Dortmunder Traditions-Pizzeria kämpft gegen die Krise Besonderes Angebot am Morgen

Besonderes Angebot am Morgen: Pizzeria Enzo kämpft gegen die Krise
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Drei Schließungstage die Woche: Mit diesem drastischen Schritt machte Antonio Link, Betreiber des Restaurants „Hopfen und Salz“ in Lütgendortmund, vor kurzem deutlich, wie hart die Gastronomiebranche derzeit zu kämpfen hat. Mit steigenden Energiekosten, mit hohen Preisen für Lebensmittel. Spätestens seit Link im WDR-Talk „Hart aber fair“ auftrat, wurde er auch über Dortmunds Grenzen hinaus zum Fürsprecher einer ganzen Branche, die Unterstützung fordert.

Nicht alle können oder wollen so laut werden, doch gegen die Krise stemmen sie sich auch. So Jasmin Hundshagen, Inhaberin der Pizzeria Enzo, die nur ein paar hundert Meter entfernt vom „Hopfen und Salz“ liegt. Seit Jahrzehnten gibt es dort Pizza und Pasta. Jetzt kommt ein neues Angebot dazu – eines, das erstmal stutzig macht: Die Traditions-Pizzeria lädt ein, am Morgen außerhalb der regulären Öffnungszeiten standesamtliche Trauungen im Restaurant zu feiern. Oder nach Beerdigungen in die Gastronomie am Lütgendortmunder Marktplatz zu kommen.

Lebensmittelkosten stark gestiegen

Hundshagen gibt zu, das sei zunächst ein etwas „ungewöhnliches“ Angebot für eine Pizzeria. Aber man müsse experimentieren, um zu überleben. Schließlich stehe der Betrieb an vielen Fronten unter finanziellem Druck. Die 41-Jährige rechnet vor: 57 Prozent mehr zahle sie für Lebensmittel im Einkauf als vor einem Jahr noch. Frisch zubereiteten Sepiatintenfisch-Teig habe man schon von der Karte genommen. „Das kann keiner mehr bezahlen.“

Die Abschläge für Strom und Gas hätten sich zuletzt deutlich erhöht. „Die Heizung drehen wir nicht mehr auf fünf.“ Aber an manchem könne nicht gespart werden, am Pizzaofen zum Beispiel. Hinzu komme, dass noch eine finanzielles Damoklesschwert über allem schwebe: Das Lokal müsse fast die komplette Corona-Hilfe zurückzahlen: gute 23.000 Euro.

Hilfe muss zurückgezahlt werden

Das Problem: Die Versicherung, die Hundshagen vom Vorgänger übernommen hatte, hat auch eine Pandemie mitversichert. So habe der Betrieb nahezu zeitgleich zwei Zahlungen erhalten, der Staat fordere seine daher zurück. Hundshagen: „Wir haben aber die kompletten Hilfen gebraucht, anders hätte es nicht geklappt.“ Und ein finanzielles Polster habe bisher nicht aufgebaut werden können.

„Wir knapsen immer noch an Corona“, sagt Hundshagen. Im August 2019 hat sie die Pizzeria übernommen, hat aber vorher schon lange dort gearbeitet. Daher kann sie beurteilen: „Die Umsätze sind nie mehr so geworden wie vor der Pandemie.“ Das Lokal lebe fast nur von Stammgästen. Die kämen fast alle auch noch – aber nicht mehr so häufig. Für die Gastronomin steht fest: „Die Geselligkeit hat abgenommen“. Hinzu käme die Inflation. „Dann geht man nur noch einmal die Woche essen statt dreimal, wählt Pizza statt Steak.“

Im Herbst 2020 stellte die Pizzeria ein Außenzelt auf, um das Risiko einer Corona-Infektion zu minimieren.
Die Pizzeria Enzo ließ sich immer wieder etwas einfallen, um auch zu Corona-Hochzeiten Gäste anzulocken: Im Herbst 2020 stellten die Betreiber ein Zelt auf, weil viele Gäste nicht gern in Innenräumen saßen. © Natascha Jaschinski (Archiv)

Laden wirft keinen Gewinn ab

Zurzeit halte sich der Laden gerade so über Wasser. Das Ganze klappe nur, weil Hundshagens Mann ein festes Einkommen habe. „Es wäre schön, wenn etwas übrig bleiben würde“, wünscht sich die 41-Jährige. Als Gewinn und als Rücklage für die Rückzahlung.

Helfen soll das neue Angebot, um das sie sich fast ausschließlich allein kümmern möchte. Wer Interesse hat, nach der Trauung oder Beerdigung zu „Enzo“ zu gehen, soll sich im Restaurant melden. „Wir sprechen alles individuell ab, Essen wie Preise“, sagt Hundshagen. Es müsse auch nicht aus der Speisekarte gewählt werden. Gerade nach Beerdigungen seien auch Kuchen, Brötchen oder Suppe drin.

Kündigungen soll es nicht geben

Die Öffnungszeiten weiter einschränken wie ihr Kollege Link möchte Hundshagen nicht. Den Montag habe man schon als Ruhetag eingeführt, das sei schwer genug gefallen. Den Lieferservice wieder aufzunehmen wie zu Corona-Hochzeiten, sei bisher für sie bei den hohen Spritpreisen keine Option. Noch kategorischer schließt die Gastronomin Kündigungen aus. Sie gibt zu: Gedankenspiele gab es schon. Aber bisher „kommt das nicht in Frage“.

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