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Neustart nach 30 Jahren Ehe: Wie eine Dortmunderin (57) jetzt datet
Single mit Ü50
Jahre nach ihrer Scheidung wagt eine Dortmunderin den ersten Schritt - sie begibt sich auf eine spannende Reise, die mit einem Tanzkurs beginnt und mit einer App auf ihrem Handy weitergeht.
Claudia Miller (Name von der Redaktion geändert) aus Dortmund hat schwierige Zeiten hinter sich. Vor fünf Jahren hat sich ihr Mann nach dreißig Jahren Ehe von ihr getrennt, da er eine neue Frau kennengelernt hatte. Es kostete die 57-Jährige viel Zeit, ihre neue Lebenssituation anzunehmen. Inzwischen ist sie aber bereit, einen neuen Weg einzuschlagen.
Tanzkurs verhalf Dortmunderin zu einem Neuanfang
Noch eine lange Zeit nach der Trennung fühlte Claudia Miller sich hilflos und verlassen. Entsprechend sei sie auch lange nicht bereit dazu gewesen, sich auf eine neue Person in ihrem Leben einzulassen.
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Auf der Übersichtsseite „Leben und Lieben“ unserer Zeitungsportale finden Sie Themen rund um Singles, Beziehungen und Liebe Ruhr Nachrichten / Hellweger Anzeiger„Nach zwei Jahren habe ich dann beschlossen, es muss wieder ein bisschen nach vorne gehen", sagt Miller. Deswegen habe sie sich für einen Tanzkurs angemeldet. Jedoch habe sie an diesem nicht teilgenommen, um einen neuen Partner kennenzulernen.
Den Kurs habe sie als Chance angesehen, ihren Kummer zeitweise in den Hintergrund zu rücken. Zudem habe dieser ihr dabei geholfen, sich wieder anderen Menschen anzunähern. „Das waren auch die ersten neuen Begegnungen, die ich mir überhaupt ansatzweise zugetraut habe", beschreibt sie.
Partnersuche ist Neuland
Ein weiteres Jahr später habe sich ein erneuter Wendepunkt in dem Leben der Dortmunderin ereignet: Erst zu dieser Zeit ist ihr persönlich bewusst geworden, dass ihre Ehe tatsächlich kaputt sei und sie daran nichts mehr ändern könne.
Nach dieser Erkenntnis habe sie für sich entschieden, dass sie nicht den Rest ihres Lebens partnerlos verbleiben möchte und gerne wieder eine Person an ihrer Seite hätte. „Dann habe ich mir eine Dating-App auf das Anraten meines Bruders heruntergeladen. Er hat mir gesagt, dass man das heutzutage so macht", sagt sie.
Anfangs sei es ein merkwürdiges Gefühl für Miller gewesen, auf der Suche nach einem Partner zu sein. Schließlich sei dies Neuland für sie nach ihrer dreißig Jahre andauernden Ehe gewesen.
Dennoch sei sie offen und ohne bestimmte Erwartungen an diese neue Erfahrung herangegangen. „Definitiv hat da auch die Neugierde mitgespielt, das moderne Kennenlernen mal auszuprobieren", sagt sie.
„Als ich Elite-Partner das erste Mal benutzt habe, war ich erstmal bestürzt von einigen der Bilder, die ich da gesehen habe. Viele Nutzer fanden sich da so attraktiv und ich habe mir gedacht: Oh Gott, das ist doch nicht attraktiv!", so Miller.
Obwohl sie anfangs sehr verunsichert war, habe sie nach einer gewissen Zeit nette Männer über die Dating-App kennengelernt. Mit einigen habe sie locker geschrieben, ohne sich großartige Versprechungen gemacht zu haben. Mit wenigen anderen habe sie sich unverbindlich auf ein Date verabredet.
Vor ihrem ersten Date sei Miller sehr nervös gewesen. Doch dann habe sich schnell herausgestellt, dass ihr Gegenüber auch ein sympathischer Mensch war, mit dem sie gute Gespräche führen konnte.
„Aber zu einer Partnerschaft gehört nun mal mehr dazu als sich nur sympathisch zu finden", sagt sie. Bisher sei noch nicht der richtige Mann für sie dabei gewesen. „Es hat mir aber gutgetan, zu sehen, dass ich auch noch für Männer interessant bin", führt sie fort.
