Dr. Hans-Dieter Otterbein, Geschäftsführer des AGARD-Naturschutzhauses in Dortmund, warnt vor einer bestimmten Mücke.

Dr. Hans-Dieter Otterbein, Geschäftsführer des AGARD-Naturschutzhauses in Dortmund, warnt vor einer bestimmten Mücke. © dpa/AGARD

Nach Nosferatu-Spinne: Dortmunder Experte warnt vor exotischen Mücken

rnInvasive Arten

Klimawandel und globaler Handel fördern die Einwanderung fremder Tier- und Pflanzenarten. Die Nosferatu-Spinne ist bereits heimisch. Ein Dortmunder Experte warnt vor Mücken, die Krankheiten übertragen können.

Dortmund

, 21.09.2022, 08:40 Uhr / Lesedauer: 3 min

Sie ist das aktuell prominenteste Beispiel für eine invasive Art: die Nosferatu-Spinne. Sie stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und verbreitet sich seit diesem Sommer vor allem im Südwesten und Westen Deutschlands rasant. Einige Dortmunder haben unserer Redaktion von Begegnungen mit dem Achtbeiner berichtet.

2005 wurde die Spinnenart erstmals in Deutschland nachgewiesen. Dass sie jetzt derart auf dem Vormarsch ist, liegt Fachleuten zufolge an wärmeren Temperaturen infolge des Klimawandels. Der Schiffsgüterverkehr könnte ihre Verbreitung begünstigt haben. Klimawandel und globaler Handel fördern jedoch auch die Einwanderung weiterer fremder Arten. Und nicht alle sind so harmlos wie die Nosferatu-Spinne.

Mücke kann Viren übertragen

Dr. Hans-Dieter Otterbein, Geschäftsführer des AGARD-Naturschutzhauses im Westfalenpark, sagt, dass die Eindämmung des Klimawandels auf lange Sicht vor invasiven Arten schützen könne. Sollten die Temperaturen jedoch weiter steigen, werde man bald „wahrscheinlich auch in Dortmund“ Mücken feststellen, die potenziell Überträger gefährlicher Tropen-Krankheiten sein können, glaubt Otterbein.

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Zu diesen gehört die Asiatische Tigermücke. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass das Insekt mehr als 20 Viren übertragen kann - darunter West-Nil-, Dengue-, Chikungunya- und Zika-Viren. Beispielsweise das Dengue-Fieber kann in seltenen Fällen zu schweren Komplikationen und sogar zum Tod führen. Die Asiatische Tigermücke habe sich durch den internationalen Waren- und Personenverkehr bereits massiv ausbreiten können, so das Umweltbundesamt. Aktuell sei das Risiko einer Ansteckung in Deutschland gering, da es wenige Virusträger und nur ein begrenztes Vorkommen dieser Mückenart gebe. Das müsse aber nicht so bleiben.

Ein Dortmunder hatte unserer Redaktion im Mai dieses Jahres berichtet, dass er auf Hohenbuschei von einer Asiatischen Tigermücke gestochen worden sei. Das Gesundheitsamt der Stadt teilte dazu mit, dass kein erhöhtes Vorkommen der Mückenart in Dortmund bekannt sei. In anderen europäischen Ländern seien in der Vergangenheit mehrfach Ansteckungen mit tropischen Infektionskrankheiten durch die Tigermücke beobachtet worden. Diese Ausbrüche seien jedoch erfolgreich bekämpft worden.

Pflanze verursacht Verbrennungen

Andere invasive Arten haben sich längst stark verbreitet. Zum Beispiel der Riesenbärenklau, auch Herkulesstaude, genannt. Er verdrängt nicht nur heimische Pflanzenarten, sein Pflanzensaft verursacht in Verbindung mit UV-Strahlen schmerzhafte Verbrennungen. Er wurde als Zierpflanze eingeschleppt.

Pflanzen des Riesenbärenklaus sind auch in Dortmund ein Problem.

