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Kita in Dortmund nach Corona-Ausbruch geschlossen – Wie sicher sind Selbsttests?
Mindestens neun Fälle
Neun Fälle in anderthalb Wochen – nach einem Corona-Ausbruch hat die Stadt Dortmund eine Kita geschlossen. Die Leiterin vermutet mehr Fälle und zweifelt an, dass Selbsttests reichen.
Erst tat sich tagelang nichts, dann ging alles ganz schnell. Eine Kita in der südlichen Dortmunder Innenstadt ist seit Donnerstagnachmittag dicht. Nachdem die Leiterin dem Gesundheitsamt mitteilte: Nein, man habe nicht nur einen Corona-Fall, sondern mittlerweile neun.
Sieben Kinder und zwei Mitarbeiter hätten mittlerweile positive PCR-Tests, erklärt Ira Kersebaum, die Leiterin der evangelischen Kita St. Nicolai im Kreuzviertel. „Wir haben die ganze Zeit über nichts gehabt“, sagt sie. Keinen einzigen Fall seit Beginn der Pandemie. Aber jetzt das.
Eltern müssen mit Kindern Selbsttests machen
Vom ersten Corona-Fall bei einem Kind berichtete sie den Eltern am Montag vergangener Woche (15.11.). Das Prozedere, das dann einsetzt für alle Kitas, in denen es noch keine Lollitests (PCR) gibt wie in den Grundschulen: Eltern müssen dreimal pro Woche mit Unterschrift bescheinigen, dass ihr Kind bei einem Selbsttest negativ ist. Ansonsten darf es die Kita nicht betreten.
Aber dass diese Selbsttests zuverlässig sind, glaubt Kersebaum gerade nicht. Denn: Mehrere Kinder, die schlapp und erkältet gewesen seien, hätten zwar negative Selbsttests gehabt, dann aber positive PCR-Tests. Mit dieser Vermutung wollte sie es genauer wissen.

Ira Kersebaum leitet die Kita St. Nicolai im Dortmunder Kreuzviertel. © Björn Althoff
Sie bat mehrere Eltern der corona-positiven Kinder, doch noch einmal einen Selbsttest zu machen. Das Ergebnis: negativ, angeblich kein Corona. „In allen Fällen haben die Speicheltests nichts angezeigt“, unterstreicht Kersebaum. Anders als die Nasentests, die die positiven Mitarbeiter gemacht hätten.
„Hat noch nie so viele Fälle in einer Einrichtung gegeben.“
Die Probleme dadurch: Ohne positiven Selbsttest bekommt man beim Haus- oder Kinderarzt kaum einen PCR-Test. Und die Corona-Infektionen oder Symptome, die bei jüngeren Kindern häufiger vorkommen, erwischt man so erst recht nicht. Mädchen, Jungen, Mitarbeiter – alle kommen also weiterhin. In vielen Fällen – so auch in St. Nicolai – in offene Konzepte: Alle Räume sind offen, alle spielen mit allen.
„Es hat noch nie so viele Fälle in einer Einrichtung gegeben“, unterstreicht Jochen Schade-Homann, Pfarrer und Chef der evangelischen Kitas in Dortmund, Lünen und Selm: „So explodierend ist es anderswo nicht.“ Am vergangenen Wochenende tauchten die Fälle zwei und drei in der Kita auf.
Bis Donnerstag waren es neun. Und Kersebaum sagt: Sie schätze, es seien 20 – nur halt noch viele unentdeckte dabei. Doch was sollte sie tun, außer sich zu freuen, dass sie die Infos von den Eltern und Mitarbeitern bekommen habe?
Infos vom Gesundheitsamt gab es noch nicht
„Ich bin wirklich verzweifelt“, sagte sie noch am Donnerstagmorgen: „Ich will die Mitarbeiter schützen, ich will die Kinder schützen.“ Doch Kommunikation mit der Stadt Dortmund, mit dem Gesundheitsamt? Man habe nichts gehört. „Morgen kommt vielleicht das erste Kind wieder aus der Quarantäne, und wir wissen davon nur von den Eltern.“
„Wir bitten um Unterstützung, doch es kommt nichts“, ärgert sich auch Schade-Homann: „Bei allem Verständnis für die Situation des Gesundheitsamtes, aber ich muss doch entscheiden: Schließe ich eine Kita oder nicht?“ Auch andere Kindergärten würden nicht über Corona-Fälle informiert. „Und unser Personal steckt sich an.“

Jochen Schade-Homann ist Chef der evangelischen Kitas in Dortmund. © Schaper
Wende am Donnerstagnachmittag: „Fast vom Stuhl gefallen.“
Was die Kita im Kreuzviertel angehe, „ist es schon ein bisschen unheimlich“, so Schade-Homann am Donnerstagmittag. Viele Eltern sahen das ähnlich. Nur noch 24 von fast 100 Kindern kamen am Donnerstag. Einige PCR-Tests seien noch in der Auswertung, sagt Kersebaum. Das habe sie von Eltern gehört.
Die Wende dann am Donnerstagnachmittag: Endlich habe eine Mitarbeiterin aus dem Gesundheitsamt angerufen, so Kersebaum – und die sei „fast vom Stuhl gefallen“. Weil sie gesagt habe: Nein, nicht ein Fall, wie es in ihrem Computer steht. Es sind schon neun.
Die Folge, sofort angeordnet von Amtswegen: Kita dicht, bis einschließlich Dienstag. Direkt am Freitag sollen alle Mädchen und Jungen kommen, um einen PCR-Test zu machen. Wie die Stadt den Fall einschätzt und wie viele Corona-Fälle es derzeit in Schulen und Kitas gibt – dazu gab es bis zum Redaktionsschluss (25.11, 18 Uhr) keine Antwort.
Jahrgang 1977 - wie Punkrock. Gebürtiger Sauerländer. Geborener Dortmunder. Unterm Strich also Westfale.
