Am Montagabend (11.12.) war der Stadtgarten in Blaulicht gehüllt. Ein Mann hatte einen 21-Jährigen schwer mit einem Messer verletzt. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei Dortmund habe es sich bei diesem Vorfall um einen Streit gehandelt, der überall hätte stattfinden können. Einen konkreten Bezug zum Ort und Zusammenhänge mit dem Drogenmilieu gebe es nicht, teilte die Behörde mit.
Aber der Vorfall rückt den Stadtgarten erneut ins öffentliche Bewusstsein und ist ein Anlass, die Entwicklung der vergangenen Monate zu beleuchten. Unter anderem wegen dort sichtbarerer Suchtkranker und eines Messerangriffs, bei dem ein Mann im Dezember 2022 fast getötet worden war, war das Sicherheitsgefühl im Stadtgarten vor allem im vergangenen Jahr immer wieder Thema.
Ein Sicherheitsdienst wurde eingesetzt. Gewächs ist heruntergeschnitten worden, um Drogenverstecke zu erschweren. Und es sind neue Laternen aufgestellt worden, die die Wege besser ausleuchten.
„Wahnsinnig viele Beschwerden“
Im vergangenen Sommer hatte Tobias Ehinger, Direktor des Theaters Dortmund, Alarm geschlagen. „Etwa im August war der Tiefpunkt der Entwicklung erreicht. Seitdem nehmen wir eine deutlich positive Entwicklung wahr. Das Sicherheitsgefühl hat zugenommen“, sagt Ehinger.
„Wir hatten im August wahnsinnig viele Beschwerden von Besucherinnen und Besuchern, die auf dem Weg belästigt worden sind“, sagt Ehinger. Vor allem aggressiv auftretende Menschen hätten bei Gästen des Theaters, die im Dunkeln zur Haltestelle gegangen seien, für Unbehagen gesorgt.

Viele verschiedene Menschen träfen im Stadtgarten aufeinander, Kriminelle würden hier auch Rückzugsräume finden. „So kommt es hier vor allem zu szenetypischen Gewalt- und Eigentumsdelikten sowie zu Drogendelikten“, teilt die Polizei Dortmund mit.
Der Aufbau der Haltestelle mit verschiedenen Ebenen und die umliegenden Grünflächen begünstigen Kriminalität aus Sicht der Polizei Dortmund. Hinzu käme die gute Erreichbarkeit mit dem ÖPNV und die unmittelbare Innenstadtlage, heißt es in einer schriftlichen Antwort.
Lebendige Innenstadt als Schlüssel
Das Theater ist bemüht, den Stadtgarten mit Aktionen zu beleben und so das Sicherheitsgefühl im Park zu erhöhen. Im Sommer hat man immer wieder mit einer Ape eine kleine mobile Spielstätte im Stadtgarten geschaffen, an der es auch Getränke und Musik gab.
„Für mich ist eine lebendige Innenstadt neben konsequentem Unterbinden des Dealens und einem guten Hilfesystem ein Schlüssel zur Bekämpfung der Drogenproblematik“, sagt der Theater-Direktor: „Konsum in der Öffentlichkeit darf nicht bequem sein.“ Er sei überzeugt, dass in einer Innenstadt, in der viele Menschen unterwegs sind, auch die Hemmung steigt, öffentlich Drogen zu nehmen. Auch der Feierabendmarkt auf dem Vorplatz des Theaters sei da ein Faktor, sagt Ehinger.
Der Stadtgarten ist seit Jahren im Fokus von Polizei und Ordnungsamt. Beide Behörden führen dort auch immer wieder gemeinsame Schwerpunkteinsätze durch. Mitte des Jahres wurden diese Bemühungen und der Austausch noch einmal intensiviert. Der Sonderstab „Ordnung und Stadtleben“ wurde eingeführt.
Erhöhter Kontrolldruck
Die Strategie beinhaltet einen erhöhten Kontrolldruck. Aufgrund von diesem sei festzustellen, dass sich weniger Personengruppen aus der Drogenszene im Bereich Innenstadt und Nordstadt aufhalten, teilt die Polizei mit. Eine spezielle Auswertung für den kleinen Bereich des Stadtgartens sei aber nicht möglich.
Wegen der Drogenproblematik sei man nach wie vor mit der gleichen Anzahl von Beamtinnen und Beamten im Einsatz, sagte Polizeipräsident Gregor Lange am Dienstag nach der Sitzung des städtischen Verwaltungsvorstands.

Er wies darauf hin, dass Zwischenstände vorsichtig zu bewerten seien, da man „mitten im Prozess“ sei. Bei gleichbleibendem Kontrolldruck sei aber die Zahl der freiheitsentziehenden Maßnahmen gesunken und die Zahl der Konsumvorgänge im Drogenkonsumraum gestiegen. Was bedeuten könnte, dass der öffentliche Konsum ins Café Kick verlagert werde.
„Natürlich ist uns bewusst, dass es sich um eine durch Witterung und Jahreszeit beeinflusste Momentaufnahme handeln könnte“, sagte Lange. Man werde die Situation aber kontinuierlich beobachten. „Ebenso wie den aus den Erfolgen resultierenden Verdrängungseffekt, den wir im Auge behalten, um Einsatzmaßnahmen dahingehend auch anpassen zu können.“
Passantenbefragung zur City-Qualität
Die Stadt begleitet die Drogenproblematik in der Innenstadt aktuell auch mit einer Befragung von Passantinnen und Passanten. Erste Ergebnisse sind am Dienstag ebenfalls nach der Sitzung des Verwaltungsvorstands vorgestellt worden. Demnach habe man in einer ersten Phase Mitte November rund 400 Interviews geführt, um ein genaueres Bild zu bekommen, wie die Menschen die Dortmunder City wahrnehmen. Diese nahmen die Dortmunder Innenstadt überwiegend als attraktiv wahr.
Sicherheit und Sauberkeit seien aber vor allem die Punkte gewesen, die die Menschen negativ beurteilen. Gründe dafür seien als problematisch empfundene Menschengruppen und aggressives Anbetteln. Rund ein Drittel der Befragten habe gesagt, dass sie aggressives Betteln erlebt hätten und kampierende Menschen wahrgenommen hätten. Letzteres sorgte aber eher für Mitleid und sei nicht als störend wahrgenommen worden, stellte Diana Andrä, Leiterin der Dortmunder Statistik, die ersten Ergebnisse vor.
Der Weihnachtsmarkt ziehe aktuell viele Menschen in die Innenstadt, das erhöhe auch die Zahl der Situationen, die potenziell als unangenehm empfunden werden könnten, ergänzte Oberbürgermeister Thomas Westphal. Die Zahl der Polizisten, die Schwerpunktkontrollen zur Drogenproblematik durchführen, sei wegen des Weihnachtsmarkts aber nicht reduziert worden, sagt Polizeipräsident Lange.
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