Pflanzen des Riesenbärenklaus sind auch in Dortmund ein Problem. © picture alliance/dpa

Das Umweltamt der Stadt Dortmund bekämpft Riesenbärenklau und andere Neophyten (gebietsfremde Pflanzen) auf Naturschutz- und Ausgleichsflächen seit Jahren, wie Pressesprecher Maximilian Löchter erläutert. „Viele Halden, Brach- oder Grünlandflächen werden regelmäßig von Schafen, Ziegen oder Rindern beweidet. Riesenbärenklau, Staudenknöterich, Drüsiges Springkraut und Kanadische Goldrute werden besonders im jungen Wachstumsstadium gern gefressen.“ Für die Weidetiere seien diese Pflanzenarten gesundheitlich unproblematisch.

Arbeitslose helfen mit

Hans-Dieter Otterbein sagt, dass man gegen Knöterich, Springkraut und Co. kaum noch etwas tun könne. Die Stadt Dortmund sei mit der Bekämpfung „total überfordert“, so der Fachmann. „Man hätte viel früher damit beginnen müssen.“ Stadtsprecher Löchter erklärt, dass die Verbreitung invasiver Pflanzenarten „nicht mehr zu stoppen“ sei - das gelte auch für Dortmund. Er verweist auf ein weiteres Verfahren, bei dem einzelne Pflanzen manuell entfernt werden. „Jedes Jahr ab Anfang Mai helfen Teilnehmer und Teilnehmerinnen verschiedener Eingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose bei der Bekämpfung und Beseitigung der Pflanzen“, erklärt Löchter. Die Bekämpfung der Neophyten auf Einzelflächen sei nicht nur aufwendig und langwierig, sondern auch teuer.

Info

Hilfe bei Bekämpfung des Riesenbärenklaus

Bei der Bekämpfung des Riesenbärenklaus können auch Dortmunder Bürgerinnen und Bürger helfen, indem sie etwaiges Vorkommen an öffentlichen Wegen dem Umweltamt über die E-Mail-Adresse umweltamt@stadtdo.de melden. Darauf weist die Stadt hin. Hierbei solle eine möglichst präzise Standortangabe gemacht werden, gerne auch eine Karte mit dem genauen Standort der Pflanzen beigefügt werden. Für die Beseitigung sei der Flächeneigentümer zuständig, so die Stadt. Die jeweiligen Grundstückseigentümer oder die zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung würden dann vom Umweltamt angeschrieben und aufgefordert, den Riesenbärenklau zu beseitigen.

Otterbein beobachtet, dass in den vergangenen zehn Jahren immer mehr eingewanderte Arten auftauchen. Nicht alle davon seien problematisch - einige dafür aber umso mehr. So habe etwa ein aus Asien eingeschleppter Pilz zu einem Massensterben bei Salamandern geführt. Die hier lebenden Tiere hätten keine Abwehrkräfte gegen den Pilz und seien diesem schutzlos ausgeliefert. Der Pilz sei wohl durch den Amphibienhandel nach Europa gekommen, so Otterbein. Diesen Handel müsse man stärker kontrollieren.

Waschbären bedrohen Krötenbestände

Seltene Amphibien seien auch durch die steigende Zahl an Waschbären bedroht, sagt Otterbein. Der Waschbär sei ein Allesfresser und unterscheide nicht, ob eine Art selten sei oder nicht. Daher seien in Dortmund Geburtshelfer- und Kreuzkröte in ihrem Bestand gefährdet. Diese Arten seien ohnehin vom Aussterben bedroht, so der Fachmann.

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Die Stadt Dortmund erklärt, dass „erst seit etwa fünf Jahren zunehmend höhere Zahlen an Waschbären gemeldet“ würden und beruft sich auf Angaben der Unteren Jagdbehörde. 46 Waschbären seien demnach im Jagdjahr 2021/22 geschossen worden. Anders als der Waschbär unterliegt die Nutria, die Schäden an Ufervegetation und Dämmen anrichten kann, nicht dem nordrhein-westfälischen Jagdrecht, darf aber unter Beachtung der Vorschriften bekämpft und getötet werden. Laut der Stadt Dortmund betrug die Nutria-Strecke im Jagdjahr 2021/22 18 Stück.