Während die HIV-Infektionen eher rückläufig sind, nehmen andere sexuell übertragbare Krankheiten eher zu. Dortmunder Experten sind jedoch optimistisch.

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Krank durch Sex: Wie genau nehmen es die Dortmunder mit HIV und Co?

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Krankheiten, die beim Sex übertragen werden, sind immer noch mit Scham und Schuld verbunden. Zwei Dortmunder Experten spüren aber auch, dass sich die Dortmunder in ihrer Haltung verändern.

Dortmund

, 27.07.2021, 09:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die ganz große Angst vor HIV ist nicht mehr da. Das stellt Katy Rimbach bei ihrer Arbeit gerade bei jungen Leuten immer wieder fest. Seit rund 20 Jahren arbeitet sie in der Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten der Stadt Dortmund.

Wenn sie vor 20 Jahren jemandem sagen musste, dass er oder sie positiv auf HIV getestet wurde, hieß das, der Person zu sagen, dass sie eine Infektion hat, die ihr Leben verkürzen wird.

Heute ist HIV kein Todesurteil mehr. Die Infektion ist gut behandelbar, Infizierte sind mit den richtigen Medikamenten nicht mehr ansteckend und bei einer erfolgreich behandelten HIV-Infektion bricht auch die Krankheit Aids in der Regel nicht mehr aus.

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Und das wissen die jungen Leute, die zu Rimbach und ihrem Team kommen. Um sich beraten zu lassen, sich testen zu lassen, sich über Risiken zu informieren. Ganz konkret fragen sie heute nach anderen Geschlechtskrankheiten, wissen, dass es nicht nur HIV gibt.

Infektionen oft lange symptomlos

Sexuell übertragbare Krankheiten, auch STI genannt, wie Syphilis, Chlamydien, Tripper, Hepatitis B und C sind zwar weniger gefährlich als HIV, werden aber häufig schneller übertragen. Dazu kommt, dass viele der Infektionen lange symptomlos verlaufen. Umso wichtiger ist es, sich regelmäßig testen zu lassen.

„STI gehören zu einem aktiven Sexleben dazu“, erklärt Janosch Iselhorst. Er arbeitet im Fachbereich Prävention der Aidshilfe in Dortmund. Ihm und seinem Team ist es nicht nur Anliegen, über STI aufzuklären - sondern auch für einen offenen Umgang damit zu werben. „Leidenschaft ohne Rechenschaft“, ist ein Motto, nach dem die Aidshilfe in Dortmund arbeitet.

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Wer Bahn fährt, könne sich mit der Grippe anstecken. Und wer Sex hat, kann sich mit STI anstecken. Dafür müsse man sich weder schämen noch schuldig fühlen, sagt Iselhorst.

STI in Dortmund auf niedrigem Niveau

Vier Geschlechtskrankheiten sind in Deutschland meldepflichtig: Hepatitis B und C, HIV und Syphilis, zu ihnen gibt es verlässliche Infektionszahlen. Sie zeigen für Dortmund, dass STI zwar vorkommen, die Fallzahlen im Vergleich zur Bevölkerung aber verschwindend gering sind.

28 neue HIV-Infektionen wurden 2020 gezählt, im Vorjahr waren es 31. Syphilis-Infektionen wurden im vergangenen Jahr 48 gemeldet, 2019 waren es 62. Und auch die Infektionszahlen für Hepatitis B und C bewegen sich seit 2016 im ein- bis zweistelligen Bereich.

Sowohl bei der städtischen Beratungsstelle als auch bei der Aidshilfe in Dortmund ist man sich einig, dass man im Dortmund die STI ganz gut im Griff hat. „Bei Syphilis gibt es seit Jahren einen Anstieg in den Großstädten“, berichtet Katy Rimbach zwar, „auch das ist aber kein großes Problem.“

Beide stellen setzen bei der Prävention von STI auf einen Mix aus Beratung, Aufklärung und Testangeboten. Männer, die Sex mit Männern haben, auch MSM genannt, können bei der Aidshilfe regelmäßig zum STI-Check gehen. Und die Stadt bietet kostenlose HIV-Tests für alle an.

Angebote, die gut angenommen werden. „Ich würde schon sagen, dass die Dortmunder gut für sich sorgen“, sagt Rimbach mit Blick auf Safer Sex und die STI-Vorsorge. Gerade jüngere Dortmunder mit vielen Partnern gehen ihrer Erfahrung nach verantwortungsvoll mit dem Thema um und lassen sich regelmäßig testen. Iselhorst sieht es ähnlich, merkt aber auch an, dass er bei seiner Arbeit vor allem jene trifft, die sich des Themas bewusst sind.

„Safer Sex 3.0“ zum Schutz vor HIV

Unter MSM wirbt die Aidshilfe in Dortmund außerdem für das, was sie „Safer Sex 3.0“ nennt: Dreifachen Schutz vor HIV durch Kondome, Therapien für Infizierte, die das Ansteckungsrisiko für andere verhindern und „Prep“, ein Schutzprogramm für HIV-Negative. Dabei nehmen die Männer ein Medikament ein, dass das Risiko, sich bei einer HIV-positiven Person anzustecken, erheblich verringert. Wer das Medikament einnimmt, wird zudem alle drei Monate auf STI getestet.

Was auch schützt, ist Aufklärung. Regelmäßig gehen sowohl die Aidshilfe als auch die Aidsberatung der Stadt Dortmund in Schulen, um mit den Schülern über Sexualität und STI zu reden.

„Das wird in der Regel gut angenommen“, berichtet Iselhorst. Für die Schüler sei es oft einfacher, Fragen zu stellen und offen zu reden, wenn jemand von außen komme. „Wir reden außerdem ganz offen mit den Schülern“, erklärt er. „Wir sprechen zwar achtsam und vorsichtig, reden aber auch eben Tacheles.“ Das komme bei den Schülern gut an.

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Ihnen und allen anderen, die er berät, rät Iselhorst, den eigenen Körper genau zu beobachten und bei Symptomen, die auf eine STI deuten könnten, zum Arzt zu gehen. Auf STI testen neben Urologen und Gynäkologen auch häufig Hautärzte. Mindestens einmal im Jahr sollte man sich außerdem vorsorglich auf STI testen lassen - wer viele verschiedene Partner hat, am besten sogar zweimal pro Jahr.

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