt einen Schritt heraus. „Wir bringen hier zurzeit alles auf Vordermann“, sagt die Dame, während sie die Tür reinigt. „Es muss ja jetzt gründlich geputzt und desinfiziert, das Gebäude quasi aus dem Winterschlaf erweckt werden. Schließlich hatten wir ein halbes Jahr zu.“

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Auch für sie und ihre Chefin sei die Aufhebung des Verbotes unvermittelt gekommen: „Wir haben davon aus den Nachrichten erfahren.“ Und Infos, wie es nun weitergeht, habe bislang niemand erhalten. Wann kann geöffnet werden? Müssen Kunden eine Maske tragen und sich in eine Liste eintragen? Gibt es bestimmte Auflagen? Die Hauswirtschafterin zuckt mit den Schultern. „Wir wissen nichts.“

Alle Prostituierten informiert

Auf jeden Fall hätten sie und die Chefin schon mal alle Prostituierte, die bis zum Lockdown im März bei ihnen gearbeitet hatten, über die neue Gesetzeslage informiert. Was aber nicht heiße, dass das Geschäft in vollem Umfang von einem auf dem anderen Tag beginnen könne: „Von ein, zwei Mädchen wissen wir, dass sie sofort kommen können. Aber manche sind ja gar nicht von hier und eventuell auch in anderen Ländern, zum Beispiel in Rumänien.“

Noch ein bisschen Geduld

Auch Silvia Vorhauer vom Verein „Dortmunder Mitternachtsmission“, der sich für die Belange der Prostituierten einsetzt, weiß nicht genau, wie und wann es weitergeht. „Wir haben mit dem Ordnungsamt und der Gesundheitsbehörde, mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten, gesprochen. Und beim Ordnungsamt hat man uns gesagt, wir sollten noch ein bisschen Geduld haben.“

In den Fenstern vieler Etablissements hängen noch immer die Hinweise auf die coronabedingte Schließung.

In den Fenstern vieler Etablissements hängen noch immer die Hinweise auf die coronabedingte Schließung. © Michael Schuh

Auf jeden Fall habe sie alle Betriebe darauf aufmerksam gemacht, dass wohl ein Hygiene-Konzept von ihnen eingefordert werde, sagt Vorhauer: „Und einige sind schon darauf vorbereitet.“

Ministerium erarbeitet ein Konzept

Auch die Mitteilung des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales lässt viel Spielraum bei der Frage, wie künftig im Bordell verkehrt werden könnte. Laut Pressestelle des Ministeriums gelte das Urteil unmittelbar; aktuell erarbeite das Ministerium unter Auswertung des Urteils ein Schutz- und Hygienekonzept für Bordelle und Prostitutionsstätten. So weit, so gut.

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Bis dahin gelte, dass Selbstständige, Betriebe und Unternehmen im Rahmen der Erfüllung ihrer arbeitsschutzrechtlichen Hygiene- und Schutzpflichten auch verantwortlich für die Reduzierung von Infektionsrisiken im Sinne des Infektionsschutzgesetzes seien. Aber es bestehe für die örtlichen Ordnungsbehörden unabhängig von der Corona-Schutzverordnung immer die Möglichkeit, Angebote zu untersagen, wenn sie zu ihrer Einschätzung nach unvertretbaren Infektionsrisiken führten.

„Sozialarbeiterin, keine Juristin“

„Das klingt für mich so, als ob sofort geöffnet werden darf und die Frauen selbst für ein Hygienekonzept verantwortlich sind, bis die Corona-Schutzverordnung geändert wurde“, kommentiert Silvia Vorhauer die Mitteilung des Ministeriums. „Aber ich bin Sozialarbeiterin und keine Juristin. Bevor ich das so weitergebe, möchte ich erst einmal mit Vertretern der Stadtverwaltung besprechen, was diese Aussage in der Praxis bedeutet.“

Eilbeschluss hebt Verbot auf


  • Mit einem Eilbeschluss hob das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster das coronabedingte Verbot für sexuelle Dienstleistungen am Dienstag, 8. September, auf.
  • In dem Urteil hieß es, dass „es sich in der gegenwärtigen Situation nicht mehr um eine notwendige Schutzmaßnahme“ handele, die „die damit verbundenen Grundrechtseingriffe“ rechtfertige.