
© Hans Blossey
Der Wall als Einbahnstraße? Radikale Vorschläge für Innenstadt-Umbau
Verkehrsplanung
Wie kann auf dem Dortmunder Wallring mehr Platz für den Radverkehr geschaffen werden? Dazu liegen nun Vorschläge von Verkehrsplanern für den Umbau des Walls vor. Und die sind nicht zimperlich.
Der „Radwall“ macht den Anfang: Zwischen Kleppingstraße und Bornstraße soll in den nächsten zwei Jahren ein komfortabler Radweg entstehen. Der Eingriff in den Verkehr auf dem Wallring ist dabei relativ gering. Denn die Radspuren führen weitgehend über die vorhandenen Nebenfahrbahnen und einige Parkstreifen. Der Verlust an Stellplätzen hält sich nach allgemeiner Einschätzung aber in Grenzen.
Der von der Politik schon beschlossene „Radwall“ ist aber nur der erste Teil der angekündigten Verkehrswende, die mit dem Programm „Emissionsfreie Innenstadt“ eingeleitet werden soll. Denn auch der Rest des Wallrings soll langfristig umgebaut werden, um mehr Platz für Rad- und Fußgängerverkehr zu schaffen.
Wie das aussehen könnte, dazu liegen jetzt erste Vorschläge eines Planungsbüros vor. Und die fallen für den bislang vom Autoverkehr dominierten Wallring zum Teil radikal aus. Die beauftragte Ingenieurgesellschaft Brilon Bondzio Weiser aus Bochum hat bislang vier Planfälle durchgespielt.
1. Umweltspur im Norden
Planfall 1 sieht eine Umweltspur auf dem Königs- und Burgwall zwischen Westentor und Bornstraße vor, die für den Bus- und Radverkehr reserviert ist. Dazu soll jeweils auf den äußeren Fahrstreifen in jeder Richtung verzichtet werden. Das würde dazu führen, dass es auf dem Königswall vor dem Hauptbahnhof nur noch eine reguläre Fahrspur für den Autoverkehr gibt.
Auf dem Rest des Wallrings soll mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger durch den Verzicht auf Stellplätze am Rand geschaffen werden. Der Eingriff in die Fahrspuren und die Verlagerungen von Autoverkehr auf das umliegende Straßennetz seien bei dieser Variante relativ gering, erklären die Verkehrsplaner.

Eine Umweltspur auf dem Königswall und Burgwall und mehr Platz am restlichen Wallring durch den Verzicht auf Parkplätze sieht der Planfall 1 vor. © BBW GmbH
2. Wall als Einbahnstraße
Planfall 2 fällt deutlich radikaler aus. Denn er macht den kompletten Wallring zur Einbahnstraße - eine Regelung, über die man übrigens schon in den 1960er-Jahren einmal nachgedacht hat. Der Autoverkehr würde dann gegen den Uhrzeigersinn auf den äußeren Wallring-Spuren um die City herumfahren. Der innere Wallring würde komplett frei für Radfahrer und Fußgänger.
Die Lösung hätte erhebliche Wirkungen auch auf die umgebenden Hauptverkehrsstraßen. So würde das Linksabbiegen auf den Wallring entfallen.

Der Planfall 2 sieht eine Einbahnstraßenregelung gegen denUhrzeigersinn auf dem Wallring vor. Die übrig bleibende Fahrbahn ist dann für Radfahrer und Fußgänger reserviert. © BBW GmbH
3. Rad- statt Autospur
Planfall 3 wäre die wohl am einfachsten zu realisierende Variante. Er sieht schlicht den Verzicht auf mindestens einen Fahrstreifen pro Richtung auf dem Wall vor. Der würde dann Platz für Fußgänger und Radfahrer bieten. „Dabei handelt es sich ausschließlich um Radfahrstreifen, nicht um eine Umweltspur“, heben die Verkehrsplaner hervor.
Die Auswirkungen auf das umliegende Straßennetz wären relativ moderat. Eine Folge wäre aber auch hier, dass es auf der Nordseite des Königswalls vor dem Hauptbahnhof nur noch eine Auto-Fahrspur gäbe.

Im Planfall 3 wird aus mindestens einem Auto-Fahrstreifen auf dem Wall ein Radfahrstreifen. © BBW GmbH
4. Unterbrochener Wallring
Der Königswall steht im Mittelpunkt des Planfalls 4. Er sieht eine Unterbrechung des Wallrings für den gesamten Durchgangsverkehr vor dem Hauptbahnhof vor. Dadurch entstünde ein großer Platz vor dem Hauptbahnhof. Fahren dürften dort nur Busse und Taxen, für die ab Westentor und Bornstraße auf dem restlichen Abschnitt von Königswall und Burgwall außerdem Umweltspuren entstehen könnten.

Eine Unterbrechung des Wallrings für den Durchgangsverkehr vor dem Hauptbahnhof sieht Planfall 4 vor. Auf dem restlichen Wallring wird Platz für den Verkehr durch den Verzicht auf Parkplätze gewonnen. © BBW GmbH
Die Folgen für das umgebende Straßennetz wären allerdings erheblich, räumen die Planer ein. Mehr belastet würden nicht nur der restliche Bereich des Wallrings, sondern vor allem auch die Straßen nördlich des Hauptbahnhofs wie die Steinstraße, die dann für Autofahrer zur Ausweichroute würden.
Und: Mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger am übrigen Wallring wäre auch nur durch den Verzicht auf viele Parkplätze am Rand zu erreichen.

Ein autofreier Platz vor dem Hauptbahnhof ist eine der radikalen Umbau-Ideen für den Wallring. © Hans Blossey
Digitale Dialogveranstaltung
Klar ist: Die vier Varianten sind zunächst einmal Vorschläge, die nun diskutiert werden sollen. Vorgesehen ist das im Arbeitskreis zum Masterplan Mobilität 2030, dem viele verschiedene Interessensgruppen von Umweltverbänden bis zur IHK angehören.
Voraussichtlich am 28. Januar um 18 Uhr soll das Thema Wall-Umbau auch öffentlich mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden - in einer Dialogveranstaltung, die corona-bedingt wahrscheinlich digital, also über das Internet, stattfindet.
Dabei soll es auch um die Fragen gehen, ob die Planfälle ausreichend sind oder weitere Varianten untersucht werden sollen oder ob es möglicherweise Kombinationsmöglichkeiten gibt. „Die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung fließen in die weitere Untersuchung ein“, kündigt das Projektteam Emissionsfreie Innenstadt an. Am Ende entscheidet dann der Rat der Stadt.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
