Von wegen: Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Wenn es nach der Versicherung von Karsten Schulz geht, ist ein Brand im Nachbarhaus und der daraus entstandene Schaden durch Rauch in seiner Buchhandlung nicht Anlass genug, den Schaden zu bezahlen.
Was war passiert? Wie wir berichtet hatten, war es am 27. Juni im Keller des beliebten portugiesischen Restaurants „Churraso Grill“ in der Nordstadt zu einem Kellerbrand gekommen. Ein Mitarbeiter der Litfass-Buchhandlung bemerkte, wie Rauch durch das Lokal und die benachbarte Buchhandlung in der Münsterstraße 107- 109 waberte. Er rief die Feuerwehr, die fand eine brennende Waschmaschine im Keller des Nachbarhauses. Seitdem ist der Portugiese geschlossen. Auch das Litfass hat noch geschlossen, plant allerdings eine Neueröffnung für den 16. September.
Die Buchhandlung hatte alle Bücher zum Lüften in einen überdachten Hinterhof gebracht, anfangs durch die offene Tür verkauft - aber schließlich den Laden ganz geschlossen. Litfass hat sich einen Namen als Bibliotheksdienstleister gemacht, verkauft also nicht nur über den Tresen. Trotz geschlossenen Geschäfts hat Karsten Schulz seine Belegschaft nicht reduziert - „ich kann ja deswegen keinen entlassen“, sagte er unserer Redaktion.
Er hatte gehofft, dass seine Versicherung für den Schaden aufkommt. Immerhin hat er eine Inhalts- und Ertragsausfallversicherung bei Condor, einem Unternehmen, das 2008 die R+V-Versicherung von der Oetker-Gruppe übernommen hatte. Nach ersten Gesprächen mit seiner Versicherung hatte Schulz seinen Laden geschlossen und warte auf den Gutachter - die Bücher lüfteten indessen durch. „Und dann ist es überhaupt nicht gut gelaufen“, sagt Karsten Schulz rückblickend.
Kein Ruß, kein Geld
Der Gutachter sei gekommen, sagt Karsten Schulz. Laienhaft würde er sagen, der sei nur einmal mit dem Finger über das Regal gegangen und nachdem er keinen Ruß gefunden hatte, war die Sache für ihn erledigt. R+V-Sprecher Joscha Denzer bestätigt auf Anfrage unserer Redaktion, dass der Gutachter am 4. Juli vor Ort war.
„Wischproben haben ergeben, dass sich durch den Rauch kein Ruß in der Buchhandlung abgelagert hat. Da somit kein Sachschaden vorliegt, kann hier auch nicht die Ertragsausfallversicherung in Anspruch genommen werden. Diese greift nur dann, wenn ein Sachschaden innerhalb des Versicherungsortes, in diesem Fall der Buchhandlung, entstanden ist“, erklärte der Sprecher.
Auch die Litfass-Inhalte wurden nicht beschädigt: „Wir waren ja so doof und haben sie lüften lassen. Jetzt können sie entweder wieder verkauft oder an den Großhandel zurückgegeben werden“, erklärt Karsten Schulz. Insgesamt schätzt er den Schaden auf eine Summe im unteren fünfstelligen Bereich, also 10.000 bis 15.000 Euro. Auf dieser Summe bleibt er jetzt erst mal sitzen - wenn er nicht ein Gegengutachten in Auftrag gibt oder mutmaßlich Verantwortliche verklagt.
Ein weiteres Gutachten würde 3000 Euro kosten. Ob Karsten Schulz die Summe bei einem Vergleich je zurückbekommt, ist fraglich. „Mit geht es einfach nicht in den Kopf, dass der Aggregatzustand darüber entscheidet, ob die Versicherung zahlt - also: bei festem Ruß ja, bei gasförmigen Rauch nein.“
Zudem betont er, dass er ja erst mit der Versicherung gesprochen habe und danach auf die Begutachtung und die nun erfolgte abschlägige Entscheidung gewartet habe. In der Zeit war der Laden geschlossen, die Gehaltszahlungen liefen weiter. „Weder der zuständige Sachbearbeiter noch der Sachverständige vor Ort“ habe laut R+V Karsen Schmidt veranlasst, seinen Laden zu schließen.
Ein neues Gutachten?
Die Versicherung sieht sich auch deshalb nicht in der Pflicht, weil die Schadensursache ja außerhalb des Geschäfts von Karsten Schulz liegt: „Der von uns beauftragte Sachverständige hat auch festgestellt, dass an der Decke zahlreiche Verbindungen zwischen dem Restaurant, also dem Brandort, und der Buchhandlung bestehen, so dass der Brandgeruch weiterhin in die Buchhandlung ziehen kann. Der Ursprung für die Geruchsbelästigung liegt im Nachbargebäude und muss dort beseitigt werden“, sagt Joscha Denzer von der R+V.
Seine Schlussfolgerung: „Wir sind nicht der Versicherer des Restaurants, in dem der Brand entstanden ist. Daher sind wir in diesem Fall auch nicht der richtige Ansprechpartner. Für Ansprüche aufgrund von finanziellen Einbußen durch die Folgen des Brandes muss sich Herr Schulz an den Verursacher des Brandes wenden.“
Gegen wen klagen?
Karsten Schulz hatte die Hoffnung, dass sich seine Versicherung, die des Hauseigentümers oder des Restaurants sich über die Aufteilung der Kosten verständigen. Aber er habe den „Churraso“-Besitzer neulich auf dem Kubasik-Platz getroffen. Auch der habe noch keine Kostenzusage seiner Versicherung, trotz zahlreicher Gutachten.
So lang nicht klar sei, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Waschmaschine in Brand geriet, so lang wisse er auch nicht, wenn er eventuell verklagen könnte. Jetzt freut sich Karsten Schulz erstmal auf die samstägliche Eröffnungsfeier am 16. September - „wir laden ein zu Sekt und Räucherwürstchen. So viel Galgenhumor muss sein!“
Feuer, Starkregen, Corona - und nun wieder ein Brand: Geschäfte in der Nordstadt erleben Dauer-Krise
Dortmunder Restaurant Churrasco: „Existenz hing am seidenen Faden“
Der Nordstadt-Messi ist BVB-Fan: Roj-Torjäger trifft direkt traumhaft für den neuen Klub