Noch können die Busse ohne Probleme im Brünninghause Betriebshof mit Diesel getankt werden. Bleibt das so?

Noch können die Busse ohne Probleme im Brünninghausener Betriebshof mit Diesel getankt werden. Bleibt das so? © Schaper

Weniger Busse, wenn Diesel fehlt? - Szenarien für die Energiekrise

rnNotfallpläne städtischer Unternehmen

Was passiert, wenn bald nicht mehr ausreichend Gas oder Diesel zur Verfügung stehen? DSW21 und EDG wollen für den Krisenfall gewappnet sein – und bereiten aktuell einschneidende Maßnahmen vor.

Dortmund

, 28.07.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

An welchen Stellen will die Stadt Dortmund Energie sparen? Dem Krisenstab der Stadtverwaltung liegt der Maßnahmenkatalog des Deutschen Städtetages vor. Dort werden im ersten Rutsch 14 Vorschläge fürs Energiesparen gemacht. Dazu gehört beispielsweise, die Wassertemperatur in den Schwimmbädern zu senken, Straßenlaternen und ggf. Ampeln nachts auszuschalten und in Sport- und Turnhallen nur noch kaltes Wasser aus den Duschen fließen zu lassen.

Welche Vorschläge Dortmunds Krisenstab aufgreift, bleibt vorerst das Geheimnis der Stadt. Zu konkreten Maßnahmen wollte sich die Verwaltung auch am Dienstag (26.7.) noch nicht äußern. „Es werden alle Optionen geprüft“, erklärt Sprecher Frank Bußmann.

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Die städtischen Unternehmen sind da teilweise auskunftsfreudiger. Auch DSW21 bereitet sich mit Maßnahmenpaketen auf unterschiedliche Krisenfälle vor. „Unsere Botschaft ist: Wir sind gewappnet“, erklärt Sprecher Frank Fligge. „An dem Tag, an dem Bundesnetzagentur mit einer Ansage auf den Plan tritt, sind wir handlungsfähig“, so Fligge. Im Falle einer deutlich geringeren Gasmenge stellt man sich bei DSW21 darauf ein, die Temperaturen in den Büros an der Deggingstraße kurzfristig auf unter 20 Grad zu senken. Und die Mitarbeiter?

Zur Not macht DSW21 einen Betriebshof dicht

Wie in der Coronapandemie erwägt DSW21„die Karte Home Office“ zu spielen. „Das würde bedeuten, dass die Mitarbeiter erneut fünf Tage pro Woche von zuhause arbeiten“, so Fligge. Eine solche Maßnahme sei kurzfristig umsetzbar. Mittelfristig wolle man soweit wie möglich auf Photovoltaik setzen und beispielsweise die Neonröhren im Verwaltungsgebäude und in Werkstätten gegen LED-Beleuchtung tauschen. Dabei sei der Stromverbrauch in der DSW21-Zentrale an der Deggingstraße bereits seit 2008 von 2,4 Millionen auf 1,3 Millionen Kilowattstunden pro Jahr verringert worden.

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Für den Betriebshof Brünninghausen sucht DSW21 ebenfalls Sparpotenziale. Auch dort heißt es im Fall der Fälle zumindest für einige Mitarbeiter: Ab ins Home-Office! Der DSW21-Betriebshof in Castrop-Rauxel würde notfalls geschlossen.

Im Krisenfall sollen die Mitarbeiter vom Betriebshof in Castrop-Rauxel nach Brünninghausen wechseln.

Im Krisenfall sollen die Mitarbeiter vom Betriebshof in Castrop-Rauxel nach Brünninghausen wechseln. © Schaper

Dessen Mitarbeiter (etwa Fahrer) sollen laut Notfallplan in den Betriebshof nach Brünninghausen wechseln – und dort mit ihren Kollegen, die nicht im Home-Office arbeiten, innerhalb eines Gebäudes untergebracht werden. Effekt: Andere Flächen stünden leer und müssten nicht bzw. kaum beheizt werden. Fligge: „Der gesamte Busverkehr würde dann über Brünninghausen betrieben.“

Kommt es zu Engpässen bzw. einem eklatanten Mangel an Diesel, würde das unmittelbar und direkt auf den Busverkehr durchschlagen. Alle rund 190 Busse von DSW21 plus die rund 60 Wagen der externen Dienstleister laufen mit Diesel. Auch ein solches Szenario hat DSW21 durchgespielt.

