Knöllchen-Ärger, obwohl er so stand wie seit 28 Jahren „Hier parken alle so - das geht nicht anders“

Knöllchen-Ärger in der Nordstadt: „Hier parken alle so“
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Mehrere Jahrzehnte wohnt er schon hier. „Seit 28 1/2 Jahren“, wie Reinhard Artmann ergänzt. Hier am südwestlichen Zipfel der Dortmunder Nordstadt - unweit der Treibstraße, die zum Hauptbahnhof führt, ein paar Meter entfernt vom Sunderweg, der Richtung Hafen führt.

„Hier parken alle so - das geht ja gar nicht anders“, unterstreicht Artmann. Der 74-jährige Pensionär, der früher an der Geschwister-Scholl-Gesamtschule Physik und Chemie unterrichtete, weiß: Nur wenn die ganze Reihe diagonal zur Straße parkt, ist überhaupt genügend Platz für alle Autos. Dennoch: Genau dafür bekam er ein 55-Euro-Knöllchen.

Baustelle nicht am Wochenende

Artmann unterstreicht: Natürlich müsse man genügend Platz für Fußgänger lassen, auch für eine Kinderwagen-Breite. Da hinten zum Beispiel - er deutet auf ein Haus an der Blumenstraße, vor dem mehrere Mülltonnen stehen - wäre es ihm zu eng. Da würde er nicht anhalten, sondern nach einem anderen Parkplatz suchen.

Ende Juli gab es eine Baustelle an der Blumenstraße, die parallel zur Treibstraße verläuft. Halteverbotsschilder hätten dort gestanden, erinnert sich der Pensionär. Aber eben: nur für die Zeit von Montag bis Freitag, zu üblichen Arbeitszeiten. Artmann parkte dort an einem Samstag.

„Warum gerade wir?“

Umso größer war seine Verwunderung, als ein Knöllchen ins Haus kam. Weil er auf dem Bürgersteig geparkt habe, solle er 55 Euro zahlen. Er legte zwar Widerspruch ein, erhielt aber unlängst ein weiteres Schreiben. Die Dortmunder Polizei teilte ihm mit: Nein, Widerspruch abgelehnt, Artmann möge bitte zahlen.

In all den Jahren habe sich „nichts geändert, da hat sich nie was getan, nur jetzt schlägt man bei mir zu“, ärgert sich Artmann. „Wir haben in der Nähe geguckt, da hatte sonst keiner ein Strafmandat. Warum gerade wir?“

Weder an diesem Beginn der Blumenstraße noch an anderen Enden der Straße in der Nordstadt in Dortmund hängen Park-Hinweisschilder.
Weder an diesem Beginn der Blumenstraße noch an anderen Enden hängen Park-Hinweisschilder. © Althoff

Bürgersteig-Parken erlaubt?

Die Krux bei der Blumenstraße wie in vielen anderen Bereichen Dortmunds: Es gibt keine spezielle Beschilderung. Auf einer Straßenseite befindet sich parallel zum Bürgersteig eine lange durchgehende weiße Linie. Zudem sind die Bürgersteige zweigeteilt - an den Häusern gibt es größere Steine, neben dem Rand der Fahrbahn dann eine kleinteilige Pflasterung.

Das suggeriert tatsächlich: Auf der einen Seite darf man halb auf dem Bürgersteig parken, auf der andere müsste ein diagonales Abstellen der Autos erlaubt sein. Die Staßenverkehrsordnung allerdings regelt: Wo kein Schild erlaubt, dass man auf dem Bürgersteig parken darf, da darf man es auch nicht.

Platz für Müllabfuhr

Die Stadt Dortmund teilt allgemeingültig mit: „Beispielsweise darf in Bereichen ohne Beschilderung oder anderen Verboten (Bodenmarkierungen) grundsätzlich am rechten Fahrbandrand geparkt werden.“ Das allerdings nicht immer.

Das sei „nur zulässig, wenn noch eine Fahrbahnrestbreite von mindestens 3,05 Meter verbleibt.“ So viel Platz brauchen beispielsweise Müllabfuhr und Feuerwehr. Deshalb ist diese Breite in der gängigen Rechtsprechung verankert - ebenso wie die 1,05 Meter, die auf dem Bürgersteig frei bleiben müssen.

Der Grund war eine Beschwerde

An solchen „engen Stellen“ sei man sogar befugt abzuschleppen, verdeutlicht das städtische Ordnungsamt. So etwas indes war bei Reinhard Artmanns Auto nicht notwendig. Er habe ja genügend Platz gelassen, extra nur am Wochenende dort geparkt. Er habe ja Rücksicht genommen.

Bei ihm bleibe das Gefühl: „Da wird einfach jemand rausgepfiffen.“ Und so etwas sorge leider dafür, dass das Vertrauen der Bürger in öffentliche Stellen abnehme. Zumal: Wenn die Knöllchen eben nicht flächendeckend verteilt würden, wie es zuletzt beispielsweise in anderen Teilen der Nordstadt, im Kaiser- oder Kreuzviertel passierte - sondern offenbar nur an einzelne.

Der Grund dafür übrigens häufig: eine Beschwerde bei Polizei oder Ordnungsamt. So sei es auch hier gewesen, erläutert die Stadt: „Aufgrund einer eingegangenen Beschwerde wurde die Blumenstraße kurzzeitig kontrolliert.“

Artmann sagt: Er zahle natürlich, habe den Überweisungsträger schon ausgefüllt, „bevor man noch ein Verfahren gegen mich einleitet oder Mahnkosten kommen. Aber ich finde einfach: So etwas muss mal thematisiert werden“.

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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. August 2023.

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