Bekommt die B1, wie von Anwohnern gewünscht, eine neue Ampel? Über diese Frage diskutiert derzeit die Politik. Unser Autor sagt: Macht Schluss mit einer veralteten Verkehrspolitik.
Es war die Zeit des legendären Oberbürgermeisters Günter Samtlebe als der geflügelte Satz entstand: Die letzte Ampel zwischen Paris und Moskau muss weg. Gemeint waren die Ampeln auf der Bundesstraße 1 (B1) in Dortmund, die angeblich der Freiheit des Autoverkehrs weit über Stadt- und Landesgrenzen hinaus im Wege stehen.
Bis zuletzt hatte diese Leitlinie Bestand. Noch im September 2016 beschloss der Rat der Stadt das Konzept für den Umbau der Stadtbahn-Haltestellen an der B1 unter der Maßgabe, neue Ampeln zu verhindern.
Die Stadtverwaltung hat sich nun davon verabschiedet. Nach ausgiebigen Dialogveranstaltungen mit Bürgerinnen und Bürgern und diversen Gutachten schlägt sie nun vor, nicht nur an den bestehenden Ampeln an der Semerteichstraße und an der Lübkestraße festzuhalten, sondern sogar eine neue Ampel an der Max-Eyth-Straße zu installieren.
Der Vorteil: Die Stadtbahn-Stationen dort können dann ebenerdig erreicht werden. Der teure Bau neuer Brücken, über die man mit Rampen, Treppen und Aufzügen die Bahnsteige erreichen kann, bliebe so erspart. Ebenso wie die Folgekosten, die etwa für Wartung und Reparatur der Aufzüge anfielen. Das entspricht dem Wunsch vieler Anwohner aus der Gartenstadt, die die Stationen nutzen und auch aus anderen Gründen die B1 überqueren wollen.
Kritik an neuen Ampel-Plänen
Autofahrer mögen da naturgemäß anders denken. Deshalb gibt es auch Widerspruch: Die CDU im Rat und die IHK als Vertreterin der Dortmunder Wirtschaft haben sich bereits klar gegen neue Ampeln ausgesprochen.
Die CDU will sogar an dem Ziel festhalten, langfristig alle Ampeln von der B1 zu verbannen. Deshalb kritisiert sie auch, dass die Verwaltung die Idee, die Kreuzung Semerteichstraße neu zu gestalten, mit Hinweis auf gutachterliche Untersuchungsergebnisse zu den Akten legen will.
Die Idee stammt interessanterweise aus den Reihen der Initiative B1plus, die sich für den Erhalt der B1 als Allee und Stadtstraße im Sinne der Anwohner stark macht. Um Rückstaus an der Kreuzung Semerteichstraße/Voßkuhle zu verhindern, schlug sie vor, auf Linksabbiegerspuren zu verzichten und Autofahrer stattdessen über Abfahrtsohren auf Semerteichstraße und Voßkuhle zu bringen.
Festhalten an B1-Untertunnelung
Allerdings: Ampeln würde es damit zunächst weiterhin geben. Erst in einer späten Umbauphase sieht das Konzept einen kreuzungsfreien Verkehr vor - nämlich dann, wenn der alte Plan zum Weiterbau der Semerteichstraße verwirklicht würde und diese eine Unterführung unter die B1 bekommt.
Was dabei übersehen wird: Ein solche Verkehrsführung würde die bisherige Planung für den B1-Tunnel im wahren Wortsinn verbauen. Denn für zwei Tunnel unter der B1 dürfte kaum Platz sein, ebenso wenig für einen Anschluss der Semerteichstraße an den B1-Tunnel.
Zugegeben: Der B1-Tunnel ist in weiter Ferne. Aber die Dortmunder Politik hat bislang immer betont, daran festhalten zu wollen. Das fordert auch IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann in einer aktuellen Stellungnahme ausdrücklich.
Im Prinzip ist das auch richtig. Es geht darum Stadt- und Durchgangsverkehr auf der B1 zu trennen.
Vor allem um den Durchgangsverkehr geht es. CDU-Verkehrsexperte Uwe Waßmann führt den Ausbau von A40 und A44 rund um Dortmund als Argument für eine kreuzungsfreie B1 ins Felde. Soll heißen: Der Durchgangsverkehr soll ungehindert über die B1 fließen - wie man es sich in den 70er- und 80er-Jahren erträumt hat.
Durchgangsverkehr auf den Autobahnring
Ist das noch zeitgemäß? In Köln käme niemand auf die Idee, den Durchgangsverkehr durch die Stadt zu leiten. Der fährt über den Autobahnring um die Stadt herum. Einen solchen Ring gibt es auch rund um Dortmund. Und genau dort gehört der Durchgangsverkehr - für Lkw über 7,5 Tonnen gilt das bereits - hin. Dann wäre für den innerstädtischen Wirtschaftsverkehr, den die IHK schützen will, sogar mehr Platz auf der B1.
Es lässt sich darüber streiten, ob man den Durchgangsverkehr auf der B1 grundsätzlich verbieten sollte. Das wäre ohnehin schwer zu kontrollieren. Man sollte ihm aber nicht unbedingt den roten Teppich ausrollen, indem man die B1 komplett ampel- und kreuzungsfrei macht.
Denn die Zeiten haben sich geändert. Die Diskussion um Lärm und Luftschadstoffe hat dazu geführt, dass auf der B1 nicht mehr Tempo 70, sondern Tempo 50 gilt. Das wird auch ohne Ampeln nicht anders sein. Auf die Zu- und Abfahrten von der B1 wird man ebenfalls nicht verzichten können, wenn man die Gartenstadt nicht isolieren will. Das wird immer dazu führen, dass der Verkehr ins Stocken kommt.
Und vor allem: Zu hoffen, es gebe ohne Ampeln keine Staus mehr auf der B1, ist reine Illusion. Dazu muss man nur über die Stadtgrenzen hinaus schauen: In Bochum und Essen ist die B1 als A40 als Stadtautobahn ausgebaut. Es ist eine hässliche Schneise durch die Stadt. Gibt es dort weniger Staus? Nein. In der Hitliste der Staumeldungen belegt die A40 einen Top-Platz. Als Vorbild für die B1 in Dortmund taugt das nicht.
Die B1 in Dortmund ist keine Stadtautobahn, sondern mit Allee und Randbebauung eine städtebaulich hoch attraktive Stadtstraße. Genau das macht sie auch als Büroadresse attraktiv. Und deshalb ist der Erhalt der B1 als attraktive Stadtstraße auch im Sinne der Dortmunder Wirtschaft. Dass man über eine intelligente Ampelsteuerung Störungen in Grenzen halten sollte, ist selbstverständlich. Von der Verkehrspolitik der 70er- und 80er-Jahre sollte man sich aber verabschieden.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