DSW21: In der Krise soll das Busnetz ausgedünnt werden

Zwar halten die Verkehrsbetriebe im Betriebshof Brünninghausen in unterirdischen Tanks einen Vorrat von rund 300.000 Liter Diesel bereit. Allzu weit kämen die Wagen damit aber nicht. Ein einzelner Bus verbraucht nach DSW21-Angaben rund 40 Liter auf 100 Kilometer. „Da unsere Fahrzeuge täglich rund 40.000 Kilometer zurücklegen, kann man sich leicht ausrechnen, wie lange der Vorrat reichen würde“, schildert Fligge: „Nach rund drei Wochen wäre Schluss.“

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Zur Vorbeugung hat man mehrere Varianten entwickelt – und geht dabei nach einem Stufenplan vor: Die Karte, die DSW21 als erste ziehen würde, wäre die Einstellung der sogenannten „Verstärker-Verkehre“ – also alle Busse, die in Stoßzeiten wie etwa zu Schulbeginn und Schulende zusätzlich auf die Straße gebracht werden. Variante zwei sieht vor, die Takte einzelner Buslinien zu vergrößern. „Abhängig von der jeweiligen Linie würde beispielsweise in einem 40-minütigen Rhythmus gefahren, statt alle 20 Minuten“, sagt Fligge.

In einer dritten Stufe wird erwogen, Buslinien für eine bestimmte Zeit komplett aus dem Netz zu nehmen. Dabei soll es vornehmlich um solche gehen, bei denen Fahrgäste die Möglichkeit haben, auf andere, weitgehend parallel verlaufende Linien umzusteigen, wie Fligge sagt.

EDG: Sollen die Müllwerker künftig weniger duschen?

Die vierte Stufe wäre der wohl schwerste Eingriff: Dabei behält sich DSW21 vor, an Werktagen fürs gesamte Busnetz den für Fahrgäste deutlich schlechteren Wochenend-Takt einzuführen. Wann der Stufenplan gezündet werden soll? „Ab dem Moment, in dem wir in eine Notlage geraten“, sagt Fligge.

Auch beim Entsorger EDG wird an einem Krisenplan gearbeitet. „Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, den Energieverbrauch zu senken und uns so weit wie möglich unabhängig zu machen“, sagt Sprecher und Abteilungsleiter Matthias Kienitz. Beispielsweise behalte sich auch die EDG vor, ihre Mitarbeiter aus den Büros montags bis freitags ins Home-Office zu schicken, um die Heizungen runterdrehen zu können.

EDG-Sprecher Matthias Kienitz: "Wir wollen uns soweit wie möglich autark machen."

EDG-Sprecher Matthias Kienitz: „Wir wollen uns soweit wie möglich autark machen." © Frauke Schumann

Und die Müllwerker? Vorschläge, wie etwa die obligatorischen Duschen zum Schichtende ausfallen zu lassen oder die Wassertemperatur auf unter 24 Grad herunterzuregeln, hält Kienitz für wenig sinnvoll. „Sollen sich die Mitarbeiter, die mit dem ÖPNV kommen, ungeduscht in die Stadtbahn setzen?“, fragt Kienitz. Zielführend sei eher, „über die jeweilige Dauer der Duschzeit zu reden“.

Auch der Badbetreiber Sportwelt will vom Gas weg

Darüber hinaus wird an einem Plan gefeilt, die ans Fernwärmenetz angeschlossene EDG von externer Energieversorgung ein Stück weit unabhängig zu machen. „Wir könnten den Fernwärmeregler zuschieben und die Energie anderen zur Verfügung stellen“, sagt Kienitz.

Noch wird das Hallenbad Hombruch mit Gas beheizt. Die Sportwelt möchte das gern ändern.

Noch wird das Hallenbad Hombruch mit Gas beheizt. Die Sportwelt möchte das gern ändern. © Schaper

Die EDG selbst überlegt, auf andere Energieträger umzuswitchen - beispielsweise auf Heizungen, die mit Holzhackschnitzeln gespeist werden. Also mit zerkleinertem Holz. Ein Biobrennstoff, der teilweise auch in Ein- und Mehrfamilienhäusern eingesetzt wird. Kienitz: „Das notwendige Material haben wir.“ Konkrete Beschlüsse gebe es aber noch nicht. „Wir prüfen und stellen alle Bereiche, die Energie verbrauchen, auf den Kopf“, sagt Kienitz.

Auch der Badbetreiber Sportwelt Dortmund möchte von Gas auf Holzhackschnitzel umstellen: Geschäftsführer Jörg Husemann will am Freitag (29.7.) in dem mit Verwaltungsleuten und Ratsvertretern besetzten Beirat für den Bau zweier Anlagen werben – für die beiden Hallenbäder Hombruch und Lütgendortmund, die bislang mit Gas beheizt werden. „Dann könnten wir im Winter auch die Wassertemperatur von 26, 27 Grad halten“, sagt Husemann.

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