Die ersten Hinweise auf die politische Karriere von Matthias Helferich, geboren 1988, finden sich im Jahr 2003. In diesem Jahr taucht sein Name in einer Meldung zu Diskussionen über eine Kleiderordnung an deutschen Schulen auf, die damals geführt wurde.
Als Pressesprecher der Schüler-Union, einem Teil der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union (JU), sagt er, dass wieder „verstärkt ethische und gesellschaftliche Werte in Familie und Schule“ vermittelt werden sollten, „um so wieder bürgerliche Werte in den Köpfen der Jugend aufzubauen“.
Mit 17 in der Jungen Union
Zwei Jahre später wird Helferich mit 17 zum Landesvorsitzenden der JU gewählt. Danach verlieren sich seine politischen Spuren für 12 Jahre. Fokus laut Antrittsrede: die NRW-Bildungspolitik.
Es dauert zwölf Jahre, bis er wieder politisch sichtbar wird. 2017 erscheint er als junger AfD-Politiker aus dem Umfeld der Jungen Alternative (JA) auf der Bildfläche. Relativ rasch stellt er seine völkisch-nationale Einstellung in den Vordergrund. Berührungsängste mit extremen Rechten hat er nicht.
Er sorgt regelmäßig für Skandale und öffentliche Eklats. Manche davon wirken wie kalkulierte Tabubrüche. Eine Chronologie seit 2017.
Besuch von „Freund“ Höcke
Mai 2024
Der AfD-Politiker Björn Höcke besucht Dortmund – und trifft sich auch mit Matthias Helferich. Höcke gilt als Spitze des radikalen Flügels der Partei. Der von ihm geführte Landesverband Thüringen gilt für den Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall.
Den geplanten PR-Besuch auf der Kokerei Hansa stören Gegendemonstranten und die Anwesenheit von Journalisten. Helferich bezeichnet Höcke als „Freund des Bezirksverbandes“.
Gebuchte Führungen vor Ort werden storniert. Die Verantwortlichen der Kokerei Hansa distanzieren sich ausdrücklich von dem Besuch.
Ende Januar 2024
In Helferichs Wahlkreisbüro in Dorstfeld hält Götz Kubitschek einen Vortrag. Der Verleger und Autor Kubitschek gilt als Vordenker der rechten Szene. Die Einladung zum Treffen wird erst kurz vorher durch Leaks öffentlich.
Vor dem Termin gibt es Protest vor Helferichs Büro. Der Rechtsextremismus-Experte Maik Fielitz vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena und der Forschungsstelle der Bundesarbeitsgemeinschaft „Gegen Hass im Netz“, sagt zur Einschätzung dieses Treffens: „Es geht um einen demonstrativen Schulterschluss der AfD mit ihren Vorfeldorganisationen. Die Treffen zeigen auch, dass die getroffenen Unvereinbarkeitsbeschlüsse der AfD gegenüber radikalen Gruppen praktisch hinfällig sind. Über persönliche Verbindungen geht der strategische Austausch seit Jahren vonstatten.“
Rechtfertigung des Geheimtreffens
Mitte Januar 2024
Das Recherche-Kollektiv Correctiv enthüllt ein Geheimtreffen von AfD-Politikern und Unterstützern aus Gesellschaft und Wirtschaft. Thema sind unter anderem massenhafte Deportationen von Menschen mit ausländischen Wurzeln. Helferich hat selbst keine direkten Bezüge zu dem Treffen. In den Wochen danach gefällt er sich aber in Rechtfertigungen der Strategie, die in rechten Kreisen als „Remigration“ bezeichnet wird. Teilweise verstärkt er die Positionen noch in Social-Media-Beiträgen.
November 2023
Im Internet erscheinen Bilder eines Besuchs zum Volkstrauertag von Björn Höcke auf der Hohensyburg. Auch Matthias Helferich ist auf Bildern zu sehen.
Der Politikwissenschaftler Dierk Borstel sagt über die Verbindung von Höcke und Helferich: „Aus meiner Sicht gibt es bei allem, was wir über Helferich wissen, durchaus ideologische Anschlusspunkte zwischen ihm und Höcke.“ Höcke versuche, die Verbindung in westliche Bundesländer aufzubauen. In Dortmund gelinge ihm das über den Bundestagsabgeordneten.

