
© Martin Klose (Grafik)
Dortmunds Wall als Einbahnstraße? Ja, bitte!
Meinung
Vier Varianten für einen langfristigen Umbau des Wallrings schlagen Verkehrsplaner vor. Es soll mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger geschaffen werden. Die Ideen sollte man nehmen.
Die Frage stellt sich immer wieder, wenn ich auf den Wall zufahre und auf die „andere Seite“ will – rechts herum oder links herum? Wo komme ich schneller durch? Am Ende ist es eher Glücksspiel.
Die Qual der Wahl könnte den Autofahrern in einiger Zukunft genommen werden. Den Wall zur Einbahnstraße zu machen, ist eine der revolutionären Ideen eines Ingenieurbüros im Rahmen des Programms „Emissionsfreie Innenstadt“. Es hatte die Aufgabe, Lösungen für einen Umbau des Wallrings zu finden, der mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger liefern soll.
Die vier Vorschläge der Verkehrsexperten haben es in sich: In mehreren Varianten schlagen die Planer vor, Autofahrspuren und Parkplätze entlang des Wallrings für eine Umweltspur oder Radspuren zu opfern. Vor dem Hauptbahnhof könnte der Wall dann ganz gesperrt oder zumindest in Richtung Westen einspurig werden.
Die klarste Lösung ist allerdings, den Wall zur Einbahnstraße zu machen, der dann von Autos gegen den Uhrzeigersinn befahren werden kann. Es geht also immer rechts herum, Linksabbiegen ist nicht mehr möglich. Der komplette Innenring wäre dann frei für Radfahrer und Fußgänger.
Die Fußgängerampel am Ostenhellweg gibt es auch nicht mehr
Unmöglich, werden manche Autofahrer spontan denken. Doch ist die Lösung wirklich so abwegig? Als ich jung war, fuhren die Autos noch mitten durch die City, über Kleppingstraße und Kuckelke, Brüderweg und Kampstraße. Auf dem Ostenhellweg stauten sich die Einkaufsbummler an einer Fußgängerampel, um dann in Massen schnell auf die andere Seite zu kommen.
Damals wurde noch der Traum von der autogerechten Stadt gelebt. Und damals hielt man es anfangs ebenfalls für unmöglich, den gesamten Autoverkehr über den Wall zu leiten. So, wie es heute Alltag ist.
Jetzt steht erneut eine Verkehrswende an. In zehn Jahren, so heißt es, sollen keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden. Heute noch unvorstellbar. Ebenso wie ein Wall als Einbahnstraße, wie es ihn in der Nachbarstadt Unna – zugegeben, die ist etwas kleiner als Dortmund – schon gibt.
Geteilter Wall sollte weiterverfolgt werden
Die Verkehrswende ist eine Herausforderung, der man sich stellen muss. Deshalb hat es die Idee einer Wall-Einbahnstraße zumindest verdient, ernsthaft in Erwägung gezogen zu werden.
Sie wird nicht kurzfristig kommen, sondern in 10 bis 20 Jahren - schließlich werden Ost- und Schwanenwall in den nächsten zwei Jahren erst einmal zum Radwall umgebaut, ohne Autofahrspuren anzutasten.
Natürlich wird man auch Lösungen finden müssen, um vom Einbahn-Wall weiterhin Zufahrten in die City, etwa zu den Parkhäusern, möglich zu machen. Aber er ist eine Vision, die es verdient hat, weiterverfolgt zu werden. Und keine andere Lösung würde den Wandel für Radfahrer und Fußgänger so augenfällig machen wie der geteilte Wall.
Vielleicht kann man die Idee bald schon einmal testen. Zum Abschluss des Projekts „Emissionsfreie Innenstadt“ soll es ja an einem Sonntag im Herbst 2021 ein „Stillleben“ auf dem Wall geben. Wie im Kulturhauptstadt-Jahr 2010 als die komplette A40 im Ruhrgebiet zur Festmeile wurde. Dann könnte man den Wall als Einbahnstraße auf dem Außenring nutzen und auf der Innenseite feiern.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
