Eine interessante Beobachtung, die ich immer wieder mache: Weihnachten ist wie eine Wand. Alles läuft wochenlang nur auf dieses Ereignis zu und man denkt, dahinter ist dann das Leben zu Ende. Aber das stimmt gar nicht. Es gibt ein Leben nach Weihnachten. Auch wenn man das vor Weihnachten nicht in Betracht zieht.
Manche Gäste verabschieden sich von mir mit den Worten: „Wir sehen uns ja nicht mehr.“ Doch, natürlich, nach Weihnachten.
Wenn wir angefragte Weihnachtsfeiern wegen unseres komplett vollen Terminplans nicht mehr annehmen können und sagen: Macht es doch im Januar, als Neujahrs-Fest oder Jahresauftakt, dann sagen die Leute immer: „Nee, das geht gar nicht.“
Warum schmeckt westfälische Küche so „lecka“ und wie führt man ein Traditions-Gasthaus? Darüber - und über manches mehr - schreibt Koch Günther Overkamp in seiner Kolumne „Overkamps Lecka-reien“. Hier finden Sie alle Folgen.
Ich bin ja sehr katholisch erzogen. Bei den allermeisten Menschen ist spätestens mit Ablauf des 26. Dezember Weihnachten vorbei. Aber für die katholische Kirche noch lange nicht. Die Weihnachtszeit dauert allermindestens bis Heilige drei Könige am 6. Januar, aber eigentlich sogar bis 2. Februar, Maria Lichtmess.
Und erst dann werden in ordentlichen Haushalten die Krippen verstaut und die Weihnachtsbäume entsorgt. Und darum kann man eigentlich Weihnachtsfeiern bis 2. Februar machen. Will aber keiner.
Feinstes Essen gehört dazu
In meiner Kindheit waren die weihnachtlichen Tage nicht nur von religiösen Riten geprägt, sondern auch von - im positiven Sinne - Völlerei und feinsten Lebensmitteln, wie Spargel aus der Dose und Lachsersatz. War damals die Krönung der Küche so wie heute Balik-Lachs aus der Schweiz und Gänseleber.
Ich bin ja auch jemand, der Orangeat und Zitronat und sowas gerne mag. Unlängst ist mir zum Beispiel überraschend ein Christstollen über den Weg gelaufen. Den hab ich tatsächlich halb aufgegessen. Wirklich eine ganze Hälfte! Von Spetsmann in Iserlohn übrigens.
Christstollen braucht Fett
Und Christstollen ist ja umso besser, je mehr Fett er enthält. Nach der Fress-Attacke wurde mir deshalb so wahnsinnig schlecht, dass mir am Abend beim BVB-Spiel keine Bratwurst mehr geschmeckt hat. Ist das nicht schlimm?
Mittlerweile hat sich das wieder normalisiert und ich hoffe auf neue plötzliche Christstollen-Wechsel auf meiner Pirsch.
Kartoffelsalat geht auch
Unsere Küche ist aktuell geprägt von überbordenden Düften von gebratenen Gänsen, geschmorten und gebratenen Rehkeulen und Hasenkeulen. Ich wünsche jedem Leser, dass der Weihnachtsschmaus zu Haus gelingen möge, was auch immer er sein wird, ob Bockwurst mit Kartoffelsalat oder Gänsebraten aus dem Rohr oder wie bei uns Reibekuchen mit Lachs.
Und wir dürfen auch an diesen Tagen ohne Reue einer gewissen Völlerei frönen - ohne schlechtes Gewissen. Vergessen dürfen wir natürlich nicht: Weihnachten ist das Fest der Liebe. Die gehört immer dazu. Beim Kochen, beim Feiern und beim Essen.
Was im Januar nicht mehr schmeckt, das hab ich letztes Jahr festgestellt, ist Christstollen. Also mir zumindest nicht mehr. Ich vermute, dass ich durch meine sehr katholische Erziehung Orangeat und Zitronat ganz eng verbinde mit vorweihnachtlichen Ritualen.
Weihnachten ist eine Tür
In der Blindverkostung schmecken ja Schoko-Weihnachtsmänner und -Osterhasen gleich. Aber wenn man sieht, was man isst, dann schmeckt zu Weihnachten kein Osterhase und kein Weihnachtsmann zu Ostern.
Und das ist genau das, was ich sowieso immer predige: Dass man die Dinge saisonal essen sollte – alles zu seiner Zeit. Und es kommt immer wieder eine neue Zeit. Darum ist Weihnachten auch keine Wand, sondern eine Tür. In diesem Sinne: Bis denne!
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