Riesen-Diskussion um autofreie Innenstadt Experte erläutert Konzept für die Dortmunder City

„Lebenswerte Stadt“ statt Parkplätze an City-Straßen
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Die Ansage war klar und deutlich: „Eine autofreie Innenstadt lehnen wir ab“, erklärte der Vorsitzende des Cityrings Tobias Heitmann bei der Verleihung des Cityrings am 11. Januar. Die Reaktionen reichten von Widerspruch bis Zustimmung. Wir erklären den Hintergrund für die neu aufgeflammte Diskussion.

Keine ernsthaften Überlegungen

Gibt es überhaupt Pläne, die City autofrei zu machen? In dieser Radikalität, nein. Ernsthafte Überlegungen, die Autos ganz aus der City zu verdrängen, gibt es aktuell nicht. Aber die Stadtplaner haben durchaus das Motto ausgegeben, es unattraktiver zu machen, mit dem Auto in die City zu fahren. Als Gründe werden der Klimaschutz und die erwünschte Steigerung der Aufenthaltsqualität genannt.

In welche Richtung es dabei geht, steht im Teilkonzept „Ruhender Verkehr“ des Masterplans Mobilität, der schon 2022 vom Rat der Stadt verabschiedet wurde. Es ist auch Basis für die Erhöhung und Neuordnung der Parkgebühren in Dortmund, die seit Sommer 2023 gilt - ebenfalls vom Rat der Stadt mit großer Mehrheit beschlossen.

Ab August haben sich so die Gebühren für Parken an Straßen innerhalb der City und am Wallring von 1,50 Euro auf 2,50 Euro pro Stunde erhöht - erstmals seit 1992. Es ist damit erstmals teurer, auf der Straße als in einem Parkhaus zu parken. Denn dort zahlt man in der Regel für die erste Stunde 2 Euro.

Das passt zu dem Ziel, das dahintersteckt: Es geht darum, die Autos von der Oberfläche unter die Erde beziehungsweise in Parkhäuser zu bringen - um auf Straßen und Plätzen im Zentrum mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen, erklärt Verkehrsplaner Michael Frehn. Sein Büro „Planersocietät“ mit Sitz auf dem Phoenix-West-Gelände hat das Park-Konzept des Masterplans Mobilität mit erarbeitet.

Noch viele Straßen-Parkplätze

Die Erkenntnis, die dahintersteckt: In der Dortmunder City und am Wallring gibt es noch vergleichsweise viele oberirdische Parkplätze - nämlich knapp 1500. Sie machen damit 18 Prozent der gesamten öffentlichen Parkplätze in der City aus, private Stellplätze nicht mitgezählt. „Und der Platz in den Parkhäusern und Tiefgaragen reicht eigentlich aus“, erklärt Frehn.

Zum Vergleich: Im Zentrum von Stuttgart gibt es gerade einmal 339 Straßenparkplätze, die 6 Prozent der Gesamtzahl ausmachen, wie das Büro „Planersocietät“ ermittelt hat. Und die Stadt Stuttgart will die oberirdischen Stellplätze bis auf wenige Ausnahmen etwa für Behinderten-Parkplätze und Ladebereiche sogar ganz abschaffen. Unter dem Motto „Lebenswerte Stadt für alle“ soll stattdessen mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und Grün entstehen.

Das bedeutet freilich nicht, dass man mit dem Auto nicht mehr ins Stadtzentrum kommt und dort nicht parken kann, betont Frehn. Denn die vorhandenen Parkhäuser und Tiefgaragen sind weiter über sogenannte Schleifen, also Zufahrtsstraßen erreichbar.

Auf ein ähnliches Szenario könnte es auch in Dortmund hinauslaufen. Auch hier gibt es Zufahrtsstraßen zu Parkhäusern wie die Hansastraße oder die Schmiedingstraße. Und auch hier sind in den vergangenen Jahren still und heimlich Straßenparkplätze in der City verschwunden oder in Ladezonen umgewandelt worden.

Bis auf einige Falschparker ist die Silberstraße zwischen Lensing-Carree und Thier-Gelarie inzwischen autofrei. Es gibt aber Parkhaus-Zufahrten.
Bis auf einige Falschparker ist die Silberstraße zwischen Lensing-Carree und Thier-Gelarie inzwischen autofrei. Es gibt aber Parkhaus-Zufahrten. © Oliver Volmerich

Bestes Beispiel ist das Umfeld der Thier-Galerie mit Hövel- und Silberstraße. Die Silberstraße ist jetzt eine Mischverkehrsfläche mit viel Platz für Fußgänger. Parkplätze, die dort verloren gegangen sind, sind aber durch das neue Parkhaus der Thier-Galerie mehr als ersetzt worden. Da gibt es 730 Stellplätze - und im unmittelbaren Umfeld weitere Tiefgaragen oder Parkhäuser.

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