Nachdem Büroflächen im vergangenen Jahr pandemie-bedingt - Stichwort Homeoffice - nur wenig gefragt waren, ändert sich das in Dortmund gerade deutlich. Einer der großen Immobiliendienstleister vermeldet ein Rekordergebnis.

© Hans Blossey (Archiv)

Nach Corona-Absturz: Büroimmobilien in Dortmund erleben einen Boom

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Zu Beginn der Corona-Pandemie galt das Homeoffice als der Tod vieler Büroimmobilien. Dem ist aber nicht so. Die Nachfrage nach Büroflächen zieht gerade stark an. Das hat zwei Gründe.

Dortmund

, 07.06.2021, 04:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Dortmund erholt sich von Corona - das wird gerade auf dem Büroimmobilien-Markt sehr deutlich. „Die Nachfrage nach Büroflächen nimmt zu. Dortmund überwindet schneller als andere Ruhrgebietsmärkte die Corona-Pandemie“, sagt Amedeo Augenbroe, Essener Niederlassungsleiter des Immobiliendienstleisters BNP Paribas Real Estate.

Das internationale Unternehmen ist einer der führenden Gewerbeimmobilienberater im Ruhrgebiet und seit über 30 Jahren in Dortmund tätig. Es verzeichnete im vergangenen Jahr auch in Dortmund einen pandemiebedingten Rückgang beim Flächenumsatz, legt jetzt aber überaus erfreuliche Zahlen vor.

Viele Firmen, so beobachtet Amedeo Augenbroe, erfinden sich neu und überdenken ihre Raumkonzepte. „Sie möchten, dass ihre Beschäftigten aus dem Homeoffice wieder zurück ins Büro kommen. Dort sollen sie aber dann moderne Flächen, die mobiles, flexibles und nachhaltiges Arbeiten ermöglichen, vorfinden“, so der Immobilien-Experte.

Flächenvermarktung: Bestmarke von 2016 übertroffen

34.000 Quadratmeter Büroflächen wurden allein von Januar bis März vermarktet. Das ist ein Rekordergebnis. Die bisherige Bestmarke für ein erstes Quartal lag bei 28.000 Quadratmetern und wurde 2016 erreicht. 2019 wurden im gleichen Zeitraum 23.000 Quadratmeter umgesetzt und 2020 nur 13.000 Quadratmeter.

Amedeo Augenbroe leitet die Essener Niederlassung der Gewerbeimmobilienberatung BNP Paribas Real Estate. Das Unternehmen ist seit über 30 Jahren auch in Dortmund tätig.

Amedeo Augenbroe leitet die Essener Niederlassung der Gewerbeimmobilienberatung BNP Paribas Real Estate. Im letzten Quartal des vergangenen Jahres hat das Unternehmen in Dortmund unter anderem die Verträge für die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (7200 qm), Vanderlande Industries (6.600 qm) und Swisslog (4600 qm) mit abgeschlossen. © BNP Paribas Real Estate

„Egal, ob Dienstleistungsunternehmen, Beratungsgesellschaften oder Bildungseinrichtungen - alle suchen hochwertige Flächen. Die Anzahl der Immobiliengesuche war auch 2020 schon hoch und hat nicht abgenommen, jedoch waren die Flächengrößen kleiner“, sagt Augenbroe und rechnet in diesem Jahr insgesamt mit einem deutlich höheren Flächenumsatz als im Vorjahr.

Qualität ist bei einer Bürofläche jetzt wichtig und ein Grund für die steigende Nachfrage. Ein zweiter Grund ist aber auch das Einsparpotential durch das mobile Arbeiten, von dem noch die Rede sein wird. Wer weniger Fläche braucht, kann Mietkosten eindämmen.

Diese Büroimmobilie entsteht gerade auf Phoenix-West. Das Dortmunder Architekturbüro Gerber liefert den Entwurf für die neue Unternehmenszentrale des IT-Spezialisten Materna.

Diese Büroimmobilie entsteht gerade auf Phoenix-West. Das Dortmunder Architekturbüro Gerber liefert den Entwurf für die neue Unternehmenszentrale des IT-Spezialisten Materna. © Gerber Architekten

„Denn die Mietpreise sind eher im Aufwärtstrend“, sagt Amedeo Augenbroe. Die Durchschnittsmieten in Dortmund sind um 3,5 Prozent gestiegen und liegen bei 11,50 Euro/qm (Spitzenmiete: 16 Euro/qm). Für die Mietsteigerung sorgen eben die höheren Qualitätsansprüche an technischer und räumlicher Ausstattung, aber auch die steigenden Baukosten und nicht zuletzt das geringe Angebot.

