Wer kurz vor Anpfiff des Fußball-Länderspiels Deutschland-Frankreich am Dienstagabend auf die Staukarte schaute, sah ganz viel Rot in Dortmund. Sogar während der ersten Halbzeit stauten sich noch die Autos auf der B1. Und auch in den Anwohnerstraßen im nahen Kreuzviertel herrschte Chaos, weil Fußball-Fans auf der Suche nach Parkplätzen waren. Viele Falschparker kassierten obendrein teure Knöllchen.

„Es kam zu massiven Verkehrsstörungen rund um das Stadion. Mehrere tausend Fans kamen erst im Laufe der ersten Halbzeit in das Stadion“, heißt es im Polizeibericht über einen ansonsten friedlichen Fußballabend. „Nach dem Spiel kam es in der Abreisephase erneut zu Verkehrsstörungen rund um den Signal-Iduna-Park.“ Wie konnte das passieren? Und was droht 2024? Eine Analyse:
Warum sind die Verkehrsprobleme bei Länderspielen mit weniger Zuschauern größer als bei BVB-Heimspielen?
In der Tat waren mit 60.000 Zuschauern beim Länderspiel deutlich weniger Menschen unterwegs als bei BVB-Heimspielen mit in der Regel 81.000 Zuschauern. Das Phänomen, dass es bei Länderspielen trotzdem zu größeren Verkehrsproblemen kommt, ist allerdings nicht neu, hat es auch bei früheren Gastspielen der Nationalmannschaft in Dortmund schon gegeben.
Der Hauptgrund: „Zu Länderspielen kommen deutlich mehr auswärtige Besuche aus anderen Städten als zu BVB-Heimspielen“, erklärt Polizeisprecher Gunnar Wortmann. Das habe man auch am Dienstagabend gut an den Kennzeichen der Autos sehen können. Dazu kommt: Während die Besucher von BVB-Spielen meist „Stammgäste“ sind, die auf eingeübten Wegen ins Stadion kommen, handelt es sich bei Länderspielen meist um Ortsfremde, die sich in Dortmund nicht auskennen.
Ein Problem sei auch, dass viele Besucher in ihr Navigationsgerät einfach nur Stadion oder Strobelallee eingegeben. „Das ist problematisch, da ausgerechnet diese Straße voll gesperrt ist“, erklärt Stadtsprecherin Alexandra Schürmann. Leider verließen sich einige Autofahrer mehr auf ihre Navigationsgeräte, als der Beschilderung oder den Anweisungen des Absperrpersonals zu folgen.

Dazu kam, dass am Dienstag viele Fans erst sehr spät anreisten. Während bei BVB-Spielen schon Stunden vor dem Anpfiff der Andrang groß ist und viele Fans zu Fuß unterwegs sind, setzte die große Anreisewelle vor dem Länderspiel erst gut eine Stunde vor dem Anstoß ein. Deutlich weniger Menschen nutzten Bus und Bahn für die Anreise oder stiegen an P&R-Parkplätzen auf öffentlichen Verkehrsmittel um.
Außerdem fehlt eine moderne Verkehrslenkung, um den Anreiseverkehr auf noch freie Parkplätze zu lotsen. Das Parkleitsystem rund ums Veranstaltungszentrum mit Westfalenhallen und Stadion stammt noch aus der Zeit vor 2006 und genügt nicht mehr den aktuellen Anforderungen.
Wie ist die Stadt mit dem Problem umgegangen?
Für die Verkehrssteuerung zu Fußballspielen ist das städtische Tiefbauamt zuständig, das durch gezielte Sperren versucht, den Verkehrsfluss zu den Parkplätzen zu lenken. Die Stadt musste eine Zeit lang die Auffahrt von der B54 auf die B1 sperren. Doch auch die Verkehrslenkung hat Grenzen. „Es stehen nicht unbegrenzt Parkplätze zur Verfügung“, erklärt Alexandra Schürmann.
Droht bei den Spielen der Fußball-Europameisterschaft EURO24 im nächsten Jahr ähnliches Chaos?
Nicht unbedingt - auch wenn die Stadt das Vorhaben, bis zu EURO24 ein neues, modernes Parkleitsystem zu installieren, nicht umsetzen kann. Anders als bei einem einfachen Länderspiel ist aber davon auszugehen, dass viele Menschen schon zu den sechs EM-Spielen, die in Dortmund ausgetragen werden, vorher da sind, um auch möglichst viel EM-Atmosphäre mitzubekommen. Das dürfte das Problem im unmittelbaren Stadion-Umfeld zumindest reduziert.
„Bei der EURO 2024 ist - anders als beim gestrigen Länderspiel - zu erwarten, dass zahlreiche Besucherinnen und Besucher frühzeitig in die Stadt anreisen und deutlich mehr den ÖPNV beziehungsweise den Fußweg nutzen werden, um zum Stadion zu gelangen“, erläutert die Stadtsprecherin.
Die EM wird mit zahlreichen Arbeitsgruppen vorbereitet, unter anderem auch zum Thema Mobilität. Dort werde der Länderspielabend jetzt analysiert, um Erkenntnisse für das Mobilitätskonzept zur EURO24 abzuleiten, erklärt Alexandra Schürmann. Dazu gehöre auch ein Parkkonzept.
Es werde bestimmte Maßnahmen geben, um den Autoverkehr zu reduzieren, kündigt der städtische Beauftragte für die EURO24, Martin Sauer, an. Außerdem stelle man sich etwa mit einer besonderen Beschilderung darauf ein, dass die meisten Besucher sich in Dortmund nicht auskennen.
Was ist zur EM geplant?
Die städtischen EM-Planer um den EURO24-Beauftragten Martin Sauer setzen auf den besonderen Event-Charakter. In der City wird es auf dem Friedensplatz eine Fan-Zone geben, einen weiteren Fan-Treff mit Übertragungen wichtiger Spiele im Westfalenpark. Für die Wege zum Stadion und zum Westfalenpark setzt man darauf, dass möglichst viele Fußball-Fans zu Fuß unterwegs sind.
Gezielt unterstützt werden soll das mit einem „grünen Teppich“, der auch als Wegweiser für Ortsfremde vom Hauptbahnhof über die City bis zum Stadion oder zum Westfalenpark fungierten soll. „Den meisten Menschen ist einfach nicht klar, wie gut man das Stadion zu Fuß erreichen kann“, erklärt Martin Sauer. Die Nähe des Stadions zur Stadt sorge auch für eine besondere Atmosphäre. „Dieses besondere Flair kann man nur bei uns finden.“
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