Stadt rechnet mit mehr Flüchtlingen in Dortmund Wie viele Neuankömmlinge man erwartet - und wo sie wohnen sollen

Kommen wieder Flüchtlinge? „Es kann auf einmal ganz schnell gehen“
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In vielen, vor allem kleineren Städten ist die Not schon wieder groß. Sie suchen händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge, die Ihnen vom Land NRW zugewiesen werden. Dortmund ist dabei bislang außen vor, denn wie in vielen anderen Großstädten wurden hier in den vergangenen Jahren viele Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, aufgenommen. Und die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge wird auf die Quote angerechnet, die die Städte bei der Aufnahme erfüllen müssen.

Dortmund kommt so aktuell auf eine Aufnahmequote von 102 Prozent, berichtete Sozialdezernentin Birgit Zoerner am Dienstag (29.8.) nach der Sitzung des Verwaltungsvorstands. Damit hat die Stadt ihre Aufgabe zurzeit also übererfüllt. Doch das kann sich bald ändern. Denn das Land NRW hat angekündigt, kurzfristig 1500 Geflüchtete pro Woche an die Kommunen weiterzuleiten.

Menschen an einem Zug in einem Bahnsteig
In Dortmund sind seit Februar 2022 viele Flüchtlinge aus der Ukraine unter anderem per Zug angekommen. © Schaper (A)

Die Zuweisung funktioniert nach einem komplizierten Berechnungsverfahren, dem sogenannten „Königssteiner Schlüssel“. Danach hat das Land NRW 21,2 Prozent aller Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, aufzunehmen.

Erster Aufnahmeort ist dabei eine zentrale Landes-Aufnahmestelle in Bochum. Von dort kommen die betroffenen Menschen in der Regel in sogenannte „Zentrale Unterbringungseinrichtungen“ (ZU) des Landes, die über ganz NRW verteilt sind. Von dort wiederum werden die Flüchtlinge den Kommunen zugewiesen.

Quote noch übererfüllt

Bislang trifft das vor allem kleinere Städte auf dem Land, die ihre Aufnahme-Quote anders als etwa Dortmund noch nicht erfüllt haben. Dortmund hat durch die hohe Zahl an Ukraine-Flüchtlingen aktuell 183 Menschen mehr aufgenommen als nach der Quote vorgesehen sind, berichtete Birgit Zoerner.

Mit der wachsenden Zuweisung von Asylbewerbern dürfte das „Guthaben“ aber bald aufgebraucht sein. „Rein rechnerisch müssten wir in etwa vier Wochen wieder Flüchtlinge neu aufnehmen“, sagte die Sozialdezernentin. Sie rechnet dann mit 40 bis 45 Menschen pro Woche, die in Dortmund aufgenommen werden müssen. „Es kann auf einmal ganz schnell gehen“, sagte Birgit Zoerner mit Blick auf die wachsende Zahl an Flüchtlingen. In Dortmund wolle man auf jeden Fall vermeiden, Menschen wieder in Turnhallen oder anderen Notquartieren unterbringen zu müssen.

Bislang sieht man sich dafür gut gerüstet. Denn die drei Einrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen, die bereits nach der großen Welle an Geflüchteten 2015 eingerichtet worden waren und noch in Betrieb sind, sind aktuell nur zu 50 Prozent belegt, berichtete Birgit Zoerner.

Es gebe aktuell 358 freie Plätze und dazu noch 98 in Reserve in den Unterkünften an der Mergelteichstraße in Brünninghausen, am Grevendiecksfeld in Lütgendortmund und an der Nierstefeldstraße in Derne.

Flüchtlingsunterkünfte in Dortmund könnten kurzfristig reaktiviert werden

Dazu kommen weitere 900 Plätze in städtischen Unterkünften, die aktuell nicht mehr genutzt sind, aber kurzfristig reaktiviert werden können. Das sind Gebäude an der Niergartenstraße in Schüren, das ehemalige Seniorenheim Weiße Taube in Kirchhörde, die alte Hauptschule Derne, das städtische Gebäude an der Leuthardtstraße am Rande des Burgwalls, das Landhaus Syburg, eine Unterkunft an der Braunschweiger Straße in der Nordstadt und die frühere Hauptschule am Ostpark.

Es könnte aber noch ein Ort dazukommen. Denn das Land sucht dringend nach Standorten für weitere zentrale Unterkünfte (ZU) als Zwischenstation für Geflüchtete. Auch für Dortmund gibt es dabei Gespräche. „Wir haben dem Land schon vor einigen Monaten Möglichkeiten dazu hier in Dortmund aufgezeigt“, erklärte Birgit Zoerner. Man habe dazu bislang noch keine endgültige Rückmeldung des Landes. Einen möglichen Standort für eine ZU wolle man erst benennen, wenn die Gespräche zum Abschluss gekommen sind.

Sorgen, dass es wie in viel kleineren Städten erhebliche Widerstände aus der Bevölkerung geben könnte, macht sich die Dezernentin nicht. In den Jahren nach 2015 haben man gute Erfahrungen mit frühzeitiger Bürgerinformation und der Einrichtung von Runden Tischen gemacht, erklärt Birgit Zoerner.

Der Vorteil einer ZU für die Stadt wäre, dass die Zahl der Menschen, die dort untergebracht sind, auf die zu erfüllende Aufnahmequote angerechnet wird.

Streit mit Land um Kosten

Die Einrichtung einer weiteren ZU ist aber nicht das einzige Gesprächsthema mit dem Land. In den Kommunen stößt auf Kritik, dass die Kosten für das Vorhalten von Flüchtlingsunterkünften von den Städten in NRW anders als in anderen Bundesländern selbst getragen werden müssen. „Wir erleben im Moment wieder eine Kostenverschiebung vom Land auf die Kommunen“, beklagt Birgit Zoerner.

Eine andere Sorge betrifft die langfristige Unterbringung der Geflüchteten. Nach 2015 war es der Stadt relativ schnell gelungen, viele Menschen in eigenen Wohnungen unterzubringen. Dies könnte angesichts der steigenden Wohnungsknappheit in Dortmund nun schwieriger werden, fürchtet die Dezernentin.

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