Insbesondere ab einem gewissen Alter sind Dating-Apps vorteilhaft
Das Kennenlernen über eine Dating-App unterscheidet sich stark zu dem wie Claudia Miller ihren ehemaligen Mann begegnet ist. „Das sind zwei ganz unterschiedliche Welten", sagt sie.
Die neue Art der Partnerschaftssuche sieht sie aber nicht als geringwertiger an. Dating-Apps seien sehr vorteilhaft, da sie einem überhaupt die Möglichkeit bieten, eine neue Bekanntschaft zu machen.
In ihrem Alter stelle es sich nämlich als deutlich schwieriger heraus, einen potenziellen Partner kennenzulernen. „Ich gehe zum Beispiel nicht mehr so oft auf Feiern. Und wenn ich mal auf einer bin, sind dort in der Regel nur Pärchen", sagt sie.
Zudem würden alle Nutzer der Dating-App voneinander wissen, dass sie auf der Suche nach einer Beziehung sind. Somit käme es seltener zu Missverständnissen. Einen Nachteil an dieser Art des Kennenlernens sieht Miller dennoch: „Papier ist geduldig. Da kann man völlig falsche Angaben über seine eigene Person machen", bemängelt sie.
„Ich habe Angst, wieder verletzt zu werden."
Zu Zeiten als Miller ihren Ex-Mann kennengelernt hatte, habe sie noch ganz andere Erwartungen an eine Beziehung gehabt als heutzutage. Vorhaben, wie die Familienplanung oder der Hausbau, würden inzwischen gar nicht mehr zur Debatte stehen.
Mittlerweile erhoffe die Dortmunderin sich, dass sie und ihr Partner sich ein Leben miteinander teilen können. „Es geht eher darum, dass man wieder jemanden hat, der auf einen wartet, wenn man Nachhause kommt. Dem man alles erzählen kann, was einem bewegt", sagt sie.
Miller könne sich wieder vorstellen, mit jemandem zusammenzuziehen. Das sei jedoch meistens beschwerlich. Der Großteil der Personen ihres Alters hätten nämlich bereits ein eigenes Zuhause, welches sie nicht aufgeben wollen. „Ich hänge auch an meinem Haus. Es würde mir schwerfallen hier auszuziehen, weil hier auch meine Kinder aufgewachsen sind", sagt sie.
Außerdem habe Miller Bedenken zu einem neuen Partner zu ziehen, da sie sich dadurch stark anhängig mache. „Am Ende verlässt der mich und ich stehe ohne Zuhause da", sagt sie.
Diese Ängste würden auch damit zusammenhängen, dass es ihr seit ihrer Scheidung schwerfalle, jemandem zu vertrauen. „Ich habe Angst, wieder verletzt zu werden. Deshalb bin ich etwas reservierter und baue eine Mauer um mich herum", so Claudia Miller.
Ansprüche an Partner nach langjähriger Ehe
Häufig wissen Alleinstehende ab einem bestimmten Alter aufgrund ihrer Erfahrungen genau, welche Merkmale ihr Partner mitbringen sollte. Auch Claudia Miller ist sich dessen bewusst.
Für sie sei es wichtig, dass ein neuer potenzieller Mann an ihrer Seite bereits eine Ehe oder eine langjährige Partnerschaft hinter sich hat. Auf diese Weise habe die Person bereits Erfahrungen mit einer ernsthaften Beziehung. Sie wisse aber auch, wie es sich anfühlt, wenn eine Partnerschaft nach vielen Jahren endet.
„Es würde niemand für mich infrage kommen, der sagt, dass er nur noch ein perfektes Leben haben will. Das gibt es nicht", sagt sie. Schließlich können hin und wieder Probleme aufkommen, die gemeinsam gelöst werden müssen.
Einen Mann mit jungen Kindern könne die 57-Jährige sich auch nicht mehr vorstellen. „Ich habe vier Kinder erzogen und bin glücklich, dass sie jetzt groß sind. Aus diesem Alter bin ich mittlerweile wirklich raus", erklärt sie.
Neben dem Journalistik-Studium unterstützt Charlotte Schuster die Redaktion in Werne. Im Sommer 2020 hat sie ein Praktikum bei den Ruhr Nachrichten absolviert, welches ihr die schönen Seiten des Lokaljournalismus gezeigt hat.