Steag hat bereits angekündigt 1000 Stellen abzubauen.

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Kurz vor Steag-Ausstieg: Mächtiger Ruhrgebiets-Akteur schaltet sich ein

rnEnergiewende

Überraschende Wende im Streit um die Anteile von DSW21 am Kohleverstromer Steag: Eigentlich soll der Rat den Ausstieg beschließen. Doch nun hat unerwartet ein neuer Akteur die Bühne betreten.

Dortmund

, 08.12.2020, 18:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Sache schien klar: CDU und Grüne haben den Ärger um Steag satt. Dortmund soll raus aus dem Unternehmen. Der Essener Kohleverstromer war 2011 und 2014 für rund 1,2 Milliarden Euro von sechs Ruhrgebiets-Stadtwerken übernommen worden – genährt von der Hoffnung, im Big Business der Energiepolitik mitmischen und erkleckliche Rendite erwirtschaften zu können.

Flossen in den ersten Jahren noch rund 55 Millionen Euro nach Dortmund, ist die Quelle inzwischen versiegt. Die fundamentalen Umwälzungen am Energiemarkt und die Stilllegung der Kohlekraftwerke trifft den Essener Kohleverstromer in seinem Kerngeschäft.

Folge: Während die Dortmunder Stadtwerke (DSW21) ihre 36 Prozent-Anteile halten wollen, befinden sich Duisburg (19 %), Bochum (18 %), Essen (15 %) sowie Oberhausen und Dinslaken (je 6 %) auf dem Absprung. Sie wollen so schnell wie möglich raus aus Steag, konnten sich aber trotz mehrerer Anläufe nicht auf einen Verkaufsprozess einigen. Es geht seit Langem hin und her.

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Die Beteiligungsgesellschaft (KSBG), in der die Stadtwerke ihre Anteile eingebracht haben und die Eigentümerin der Steag ist, steht schwer unter Druck. Sie muss die Kredite bei den Banken tilgen.

RAG-Stiftung prüft treuhändische Übernahme

In der Ratssitzung am Freitag (17.12) wollen CDU und Grüne in Dortmund die Reißleine ziehen – und per Antrag einen Beschluss zum endgültigen Ausstieg aus dem fünftgrößten Stromproduzenten herbeiführen. Ob der Antrag in dieser Form kommt, ist derzeit wieder offen. Grund: Auf Initiative von Michael Vassiliadis, Bundesvorsitzender der Industriegewerkschaft IGBCE, hat überraschend ein neuer, mächtiger Akteur die Bühne betreten. Der könnte für die Kommunen wertvolle Dienste leisten: Es geht um die RAG-Stiftung.

Die RAG-Stiftung prüft, die Anteile der Kommunen treuhändisch zu übernehmen und Steag „zu restrukturieren“, wie ein Sprecher des Stadtwerke-Konsortiums und die RAG-Stiftung auf Anfrage bestätigen. Es gehe darum, ob die RAG-Stiftung „aufgrund ihrer langen Beteiligungserfahrung eine unterstützende Rolle spielen kann“, hieß es verklausuliert. Das Stiftungs-Kuratorium, in dem unter anderem NRW-Ministerpräsident Laschet sitzt, ist ebenso im Bilde wie Vorstandsvorsitzender Bernd Tönjes.

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DSW21-Chef Guntram Pehlke wollte keine Stellung nehmen. Auch OB Thomas Westphal mochte angesichts der aktuellen Entwicklung und diverser Hintergrundgespräche nicht die Katze aus dem Sack lassen. Dabei diskutiert die Politik in Dortmund bereits seit Tagen. „Ich kenne die Überlegungen aber nur im Groben“, sagt CDU-Fraktionschef Jendrik Suck auf Anfrage. In den nächsten Tagen werde es dazu weitere Gespräche geben. Für eine abschließende Bewertung seien derzeit zu viele Fragen offen.

Aufsichtsratssitzung soll mehr Klarheit bringen

Und Suck fallen eine Menge Fragen ein: Wer bedient im Falle einer treuhändischen Verwaltung der Steag-Anteile die Verbindlichkeiten bei den Banken? Was geschieht am Ende des Prozesses? Wandern die Anteile einer neu aufgestellten Steag zurück an die Kommunen? Werden sie auf dem Markt angeboten? „Und was bedeutet das für die Finanzen von DSW21?“, fügt Suck hinzu. „Wir werden sehen, ob sich daraus eine nachhaltige Lösung entwickelt.“

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Ähnliche Fragen hat auch SPD-Fraktionschef Hendrik Berndsen. „Zahlen kenne ich nicht“, gab Berndsen auf Anfrage zu Protokoll. Es wäre wünschenswert, wenn sich aus dem jetzt angestoßenen Prüfprozess ein Weg für die Kommunen abzeichnen würde, so Berndsen. „Da muss endlich Ruhe reinkommen.“ Er gehe davon aus, dass es in der DSW21-Aufsichtsratssitzung am Freitag (11.12.) weitere Informationen geben werde.

Steag hat in Deutschland rund 3500 Mitarbeiter. Der Buchwert der DSW21-Anteile an Steag liegt zurzeit bei 107 Millionen Euro – mindestens einen Teil wird DSW21 abschreiben müssen.