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In Dortmund sollen Corona-Standards für käuflichen Sex entwickelt werden
Prostitution
Prostituierte erlebten durch den Lockdown Existenz-Gefährdungen. Ein Beschluss wird ihre Situation jetzt wohl verbessern: Das Oberverwaltungsgericht in Münster hob das Verbot auf.
Mit einem Eilbeschluss hob am Dienstag, 8. September, das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster das coronabedingte Verbot für sexuelle Dienstleistungen auf. Das Urteil begründete das Gericht damit, dass „es sich in der gegenwärtigen Situation nicht mehr um eine notwendige Schutzmaßnahme“ handele, die „die damit verbundenen Grundrechtseingriffe“ rechtfertige.
Zwar seien Schutzmaßnahmen für die Bevölkerungen in der aktuellen Situation gerechtfertigt, jedoch seien Lockerungen in „nahezu allen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen zugelassen“. Nun sollen auch im Bereich der sexuellen Dienstleistungen spezifische Hygienestandards entwickelt und umgesetzt werden.
Lockdown bedeutete „existenzielle Gefährdungen“
Gerade diese Gleichstellung mit anderen Branchen begrüßt Silvia Vorhauer von der Dortmunder Mitternachtsmission, einem Verein, der sich für die Belange von Prostituierten einsetzt und eine Anlaufstelle für Opfer von Menschenhandel ist.
Die Sozialarbeiterin erzählt, dass der Lockdown „für viele Menschen im Bereich der Prostitution eine ganz lange Zeit war, verbunden mit grundlegend existenziellen Gefährdungen.“ Heißt: Die meisten Prostituierten sehen ihre berufliche Existenz gefährdet.
Viele Klientinnen sähen „kein Licht am Ende des Tunnels“. Besonders betroffen seien diejenigen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen oder auf die Hilfe im Zuge der staatlichen Corona-Maßnahmen hätten.
Diese Prostituierten seien häufig dazu mehr oder weniger gezwungen gewesen, in der Illegalität zu arbeiten. In einem solchen Fall genießen die Frauen und Männer gar keinen Schutz durch Recht oder staatliche Bestimmungen.
Bessere Hygienebedingungen bei legaler Arbeit
Durch das Urteil hofft Vorhauer, dass ihre Klientinnen wieder legal arbeiten können. Unter geregelten Bedingungen seien dann auch die Hygienestandards besser, was auch das Infektionsrisiko senken könne.
Von Februar bis März, also vor dem Lockdown, sei ihr kein einziger Corona-Fall aus dem Dortmund Rotlicht-Milieu bekannt, was sicherlich auch für das Funktionieren der ohnehin schon eingesetzten Hygienemaßnahmen spreche, so Vorhauer.
Auch für das Gericht war nicht ersichtlich, warum die Infektionsgefahr bei „sexuellen Handlungen zweier Personen“ deutlich größer sei als „bei privaten Feiern mit bis zu 150 Personen“. Entsprechend könne den Infektionsgefahren „durch begleitende Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen begegnet werden.“
Silvia Vorhauer hofft, dass in Absprache mit den städtischen Behörden nun schnellstmöglich solche Konzepte und Maßnahmen entwickelt werden können.