
© Susanne Riese
Petition für schnelles Internet: „Unterversorgung ist enormer Nachteil“
Breitbandausbau
Im Dortmunder Süden gibt es Ecken, in denen Internet nur mit Minimalleistung zur Verfügung steht. Aussicht auf Besserung besteht, doch der Ausbau verzögert sich. Jetzt gibt es eine Petition.
Das Dörfchen Veserde in der Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde im Märkischen Kreis ist wirklich klein, die Höfe liegen weit verstreut. Auf einen Quadratkilometer verteilen sich 226 Einwohner; in Dortmund sind es mehr als 2000. Jedem Veserder steht ein Glasfaseranschluss zur Verfügung.
Von einer derart schnellen und leistungsfähigen Internetanbindung können die Bürger der Dortmunder Stadtteile Benninghofen und Loh nur träumen. Sie warten schon lange auf eine Versorgung mit schnellem Breitbandanschluss. In Zeiten, in denen die meisten Menschen zuhause sind und dort digital arbeiten, lernen und in ihrer Freizeit Online-Sport und Streaming-Angebot nutzen, macht sich die Unterversorgung besonders schmerzlich bemerkbar.
Bürger aus Loh haben deshalb eine Petition gestartet, um auch in ihrem Stadtteil schnelleres Internet voranzubringen. „Im Zusammenhang mit den Notwendigkeiten von Home-Schooling und Home-Office ist gerade jetzt eine schnelle Datenleitung dringlich“, heißt es in der Begründung.
Einige Bereiche sind weiße Flecken auf der Breitbandkarte
Die angrenzenden Ortsteile seien gut versorgt. Teile Lohs aber seien quasi weiße Flecken in der Breitband-Karte von Dortmund. „Dies stellt einen enormen Nachteil dar.“ Die Teilnahme an Videokonferenzen und anderen digitalen Formaten sei teilweise schlicht nicht möglich. „Daher wird gefordert, den umgehenden Ausbau und Lückenschluss in dem Ortsteil vorzunehmen.“ Bislang haben 257 Menschen die Petition unterzeichnet. Vorläufiges Ziel sind 500.
Doch statt guter Nachrichten erlebt der Stadtteil jetzt sogar noch einen Rückschlag: Der für einige Bereiche angekündigte Ausbau durch die Telekom verzögert sich erneut. Telekom-Kunden, die den bereits mit Starttermin Ende Juni 2021 angebotenen schnelleren Anschluss buchen wollten, erhielten jetzt eine Mail mit der unerfreulichen Nachricht, die Verfügbarkeit sei auf ein unbekanntes Datum verschoben.
Ursprünglich sollten die nötigen Umbauten für die Vectoring-Technik schon 2020 erfolgen. Genau wegen dieser Zusage kam der Bereich nicht in den Genuss des Förderprogramms für sogenannte weiße Flecken, mit denen die Bundesregierung den Glasfaserausbau für unterversorgte Regionen unterstützt - was unter anderem den Veserdern im Märkischen Kreis zu ihrem Glück verhalf. Einige Straßen in Benninghofen, Berghofen und Loh sollen ebenfalls von dieser Förderung profitieren.

Dieser Kabelverzweiger vor der ehemaligen Loh-Schule muss erneuert werden. © Susanne Riese
Die übrigen Haushalte aber sind doppelt betrogen: Zeitgemäße Datenleitung in Form von Glasfaserkabeln wird ihnen vorenthalten, stattdessen müssen sie mit dem sogenannten Vectoring vorliebnehmen. Dabei wird Glasfaser bis zum Verteiler verlegt, von dort geht es über Kupferkabel weiter, die die Telekom größtenteils von der staatlichen Bundespost geerbt hat. Die Leistung gilt als nicht besonders zukunftsfähig und hängt auch von der Zahl der Nutzer ab. Und auf diese eigentlich schon jetzt veraltete Technologie müssen die Haushalte nun auch noch rund ein Jahr länger warten, als ursprünglich zugesichert.
Abstimmungsprozess verzögert den Ausbau
Die Telekom bedauert das und teilt auf Anfrage mit: „Verzögerungen liegen weder im Interesse unserer Kundinnen und Kunden, noch in unserem eigenen.“ Verzögerungen mündeten stets auch in Mehrkosten - „für einen ohnehin schon kosten- und ressourcenintensiven Netzausbau“, so Pressesprecher George-Stephen McKinney.
„Leider tauchten im Verlauf der Umsetzungsplanung Teilaspekte auf, die zuvor mit der Stadtverwaltung geklärt werden mussten. Im Wesentlichen betraf das Abstimmungen bezüglich der notwendigen Standortgenehmigungen für unsere Straßenverteiler.“
Das habe die Planung der Leitungstrassen verzögert und damit auch das Einholen der notwendigem Genehmigung bei der Stadt. „Aktuell haben wir die Wegesicherung noch nicht vom Tiefbauamt zurück erhalten. Sobald uns diese vorliegt, können wir in die Bauphase treten.“ Die Inbetriebnahme sei für das dritte Quartal 2021 geplant.
Viel besser sind die Nachbarn mit Aussicht auf geförderten Glasfaser-Ausbau derzeit allerdings auch nicht dran. Auch sie haben noch keinen Termin für den schnellen Anschluss. Der Gigabitbeauftragte bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund, Björn Meder, geht davon aus, dass sich innerhalb der nächsten beiden Jahren etwas tut.
An die Adresse der Vectoring-Kunden sagt der Gigabit-Koordinator, die anvisierte Leistung müsste „theoretisch zunächst ausreichend“ sein. „Drei bis fünf Jahre kann man damit leben.“ Dann sei das Ausbauziel bis 2030 ein echtes Glasfasernetz.
Technologie aus den 80er Jahren passt nicht mehr
Betroffene empfinden das als Hinhaltetaktik. Ein Vorkämpfer für den Breitbandausbau im Loh spricht von einem „Trauerspiel“. Im 21. Jahrhundert eine Technologie aus den 1980er Jahren einzusetzen findet er unbegreiflich. Arbeiten mit mehreren Personen über das Internet sei nicht möglich, zudem verlöre der Immobilienstandort an Wert.
Auch andere Unterzeichner der Petition unterstreichen die Dringlichkeit ihres Anliegens. Eine junge Frau schreibt: „Ich unterschreibe, weil ich mich selber auf Distanz letztes Jahr auf mein Abitur vorbereitet habe und gemerkt habe, wie schlecht die Internetverbindung im Loh ist.“
Ein anderer User: „Der schnelle Zugang zum Internet sollte in der heutigen Zeit eine Selbstverständlichkeit sein und mit Hinblick auf Chancengleichheit und Gerechtigkeit in der modernen Informationsgesellschaft sogar ein Menschenrecht.“
Petition zur Versorgung mit Breitband-Internet
Die Petition findet sich unter change.org inklusive der Begründung, Diskussionen und Updates. Sie kann dort auch unterschrieben werden. Seit 2001 in der Redaktion Dortmund, mit Interesse für Menschen und ihre Geschichten und einem Faible für Kultur und Wissenschaft. Hat einen Magister in Kunstgeschichte und Germanistik und lebt in Dortmund.