Moderne Büroräume sind weiterhin sehr knapp

Der Leerstand auf dem Dortmunder Büromarkt ist laut BNP Paribas 2020 zwar im Vergleich zu 2019 um rund 43 Prozent angestiegen und es standen Ende 2020 rund 106.000 Quadratmeter leer. Zu berücksichtigen ist aber, dass sich der Leerstand von modernen Büroräumen kaum verändert hat. Die am stärksten nachgefragte Flächenqualität - wie es sie vor allem am Phoenix-See, auf Phoenix-West oder der Stadtkrone Ost gibt - ist mit weiterhin nur 15.000 Quadratmetern sehr knapp.

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Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass Investoren Dortmund als starken Markt sehen und neue Büroflächen bauen. Wie etwa die Unternehmensgruppe Markus Gerold, die an der Brennaborstraße in der Nähe zur Uni 15.500 Quadratmeter Büro- und Technologieflächen entstehen lässt.

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Unbedingt sind auch in Dortmund ansässige Unternehmen wie Wilo, Materna, Swisslog oder die Continentale Versicherung zu nennen, die für Millionensummen neue Firmensitze bauen oder gerade gebaut haben.

Firmen setzen jetzt verstärkt auf mobiles Arbeiten

Es gibt also eine Dynamik im Markt, die der Wirtschaftsstandort Dortmund aber im zweiten Jahr der Corona-Pandemie auch braucht. Denn Firmen setzen jetzt verstärkt auf das erwähnte mobile Arbeiten, bei dem feste Arbeitsplätze in Einzel- oder Doppelbüros passé sind. Weil wegen Urlaub, Krankheit oder auch einem bleibenden Anteil an Homeoffice-Tätigkeit nie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichzeitig im Büro sind, lassen sich Flächen einsparen.

Ein neues Firmengebäude hat die Swisslog GmbH, die roboter-basierte Logistiklösungen entwickelt, an Bünnerhelfstraße in Dorstfeld bezogen. Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren ständig gewachsen und bekennt sich mit dem Umzug in Neubau zum Standort Dortmund.

Ein neues Firmengebäude hat die Swisslog GmbH, die roboter-basierte Logistiklösungen entwickelt, an der Bünnerhelfstraße in Dorstfeld bezogen. Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren ständig gewachsen und bekennt sich mit dem Umzug in diesen Neubau zum Standort Dortmund. © Skizze Swisslog

„Der Raumbedarf ändert sich“, so Amedeo Augenbroe. Er schätzt, dass Firmen durch neue Raumkonzepte durchschnittlich 10 bis 30 Prozent Flächenersparnis erzielen werden. Mit dem Homeoffice-Hype zu Beginn der Pandemie geisterte ein Einsparvolumen von 40 bis 50 Prozent durch die Medienlandschaft. Das aber bestätigt sich für Augenbroe so nicht. Schließlich gebe es ja beispielsweise wegen größerer Abstandsflächen zwischen den Arbeitsplätzen auch einen Mehrbedarf.

„Viele Branchen suchen die Hauptbahnhof-Nähe“

In Dortmund, davon ist der Experte überzeugt, wird sich in den nächsten Jahren die City wieder zu einem sehr attraktiven Bürostandort entwickeln. „Es gibt viele Branchen, wie Öffentliche Verwaltungen, medizinische oder Bildungseinrichtungen, die die Hauptbahnhof-Nähe brauchen und suchen. Und die Eigentümer großer Einzelhandelsimmobilien werden dem Rechnung tragen und neue Konzepte für die Obergeschosse über den Geschäften entwickeln“, sagt Amedeo Augenbroe.

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Dieser City-Trend brauche aber noch ein bisschen Zeit und werde jetzt nicht unmittelbar zu spüren sein. Sein genereller Ausblick auf 2021 lautet: „Mit dem Beginn der Impfkampagne und einer sich im Jahresverlauf abzeichnenden Normalisierung des Alltags werden voraussichtlich auch die Flächenumsätze wieder steigen. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte ist demzufolge von einer spürbaren Nachfragebelebung auszugehen.“