„Deutschland braucht Sie nicht“
Juli 2023
Eine Zeltstadt für geflüchtete Menschen im Selmer Stadtteil Bork sorgt für Diskussionen. Matthias Helferich versucht die Debatte für sich zu nutzen und verteilt einen Brief in Bork. Er fordert darin die Schließung der Zeltstadt. „Kriminalität, Vermüllung und Unsicherheit gehören seitdem zum Alltag in der Stadt“, behauptet er darin.
Ein Selmer Bürger antwortet ihm: „Bitte lassen Sie die Borker Bürger mit Ihrem neofaschistischen Gedankengut in Frieden. Wir brauchen Sie nicht! Deutschland braucht Sie nicht!“
August 2022
Helferich beantragt eine Mitgliedschaft im Verein Dortmunder Tafel. Dieser wird abgelehnt. Helferich macht das Schreiben mit der Ablehnung öffentlich, beklagt politische Einflussnahme.
Die Replik der Tafel: „Hass und Hetze haben bei uns keinen Platz. Tafeln unterstützen Menschen mit wenig Geld – ihre Herkunft, ihr Geschlecht oder ihre Lebensgeschichte spielen dabei keine Rolle.“
Die Chats und die „Nazi-Affäre“
März/April 2022
Wie nahezu alle AfD-Politiker spricht sich Helferich gegen eine Corona-Impfpflicht aus. Er zeigt sich auch regelmäßig auf den Kundgebungen der Querdenken-Bewegung, die sich gegen alle Corona-Maßnahmen ausspricht.
Juli 2021
Ende Juli 2021 wird eine Veröffentlichung des gemeinnützigen Recherchekollektivs Correctiv zur „Mutter der Skandale“ für den Dortmunder AfD-Mann.
Es werden Chataussagen aus 2017 vom damals stellvertretenden NRW-Landesvorsitzenden Matthias Helferich aus Dortmund öffentlich. Er soll sich darin unter anderem als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet haben und beschrieb sich angeblich in Anspielung auf einen NS-Richter, der viele Todesurteile sprach, als „demokratischen Freisler“.
In späteren Aussagen bestritt er die Äußerung „freundliches Gesicht des NS“ nicht. Jedoch sei der Begriff lediglich eine Fremdzuschreibung von linken Bloggern gewesen, die er „persifliert“ habe.
Während der Dortmunder Kreisverband Helferich in der „Nazi-Affäre“ verteidigt, gerät er in Bund und Land ins Abseits. Das beeinflusst auch den Bundestagswahlkampf in Dortmund. Alle anderen Parteien lehnen in der Folge Podiumsdiskussionen mit Beteiligung Helferichs ab.
Obwohl er im September in den Bundestag gewählt wird, wird er nicht Teil der AfD-Fraktion. Ein Partei-Ausschluss findet aber keine Mehrheit. Wenige Monate später ist dieser Streit dafür mitverantwortlich, dass der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen zurücktritt.
Dezember 2020
Die „Fußmatten“-Affäre beschäftigt das Rathaus. Hintergrund: Vor dem Büro von „Die Partei“ liegt eine Fußmatte mit den Worten „Nazis abtreten“. Die AfD klagt dagegen und diskutiert das Thema im Stadtrat.
Utz Kowalewski (Die Linke plus) bezeichnet Helferich in diesem Zusammenhang als „fußmattenpolitischen Sprecher“ der AfD-Fraktion.
Februar 2017
Eine Podiumsdiskussion zur Landtagswahl 2017, an der Helferich teilnimmt, in der TU Dortmund muss abgebrochen werden, weil es lautstarke Proteste von antifaschistischen Gruppen gibt. Der Protest richtet sich gegen Helferich sowie rund 20 Neonazis, die versuchen, die Veranstaltung zu besuchen.
In den Fokus des Protests gerät Helferich auch deshalb, weil er als Angestellter an der Ruhr-Universität-Bochum offen eine blaue Kornblume am Revers trägt. Diese gilt als Symbol österreichischer Nationalsozialisten.
In den 2021 öffentlich gewordenen Chat-Nachrichten aus diesem Jahr soll er sich auch über die Kornblume geäußert haben und sie mit der „Erschießung der österreichischen Staatsführung“ in Verbindung gebracht haben. Danach trägt Helferich die Kornblume in der Öffentlichkeit.